Chemoproteomik zur Identifizierung von Zielproteinen des Anti-Tumor-Wirkstoffs Rhenium-Tricarbonyl (TRIP)
Bei der Entwicklung von
Anti-Tumor-Medikamenten ist die Identifizierung von Zielproteinen als Ansatzpunkt für den Wirkstoff in den Krebszellen wichtig. So können potentielle Polypharmakologien – die Wirkung auf mehrere Proteine – aufgedeckt und mögliche Nebenwirkungen gering gehalten werden. Eine neue Methode zu einer solchen Identifizierung ist die Chemoproteomik. Dies ist eine Schlüsseltechnologie zur Charakterisierung der Wirkungsweise von Arzneimitteln, mit der sich feststellen lässt, auf welche zellulären Proteine das Medikament wirkt. Um einen aussichtsreichen Zielprotein-Kandidaten in
Eierstockkrebszellen zu identifizieren, entwarf ein internationales Forschungsteam um Dr. Neuditschko, seit kurzem Wissenschafter am IMC Krems, ein auf Chemoproteomik basierendes Studiendesign. Damit konnte die Frage geklärt werden, welche Proteine mit dem erst kürzlich neu entdeckten Anti-Tumor-Wirkstoff Rhenium-Tricarbonyl (TRIP) interagieren und wie sich TRIP auf die Zusammensetzung des Proteoms – die Gesamtheit aller Zellproteine – auswirkt.
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Erschienen am 04.02.2022 • Wie ein neuer Test bei der Früherkennung von Eierstock-, Brust- und Gebärmutterhalskrebs helfen kann, erfahren Sie hier!
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Kombiniertes Studiendesign identifiziert 89 Zielproteine für TRIP
„Für unsere Studie haben wir uns einen neuen und kombinierten Forschungsansatz überlegt, indem wir einerseits chemoproteomische Untersuchungen an Krebszell-Lysaten mit unterschiedlichen TRIP-Dosierungen durchgeführt und uns andererseits auch die Auswirkungen der TRIP-Behandlung auf die lebenden Eierstockkrebszellen angeschaut haben“, erklärt Benjamin Neuditschko. „Auf diese Art konnten wir insgesamt 89 Zielproteine dosisabhängig identifizieren und auch herausfinden, auf welches dieser Proteine TRIP möglichst effizient wirkt.“
Gerüstprotein NUBP2 als vielversprechendes Ziel für TRIP
Die komplexe Analyse der 89 möglichen Zielproteine für TRIP grenzte die Auswahl auf 2 Proteine ein. Von diesen erwies sich letztlich das Gerüstprotein NUBP2 als am aussichtsreichsten, weil es bereits bei sehr geringen und nicht zytotoxischen TRIP-Dosen mit dem Wirkstoff interagiert. NUBP2 ist in den Krebszellen an für deren Überleben wichtigen Stoffwechselprozessen beteiligt: Wird dieses Protein durch TRIP kompetitiv gehemmt, führt dies in letzter Konsequenz zur Apoptose der Tumorzellen. „Genauer gesagt“, führt Dr. Neuditschko aus, „ist NUBP2 ein Biogenesefaktor, der für die Produktion von Proteinen mit Eisen-Schwefel-Clustern, die als Co-Faktoren in vielen essentiellen zellulären Stoffwechselprozessen eine Rolle spielen, unerlässlich ist. Die
Behandlung der Eierstockkrebszellen mit nanomolaren Konzentrationen von TRIP führt zu einer drastischen Reduktion der Fe-S-Proteine, wodurch überlebenswichtige Vorgänge wie die Zellatmung nicht mehr stattfinden können und die Tumorzellen absterben.“ Die aus dieser präklinischen Studie gewonnen Erkenntnisse sind insofern für weiterführende Forschungsarbeiten interessant, als TRIP via Hemmung von NUBP2 die Biogenese von Fe-S-Clustern in den Tumorzellen bereits in sehr geringen und daher nicht generell zytotoxischen Dosen stört – ein wichtiger Faktor auf der Suche nach möglichst spezifischen und nebenwirkungsfreien Krebsmedikamenten.