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Medizin

Hyperpolarisation: Quantentechnologie für die Krebs-Bildgebung

Hyperpolarisation: Quantentechnologie für die Krebs-Bildgebung
© zlikovec - stock.adobe.com
Den Stoffwechsel von Tumorzellen per Magnetresonanztomographie (MRT) nachzuverfolgen ist bisher nicht in der klinischen Routine möglich. Ein interdisziplinäres Forschungsteam mit Beteiligung der Technischen Universität München (TUM) arbeitet nun daran, einen quantenbasierten Hyperpolarisator weiterzuentwickeln und bis in die klinische Anwendung zu bringen. Ziel ist es, damit die MRT-Bildgebung von Stoffwechselprozessen deutlich zu verbessern, um beispielsweise Tumore früher und genauer beurteilen sowie die Auswahl und Überwachung von Tumortherapien verbessern zu können.
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Wie lässt sich die Quantenmechanik medizinisch nutzen?

Quantenmechanik erklärt physikalische Phänomene im allerkleinsten Bereich, auf Ebene der Moleküle, Atome, Atomkerne und noch kleinerer Einheiten. Nicht erst seit Verleihung des diesjährigen Physiknobelpreises an 3 Wissenschaftler in diesem Forschungsgebiet ist das Bestreben groß, verschiedene Bereiche unseres Lebens durch Quantentechnologien zu revolutionieren, sei es durch Quantencomputer oder Quantensensorik.

Metabolische Bildgebung macht Stoffwechselvorgänge sichtbar

Um Krebszellen besonders früh zu entdecken, genauer zu beurteilen und die Wirksamkeit von Behandlungen schneller zu evaluieren, kann es helfen, Stoffwechselprozesse in kranken und gesunden Zellen sichtbar zu machen. Dies nennt man metabolische Bildgebung. Es werden dafür diagnostisch relevante Moleküle in den Körper injiziert und ihre Verstoffwechselung nachverfolgt.

Metabolische Bildgebung mit MRT: Technologien zur Signalverstärkung zu teuer

Möglich ist dies zum Beispiel mit Positronen-Emissions-Tomografie (PET), jedoch nutzt diese Methode radioaktive Substanzen und kann nicht zwischen Ausgangs- und Endprodukt in Stoffwechselprozessen unterscheiden. Im Gegensatz dazu ermöglicht die Magnetresonanztomographie (MRT) metabolische Bildgebung unterschiedlicher Stoffwechselprodukte ohne radioaktive Substanzen - allerdings nur, wenn das MRT-Signal der injizierten Moleküle deutlich verstärkt und somit detektierbar wird. Obwohl erste Patient:innenstudien ein vielversprechendes Potential metabolischer Bildgebung mit MRT zeigen, konnten die bislang zur Signalverstärkung verwendeten Technologien aufgrund hoher Kosten, mangelnder Robustheit und großem Zeitaufwand bisher nicht routinemäßig klinisch eingesetzt werden.

Geringe Magnetisierung bei der herkömmlichen MRT trotz hoher Magnetfeldstärken

Die Technik üblicher MRT-Geräte basiert bereits auf quantenmechanischen Eigenschaften von Atomkernen: Sie nutzt Merkmale der sogenannten Kernspins, auch Drehimpulse genannt. Jeder Kernspin erzeugt ein magnetisches Moment ähnlich dem eines Dipolmagneten einer Kompassnadel. Von der Ausrichtung der Kernspins hängt ab, wie stark das gesamte magnetische Moment der Atomkerne ist. Dies legt wiederum fest, wie stark ihr Signal ist, das für die Bildgebung im Magnetresonanztomographen genutzt werden kann. Bei einer zufälligen Richtungsverteilung der magnetischen Momente heben sich diese gegenseitig auf und es kann kein Signal im MRT gemessen werden. Das stärkste Signal wird erreicht, wenn die magnetischen Momente der Kernspins in die gleiche Richtung zeigen, die effektive Magnetisierung ist dann maximal. Um dies zu erreichen, werden in der MRT sehr starke Magnetfelder eingesetzt. Jedoch sind die magnetischen Momente der Kernspins trotz dieser hohen Magnetfeldstärken fast zufällig verteilt und weisen nur eine geringe effektive Magnetisierung auf.
 
 

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Quanten-Hyperpolarisation beim MRT: bis zu 100.000-fache Signalverstärkung

Das interdisziplinäre Forschungsteam im Projekt „Revolutionierung der Krebsbildgebung durch Quantentechnologien “ (QuE-MRT) entwickelt nun eine neue Lösung: einen sogenannten Quanten-Hyperpolarisator. Dieser nutzt quantenphysikalische Gesetze und ermöglicht es nun die effektive Magnetisierung der Kernspins zusätzlich um einen Faktor von 10.000 bis 100.000 zu verbessern und damit die Sensitivität der MRT deutlich zu erhöhen.

Hyperpolarisation durch Parawasserstoff zur MRT-Signalverstärkung

Allerdings ist es in der Praxis schwierig, die Atomkerne der gewünschten Stoffwechsel-Moleküle in einen hyperpolarisierten Zustand zu bringen. Die Forschenden verwenden daher einen Zwischenschritt: Sie gehen von einem besonderen magnetischen Zustand des Wasserstoffs aus, dem sogenannten Parawasserstoff. Dieser kann mit bekannten Methoden bei tiefen Temperaturen mit flüssigem Stickstoff erzeugt und in Gasflaschen gelagert werden. Die Eigenschaften des Parawasserstoffs beruhen wiederum auf den Gesetzen der Quantenmechanik. Während Parawasserstoff selbst magnetisch abgeschirmt und mit Magnetresonanzmethoden nicht messbar ist, kann seine Spin-Ordnung genutzt werden, um andere Atomkerne zu hyperpolarisieren und diese im MRT besser sichtbar machen.

Hyperpolarisation diagnostisch relevanter Stoffwechsel-Moleküle wie Pyruvat

Die Forschenden hyperpolarisieren damit Moleküle, die zum Untersuchen der Stoffwechselprozesse wichtig sind. Besonders geeignet für diagnostische Zwecke ist beispielsweise Pyruvat, ein Stoffwechselprodukt, das von Tumoren verstärkt zu Lactat verarbeitet wird. Im Hyperpolarisator docken die Forschenden Parawasserstoff an Pyruvat an und nutzen seine Spin-Ordnung, um in einem Magnetfeld mit Hilfe von Radiowellen ein Kohlenstoffatom des Pyruvats zu hyperpolarisieren. So ist das Signal von Pyruvat im MRT verstärkt und der entsprechende Stoffwechselvorgang kann zeitlich aufgelöst sichtbar gemacht werden.

Hyperpolarisation zum nicht-invasiven Einsatz bei der Diagnostik von Krebserkrankungen

Projektpartner haben bereits funktionsfähige Prototypen des Hyperpolarisators entwickelt. Im Projekt QuE-MRT arbeiten nun Forschende, Ärzt:innen, Industriepartner und Entwickler:innen aus Medizin, Physik, Chemie und dem Ingenieurwesen eng zusammen, um diese so weit zu optimieren, dass der Hyperpolarisator großflächig klinisch zum Einsatz kommen kann. Zudem plant das Projektteam, die damit mögliche nicht-invasive und nicht-radioaktive Technologie in ersten klinischen Studien für die Diagnostik von Krebserkrankungen zu validieren.

Quelle: Technische Universität München (ZUM)


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