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Medizin

Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung und die Folgen

Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung und die Folgen
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Maßgeblich getriggert durch Risikofaktoren wie Übergewicht, metabolisches Syndrom und Typ-2-Diabetes stellen die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) und ihre potenziell lebensbedrohlichen Folgeerkrankungen nicht nur hepatologisch tätige Ärzt:innen vor immer größere Herausforderungen. Eine der zentralen medizinischen Herausforderungen besteht darin, eine Krankheitsprogression hin zu Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom zu verhindern oder zumindest frühzeitig zu erkennen, wie bei einem von der Falk Foundation e.V. veranstalteten Symposium im Rahmen der 39. Jahrestagung der „German Association for the Study of the liver“ (GASL) in Bochum deutlich wurde.
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25-30% der Erwachsenen in westlichen Ländern von einer NAFLD betroffen

Nach heutigem Verständnis gilt die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) als die hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms – dem überlappenden Auftreten von Erkrankungen wie Adipositas, Bluthochdruck, Störung des Blutzuckerstoffwechsels oder eben auch der Fettleber. In Ländern der westlichen Welt sind nach PD Dr. Jan Best, Bochum, etwa 25-30% der erwachsenen Bevölkerung von einer NAFLD betroffen. Die Diagnose kann dann gestellt werden, wenn sich mittels Biopsie oder geeigneter Bildgebung ein Leberfettanteil (Steatose) von mindestens 5% in Abwesenheit anderer Leberpathologien (z.B. hoher Alkoholkonsum) nachweisen lässt.

Leberzellkarzinom kann auch ohne vorherige Leberzirrhose auftreten

Mit dem Fortschreiten der Erkrankung kommt es bei etwa jedem 4. der NAFLD-Patient:innen zu einer nicht-alkoholischen Leberentzündung (NASH), die schließlich eine Leberzirrhose oder ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) nach sich ziehen kann. Die Entwicklung einer Leberzirrhose ist nach den Worten des Bochumer Gastroenterologen dabei kein obligater Zwischenschritt der im Einzelnen noch nicht zureichend verstandenen HCC-Karzinogenese. Im Fokus des wissenschaftlichen Interesses stehen in den letzten Jahren diesbezüglich vor allem diverse Genpolymorphismen (z.B. PNPLA3 rs738409 Polymorphismus) oder auch der Einfluss der gastrointestinalen Mikrobiota.

NAFLD-HCC: Rasanter Anstieg in den letzten Jahren

Unstrittig ist hingegen dies: Ob in den USA, dem Vereinigten Königreich oder in Deutschland – überall beobachtet man einen deutlichen Anstieg von NAFLD/NASH-assoziierten Leberzellkarzinomen. So berichtete Prof. Helen Reeves, Newcastle upon Tyne, für das Tumorzentrum der Newcastle University diese Zahlen: Unter den zugewiesenen HCC-Patient:innen stieg der Anteil der NAFLD-assoziierten Fälle zwischen 2000 und 2010 kontinuierlich von 0 auf 35% und lag damit bereits mit Abstand an der Spitze der HCC-Ätiologien. 2018 berichtete die American Cancer Society zwischen den Jahren 2010 und 2015 über eine Zunahme NASH-bezogener HCCs in Höhe von 68%, womit die nicht-alkoholische Leberentzündung auch in den USA inzwischen nicht nur die am rasantesten angestiegene Ursache von Leberzellkarzinomen geworden ist, sondern die absolut gesehen häufigste dazu.
 
 

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Erschienen am 18.11.2020Patienten mit einer nichtalkoholischen Fettleber haben ein signifikant erhöhtes Risiko an Krebs zu erkranken – Lesen Sie mehr auf www.journalonko.de!

