JOURNAL ONKOLOGIE – Artikel
24. März 2020 Seite 3/5
Bedeutung der zellulären Immunabwehr
Die Erkennung entarteter Zellen und deren Zerstörung (Lyse) durch natürliche Killerzellen (NK-Zellen) oder zytotoxische T-Zellen (CTLs) erfolgt mit Hilfe der zellulären Immunabwehr. NK-Zellen und CTLs ergänzen sich bei der Erkennung der entarteten Zellen. Während Tumorantigene die über MHC-I präsentiert werden, durch CD8-T-Zellen erkannt werden und deren Differenzierung in CTLs auslösen, benötigen NK-Zellen die Antigenpräsentation über MHC nicht. NK-Zellen haben die Möglichkeit, eine durch Viren oder Mutationen induzierte Herunterregulation der MHC-Expression zu erkennen und die entsprechenden Zellen zu lysieren. Die Aktivierung der NK-Zellen läuft über ein Gleichgewicht von aktivierenden (NKp46, CD16) und inhibierenden (killer cell immunoglobulin-like receptors, KIRs) Rezeptoren und das CD94/NKG2-Heterodimer ab (28). Die inhibierenden Rezeptoren KIRs und das CD94/NKG2-Heterodimer erkennen z.B. Gewebsantigene, die über MHC-I präsentiert werden, und verhindern damit deren Lyse. Die Induktion der Zielzelllyse verläuft bei CTLs und NK-Zellen in gleicher Weise.
Nach Erkennung werden Perforin und Granzyme freigesetzt. Perforin wird in die Zellmembran der Zielzelle integriert und bildet dort Poren aus, die Granzyme in die Zielzelle schleusen und deren Apoptose auslösen. Eine weitere Möglichkeit ist die Induktion der Apoptose durch die Bindung des Todesrezeptors FAS auf der Oberfläche der Zielzelle. Durch das gleichzeitige Auslösen der „Antikörper-abhängigen zellvermittelten Zytotoxizität“ (ADCC) kommt es zur weiteren Verstärkung der Apoptose.
Neben der beschriebenen Herunterregulierung der MHC-Expression (Abb. 1), die ein typisches Beispiel für Melanome ist, nutzen Tumoren verschiedenste Möglichkeiten, um der Erkennung durch das Immunsystem zu entgehen (29). Auf die Expression von Checkpoint-Molekülen und die Freisetzung immunsuppressiver Zytokine soll im Folgenden in Kombination mit der Vielfältigkeit der Therapieansätze eingegangen werden.
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Durch die fehlende Ausschüttung von Antigenen kann z.B. keine Prägung Antigen-präsentierender Zellen (APCs) wie Dendritische Zellen oder Makrophagen erfolgen. Als Folge findet keine Aktivierung von Effektor-T-Zellen statt, und der Tumor kann unbeachtet von jeglichen Immunzellen wachsen. Eine Möglichkeit, Tumoren „sichtbar“ zu machen, ist der Einsatz von Chemo- und Strahlentherapien (Abb. 2). Durch die Zerstörung der Zelle kommt es zur Freisetzung von Tumorantigenen, die durch APCs erkannt und präsentiert werden können (30).
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Eine weitere Möglichkeit für Tumoren, der Immunantwort zu entgehen, ist die Bildung einer immunsupprimierenden Mikroumgebung. Dies geschieht z.B. durch Ausschüttung von IL-10 und TGF-β (Abb. 1). Während IL-10 die Ausreifung von Dendritischen Zellen und T-Zellen unterdrückt, führt TGF-β zur Toleranz bei NK- und T-Zellen. Beide Zytokine unterstützen die Bildung sog.regulatorischer T-Zellen (Tregs). IL-10 und TGF-β werden wiederum durch diese freigesetzt und führen so zu einem Kreislauf, der das immunsuppressive Milieu verstärkt und hilft, den Tumor noch besser abzuschirmen.
Indolamin-2,3-Dioxygenase (IDO) ist ein weiterer Faktor, der frei in der Mikroumgebung und auf der Oberfläche von Tumoren zu finden ist. Im gesunden Organismus ist IDO das Enzym für den Abbau der Aminosäure Tryptophan zu N-Formylkynurenin. Die verstärkte Expression von IDO auf Tumoren konnte u.a. für das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC), Magen-, Darm-, Pankreas- und Leberkarzinom gezeigt werden und wird mit einer schlechteren Prognose und einer gesteigerten Häufigkeit für Lymphknotenmetastasen assoziiert (31). Die Anreicherung geht mit einem Verlust von Tryptophan einher, führt zu verstärkter Immuntoleranz, die durch verringerte T-Zellinfiltration, gesteigerte Anzahl an Tregs und einer erhöhten Strahlenresistenz der Tumoren gekennzeichnet ist (32). Eine Hemmung von IDO geht mit einem verringerten Tumorwachstum und einer antitumoralen Immunantwort einher.
Auch die Expression von Checkpoint-Molekülen auf der Oberfläche der Tumorzellen und Tregs trägt zu dem beschriebenen Prozess bei. Checkpoint-Moleküle haben in gesunden Organismen u.a. die Aufgabe, eine überschießende Immunantwort zu verhindern. Beispiele hierfür sind PD-1 (programmed death receptor-1) und CTLA-4 (cytotoxic T cell associated antigen-4). Checkpoint-Inhibitoren wie die monoklonalen Anti-PD-1-Antikörper (Nivolumab, Pembrolizumab), Anti-PD-L1-Antikörper (Atezolizumab, Durvalumab und Avelumab) sowie Anti-CTLA-4-Antikörper (Ipilimumab, Tremelimumab) zeigten vielversprechende Therapieerfolge und sind teilweise für die Behandlung zugelassen.
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