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Medizin

DGEM: Ernährungsmanagement vor großen operativen Eingriffen ist essenziell

DGEM: Ernährungsmanagement vor großen operativen Eingriffen ist essenziell
© DUSITARA STOCKER – stock.adobe.com
Eine gute Ernährung ist wirksamer als manche Medizin, das belegen zahlreiche Studien: Patient:innen, die ausreichend mit Energie und Proteinen versorgt sind, genesen oft schneller und verlassen das Krankenhaus früher. Bei kritisch Kranken kann eine gezielte Ernährungstherapie sowohl die Komplikationsrate als auch das Sterberisiko senken. Diese Erkenntnisse sind bereits heute in Leitlinien zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen verankert. Dennoch werden Ernährungsscreening und -therapie in Kliniken nicht konsequent umgesetzt, wie eine aktuelle Befragung zeigt. Sie nimmt die Versorgung von Tumorpatient:innen an deutschen Krankenhäusern unter die Lupe und legt dar, was die Umsetzung hemmt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM) nimmt die Untersuchung zum Anlass, erneut auf die Bedeutung eines klinischen Ernährungsmanagements hinzuweisen. Die Fachgesellschaft ist auch an einem offenen Brief an die Bundesregierung beteiligt, in dem eine Verbesserung der Ernährung im Krankenhaus gefordert wird.
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Patient:innen mit gastrointestinalen Tumoren profitieren besonders von einer präoperativen Ernährungsintervention

Die aktuelle Studie (1), die von Saskia Wendt vom Israelitischen Krankenhaus Hamburg geleitet und in der „Aktuellen Ernährungsmedizin“ veröffentlicht wurde, widmet sich Patient:innen, die sich einer Tumoroperation am Verdauungstrakt unterziehen mussten. Sie sind in mehrfacher Hinsicht von Mangelernährung bedroht und profitieren besonders von einer Ernährungsintervention: Zum einen steigert der Tumor selbst den Energie- und Proteinbedarf, zum anderen begünstigen die gastrointestinalen Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, die mit der Erkrankung einhergehen, eine Mangelernährung.

Päoperatives Ernährungsmanagement spielt eine geringe Rolle bei Ärzt:innen

Von 117 der per Online-Fragebogen kontaktierten Kliniken nahmen 40 an der Befragung teil. In dieser – sicherlich positiv verzerrten – Stichprobe gab die große Mehrzahl (35) an, sich bei der präoperativen Ernährungstherapie an einschlägigen Leitlinien zu orientieren. Zudem würden mehr als 3 der von der DGEM empfohlenen Maßnahmen gegen Mangelernährung angeboten. Alle Teilnehmenden gaben außerdem an, in ihrer Klinik würden Ernährungsfachkräfte beschäftigt. Dennoch gaben rund 2/3 (27) an, der Ernährungszustand spiele in der ärztlichen Betrachtung eine zu geringe Rolle. Das hemme ein zielführendes präoperatives Ernährungsmanagement. Da Patient:innen sich in der Klinik erst kurz vor der Operation vorstellen, bliebe keine Zeit für eine Ernährungsintervention, stellte rund der Hälfte der Befragten fest. Als weitere Hürde benannten 21 der 40 Teilnehmenden die bisher fehlende Vergütung der Ernährungstherapie in der Versorgung außerhalb des klinischen Settings.
 
 

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Kooperation mit Ernährungstherapeut:innen als Lösung

„Die Hamburger Studie zeigt, dass die Umsetzung des präoperativen Ernährungsmanagements nicht nur die operierenden Krankenhäuser selbst betrifft, sondern auch die vorbehandelnden Ärzt:innen sowie gesundheitspolitische Entscheider“, sagt Prof. Dr. Matthias Pirlich, niedergelassener Internist und Ernährungsmediziner in Berlin. Sowohl für Niedergelassene als auch für Kliniken könne eine Lösung darin liegen, untereinander und mit selbstständigen Ernährungstherapeut:innen zu kooperieren und so ein interdisziplinäres präoperatives Ernährungsmanagement aufzubauen. „Hierfür müssen jedoch entsprechende gesundheitspolitische Rahmenbedingungen geschaffen und etwa die Abrechnungsmöglichkeiten angepasst werden“, betont der DGEM-Präsident.

DGEM fordert eine Aufnahme der Krankenhausernährung in die nationale Ernährungsstrategie

In einem offenen Brief (2) appelliert die DGEM an die Politik, die Weichen im Gesundheitssystem so zu stellen, dass das Potenzial einer gesunden und an die Patient:innen-Bedürfnisse angepassten Ernährung besser genutzt werden könne. Gemeinsam mit weiteren Fachgesellschaften und Kliniken fordert die DGEM Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach und Bundesernährungsminister Cem Özdemir auf, die Ernährung in Krankenhäusern als wichtiges Thema in die neue nationale Ernährungsstrategie aufzunehmen.

DGEM fordert verpflichtende Standards und ein höheres Budget für die Krankenhausernährung

„Die Patient:innenverpflegung in deutschen Krankenhäusern ist leider meist nicht gesundheitsfördernd“, sagt Prof. Dr. Johann Ockenga, Direktor des Klinikums Bremen Mitte und DGEM-Vorstandsmitglied, der den offenen Brief mitverfasst hat. Damit laufe sie sowohl dem Genesungs- und Präventionsauftrag der Kliniken zuwider als auch deren Vorbildfunktion in der Gesellschaft. Die Verfasser:innen fordern daher verpflichtende Standards für die Krankenhausernährung sowie eine adäquate Finanzierung. „Derzeit wird die Ernährung als nicht-medizinische Leistung eingestuft, für die die Kliniken durchschnittlich nur 5,14 Euro pro Patient:in und Tag zur Verfügung haben“, sagt Ockenga. Dieser viel zu geringe Betrag ermögliche keinerlei Steigerung der Essensqualität. Die Hauptforderung an die Gesundheitspolitik zielt daher darauf, das Budget zu erhöhen und die Ernährung im DRG (Diagnosebezogene Fallgruppe) -System angemessen abzubilden: „Das Angebot einer gesundheitsförderlichen Ernährung ist ein essenzieller Teil einer evidenzbasierten medizinischen Behandlung. Ernährung ist Medizin“, heißt es in dem Brief.

Quelle: DGEM

Literatur:

(1) Wendt S. et al. Präoperatives Ernährungsmanagement in der großen Tumorchirurgie des Bauchraumes an deutschen Kliniken. Eine explorative Strukturanalyse. In: Aktuelle Ernährungsmedizin 2023; 48(01): 14-26.
(2) Offener Brief: Ernährung im Krankenhaus – wichtig für Gesundheit und Umwelt.


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