Non-Hodgkin-Lymphom (NHL)
Susanne Morisch M.Sc.Das Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) zählt zu den häufigsten malignen Erkrankungen des lymphatischen Systems. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Subtypen es gibt, wie sich die Erkrankung entwickelt, welche Faktoren die Prognose beeinflussen und welche modernen Behandlungsansätze derzeit empfohlen werden.
Was ist ein Non-Hodgkin-Lymphom?
Das NHL ist eine bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems. Es gehört zu den malignen Lymphomen. Das Lymphsystem ist Teil des körpereigenen Immunsystems zur Keimbekämpfung. Beim NHL wachsen Lymphozyten unkontrolliert und können Tumoren im gesamten Körper bilden [1].
Das Non-Hodgkin-Lymphom wird in zwei Hauptgruppen unterteilt [1]:
Indolente Formen: Sie verlaufen meist langsam (niedrig maligne), schreiten oft über Jahre fort und werden häufig erst spät symptomatisch.
Aggressive Formen: Sie wachsen schnell (hoch maligne), breiten sich rasch aus, sprechen aber oft gut auf eine Therapie an.
NHL ist ein Sammelbegriff für viele verschiedene Untertypen. Zu den häufigsten zählen [1]:
Follikuläres Lymphom
Mantelzell-Lymphom
Burkitt-Lymphom
Marginalzonen-Lymphom
T-Zell-Lymphome
Wie entsteht ein Non-Hodgkin-Lymphom?
Warum ein NHL entsteht, ist noch nicht vollständig geklärt. Als Risikofaktoren gelten bestimmte angeborene genetische Varianten, eine Immunschwäche (z. B. nach Organtransplantation) oder chronische Autoimmunerkrankungen wie das Sjögren-Syndrom. Auch chronische Infektionen können das Risiko erhöhen: Eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) steht zum Beispiel in Verbindung mit dem Burkitt-Lymphom, während HIV-Infektionen das Risiko für aggressive NHL-Formen wie das Primäre ZNS-Lymphom erhöhen können [1].
Für Risikofaktoren wie Adipositas oder langjähriges Rauchen gibt es dagegen bislang keine eindeutige Bestätigung [1].
In welche Stadien wird das Non-Hodgkin-Lymphom eingeteilt?
Hodgkin-Lymphome und Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) werden standardmäßig mittels der Ann-Arbor-Klassifikation in vier Stadien eingeteilt. Diese Stadieneinteilung liefert prognostische Hinweise auf Remissionsdauer und Gesamtüberleben [1].
Ann-Arbor-Klassifikation
Stadium I: Befall einer einzelnen Lymphknotenregion oder eines einzelnen extralymphatischen Herdes.
Stadium II: Zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf derselben Seite des Zwerchfells betroffen oder lokaler Befall eines einzelnen extralymphatischen Organs plus Lymphknotenbefall auf derselben Seite des Zwerchfells.
Stadium III: Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells befallen; gleichzeitig kann auch die Milz und/oder ein weiteres extralymphatisches Organ betroffen sein.
Stadium IV: Disseminierter (über den ganzen Körper verteilter) Befall von einem oder mehreren extralymphatischen Organen mit oder ohne Lymphknotenbefall.
Erweiterung: A/B/E/S
Die Stadien werden häufig mit Buchstaben ergänzt:
A/B: Zeigt an, ob B-Symptome wie Fieber, Nachtschweiß oder ungewollter Gewichtsverlust (> 10 % in 6 Monaten) vorliegen.
E: Extranodaler Befall (einzelner extralymphatischer Herd).
S: Milzbeteiligung.
Welche Symptome können beim Non-Hodgkin-Lymphom auftreten?
Durch den Eingriff in das lymphatische System kann ein NHL viele verschiedene Anzeichen und Symptome hervorrufen – je nachdem, um welche Art von Lymphom es sich handelt und wo es im Körper wächst. Manchmal verursacht es keine Symptome, bis es sehr groß wird. Bis zu 40 % der NHL manifestieren sich primär extranodal, zum Beispiel im Magen-Darm-Trakt, in der Haut oder im zentralen Nervensystem [1].
Einige häufige Anzeichen und Symptome sind [1]:
Vergrößerte, meist schmerzlose Lymphknoten
Schüttelfrost
Ungewollter Gewichtsverlust
Müdigkeit
Geschwollenes Abdomen
Beschwerden im Magen-Darm-Trakt
Sättigungsgefühl nach nur einer kleinen Menge Nahrung
Schmerzen oder Druck in der Brust
Kurzatmigkeit oder Husten
Schwere oder häufige Infektionen
Leichte Blutergüsse oder Blutungen
B-Symptomatik beim NHL
Einige Patientinnen und Patienten weisen eine sogenannte B-Symptomatik auf. Diese klassischen Symptome sind [1]:
Fieber (über mehrere Tage oder Wochen, ohne Infektion)
Starke nächtliche Schweißausbrüche
Ungewollter Gewichtsverlust (≥ 10 % des Körpergewichts innerhalb von 6 Monaten)
Lokalisationstypische Beschwerden [1]
Geschwollene Lymphknoten: Diese treten häufig an Hals, Achseln, Leiste oder über dem Schlüsselbein auf. Sie sind meist schmerzlos. Reaktive Knoten bei Infektionen hingegen sind oft schmerzhaft.
Lymphome im Bauchraum: Können Schwellungen, Schmerzen, Völlegefühl oder Übelkeit verursachen. Vergrößerte Organe wie Milz oder Leber können Druck auf Magen und Darm ausüben.