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Vergleichsweise schlechte Prognose von Betroffenen mit NAFLD-basiertem HCC

Sei es aufgrund eines besonders aggressiven Tumorwachstums von NAFLD-assoziierten Leberzellkarzinomen oder aufgrund offenkundiger Defizite in Sachen Screening und medizinischer Überwachung von NAFLD-Patient:innen, die (Überlebens)-Prognose von Betroffenen mit NAFLD-basiertem HCC ist vergleichsweise schlecht, berichteten die in Bochum tagenden Expert:innen. Betroffene Patient:innen erhalten etwa im Vergleich zu Patient:innen mit HCV (Hepatitis C Virus)-assoziierten Leberzellkarzinomen vergleichsweise selten eine spezifische HCC-Behandlung. Zudem erfüllen nach Maßgabe der Milan-Kriterien zum Zeitpunkt der Erstdiagnose eines HCC vergleichsweise wenige Patient:innen die Voraussetzung für eine Lebertransplantation. Nach aktuellen Daten eines US-amerikanischen Transplantationsregisters sind an NAFLD erkrankte OP-Kandidat:innen vergleichsweise alt, übergewichtig (höherer Body Mass Index) und häufiger von Diabetes betroffen. So verwundert es auch nicht, dass nach den von PD Dr. Best vorgestellten Daten einer deutschen Multicenterstudie die Gesamtüberlebensrate bei NAFLD/NASH-HCC niedriger lag als bei Nicht-NASH-HCC.

Frühdiagnose von NAFLD und NASH schafft Voraussetzungen für geeignete Präventivmaßnahmen

Wird die Erstdiagnose eines NAFLD-HCC gestellt, so ist PD Dr. Best zufolge bei einem großen Teil der Patient:innen die Diagnose der zu Grunde liegenden NAFLD noch gar nicht gestellt worden – ein Beleg für die zu geringe Beachtung dieses häufigen hepatologischen Krankheitsbildes. Dabei würde die Frühdiagnose von NAFLD und NASH die Voraussetzungen dafür schaffen, durch geeignete Präventivmaßnahmen die weitere Krankheitsprogression hin zu Fibrose und HCC zu stoppen, beziehungsweise eine Fibrose rückgängig zu machen. Mangels zugelassener Medikamente bieten sich dafür derzeit vor allem eine Lebensstiländerung und das optimale Management von oft vorhandenen Komorbiditäten wie Hypercholesterinämie oder Typ-2-Diabetes an. Bei der medikamentösen Therapie hält der Bochumer Gastroenterologe neben Metformin, Pioglitazon oder GLP-1-Rezeptoragonisten auch Obeticholsäure – ein synthetisches Derivat der physiologischen Gallensäure Chenodesoxycholsäure – für einen hoffnungsvollen Kandidaten. Tatsächlich gibt es bei NAFLD-Patient:innen Hinweise auf ein verändertes Gallensäure-Muster und einen veränderten Gallensäuremetabolismus, woraus sich in mehrfacher Hinsicht therapeutische Perspektiven eröffnen könnten.

Therapeutisches Vorgehen nach Maßgabe der BCLC-Algorithmen

Auch bei Patient:innen mit NAFLD-HCC orientiert sich das therapeutische Vorgehen grundsätzlich an den aktuellen BCLC (Barcelona Clinic Liver Cancer prognosis and treatment strategy)-Algorithmen, berichtete Prof. Reeves. Dezidierte Aussagen zu den Überlebenschancen dieser Patient:innen werden durch die Tatsache erschwert, dass diese Subgruppe im Rahmen klinischer Studien zumeist entweder gar nicht eigens ausgewiesen oder nur spärlich vertreten ist. Während Tyrosinkinase-Inhibitoren ähnlich effektiv sind wie beim Nicht-NAFLD-HCC, gibt es Hinweise auf eine verminderte Wirksamkeit von Immun-Checkpoint-Inhibitoren. Wirksamkeit und Sicherheit vorhandener und kommender Medikamente bei Leberzellkarzinom sollten im Rahmen klinischer Studien künftig gezielt für Subgruppen wie die immer häufiger vertretene NAFLD/NASH untersucht werden.

Quelle: Symposium 231 „Time for the liver – Chronobiology, aging and current matters in hepatology”, 26.-27.01.2023, Bochum; Veranstalter: Falk Foundation e.V.


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