Lymphome in der Brust: Können die Luftröhre einengen und Husten, Atemnot oder Druckgefühl in der Brust auslösen. Ein Befall der Vena cava superior (SVC-Syndrom) kann zu Schwellungen im Kopf- und Halsbereich, Atemnot oder Bewusstseinsveränderungen führen – eine Notfallsituation.
Hirnlymphome: Können Kopfschmerzen, Denkstörungen, Persönlichkeitsveränderungen, Lähmungen oder Krampfanfälle auslösen. Bei Ausbreitung ins Rückenmark können Doppeltsehen oder Gesichtstaubheit auftreten.
Hautlymphome: Zum Beispiel die Mycosis fungoides als klassisches kutanes T-Zell-Lymphom, zeigt sich als juckende, rote oder violette Knoten oder Beulen unter der Haut.
Wie erfolgt die Behandlung des Non-Hodgkin-Lymphoms?
Das NHL wird in der Regel mit einer Kombination aus Chemotherapie, Strahlentherapie oder Immuntherapie behandelt – je nach Subtyp, Stadium und Gesundheitszustand der Patient:innen. Manche Menschen mit einem sehr indolenten Verlauf benötigen jedoch nicht sofort eine Behandlung [1].
Watch-and-Wait
Handelt es sich um eine niedriggradige, langsam wachsende Form (indolentes NHL) und bestehen keine belastenden Symptome, kann ein abwartendes Vorgehen („Watch-and-Wait“) sinnvoll sein. Betroffene werden dann regelmäßig überwacht, z. B. mit PET-CTs, um ein Fortschreiten frühzeitig zu erkennen.
Chemotherapie
Die Chemotherapie ist eine zentrale Therapieoption. Für aggressive B-Zell-NHL ist das R-CHOP-Schema weltweit etabliert. Es kombiniert:
Rituximab (monoklonaler Antikörper gegen CD20)
Cyclophosphamid
Doxorubicin
Vincristin
Prednison
Je nach Verlauf kann eine Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation erwogen werden, insbesondere bei rezidivierten Erkrankungen.
Strahlentherapie
Die Strahlentherapie kommt vor allem bei lokalisierten Frühstadien zum Einsatz. Sie erfolgt meist ambulant in kurzen Sitzungen über mehrere Wochen. Je nach Bestrahlungsfeld können Nebenwirkungen auftreten.
Immuntherapie & monoklonale Antikörper
Bei vielen NHL-Formen werden monoklonale Antikörper, vor allem Rituximab, eingesetzt – entweder allein oder kombiniert mit Chemotherapie. Rituximab bindet gezielt an die CD20-Oberfläche von B-Zellen und markiert sie für die Zerstörung durch das Immunsystem. Eine erweiterte Erhaltungstherapie mit Rituximab kann helfen, Rückfälle zu verhindern.
Eine CAR-T-Zell-Therapie kann bei bestimmten Patient:innen mit rezidiviertem oder refraktärem DLBCL angewendet werden, wenn zwei vorangegangene Behandlungen nicht erfolgreich waren.
Steroide
Steroidmedikamente wie Prednison sind fester Bestandteil vieler Chemotherapieregime (z. B. im R-CHOP). Sie verstärken die Wirkung der Zytostatika und helfen, Entzündungsreaktionen zu kontrollieren.
Was passiert nach der Behandlung?
Nach Abschluss der Therapie wird der Behandlungserfolg durch Bildgebung überprüft. Eine langfristige Nachsorge ist wichtig, um ein Rezidiv frühzeitig zu erkennen und Spätfolgen (z. B. Zweitneoplasien oder kardiovaskuläre Risiken durch Anthrazykline) zu überwachen. Die Intervalle zwischen den Nachsorgeterminen verlängern sich in der Regel mit zunehmender Krankheitsfreiheit.
Wie hoch ist die Lebenserwartung bei einem Non-Hodgkin-Lymphom?
Die 5-Jahres-Überlebensraten für ein NHL hängen stark davon ab, wie weit sich die Erkrankung bei der Diagnose bereits ausgebreitet hat:
Lokalisiert (Krebs ist auf einen Lymphknotenbereich, ein lymphatisches Organ oder ein Organ außerhalb des Lymphsystems begrenzt): ca. 73%
Regional (Krebs reicht von einem Lymphknotenbereich bis zu einem nahe gelegenen Organ oder betrifft mehrere Lymphknotenbereiche auf derselben Seite des Zwerchfells): ca. 72%
Entfernt (Krebs hat sich auf entfernte Körperteile wie Lunge, Leber oder Knochenmark ausgebreitet oder befällt Lymphknoten ober- und unterhalb des Zwerchfells): ca. 55%
Die Prognose wird außerdem durch Alter, allgemeinen Gesundheitszustand, den Subtyp (indolent oder aggressiv) sowie Risikofaktoren wie den International Prognostic Index (IPI) beeinflusst.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Non-Hodgkin-Lymphom
Rund um das Thema Non-Hodgkin-Lymphom stellen sich für Betroffene und Angehörige oft viele Fragen: zur Diagnose, zu Behandlungsmöglichkeiten, zu Nebenwirkungen oder zum Alltag mit der Erkrankung. In dieser Patienten-FAQ finden Sie die häufigsten Fragen – und aktuelle, medizinisch fundierte Antworten, verständlich und klar erklärt.
Literatur:
- (1)
Sapkota & Shaikh. Non-Hodgkin-Lymphoma [Updated February 2023]. In: StatPearls [Internet]. Abrufbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK559328/ (zuletzt aufgerufen am: 14.07.25)