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Medizin

3 Jahre Recht auf Kryokonservierung – Wie sieht die Versorgungsrealität aus?

3 Jahre Recht auf Kryokonservierung – Wie sieht die Versorgungsrealität aus?
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80% der jungen Menschen zwischen 18 und 39 Jahren können geheilt werden, wenn sie an Krebs erkranken. Doch die Krebsbehandlung kann unfruchtbar machen. Das Ziel der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs war und ist es, dass den jungen Patient:innen die Fruchtbarkeitserhaltung als Routine angeboten werden kann, ohne dass sie über die damit verbundenen Kosten nachdenken müssen. Genauso, wie es auch bei der Vorbeugung von Infektionen oder von Übelkeit und Erbrechen der Fall ist. Am 11. Mai 2019 ist eine Gesetzesänderung in Kraft getreten, die dieses Ziel erreichen soll. Aber wie steht es mit der Umsetzung?
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Option auf Familiengründung trotz Krebs beeinflusst Krankheitsverlauf bei jungen Erwachsenen

Für die Fruchtbarkeitserhaltung ist eine unkomplizierte Realisierung besonders wichtig. Sie muss noch vor Beginn der Krebsbehandlung durchgeführt werden. Es ist eine Notsituation, die junge Menschen ohne Vorwarnung trifft. „Neben der Diagnose schockiert junge Betroffene die Tatsache, eventuell keine eigenen Kinder bekommen zu können, oftmals ähnlich stark. Ihre Zukunft derart eingeschränkt zu sehen, hinterlässt deutliche Spuren“, erklärt Prof. Dr. med. Diana Lüftner, Vorstand der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet sie mit jungen Brustkrebspatientinnen und weiß, wie wichtig die Option auf eine eigene Familie für den Heilungsverlauf der Betroffenen ist.

§ 27a SGB V gibt jungen Erwachsenen mit Krebs Recht auf Kostenübernahme fruchtbarkeitserhaltender Maßnahmen

Um jungen Patient:innen eine Perspektive zu geben, hat der Bundestag 2019 mit der Änderung des § 27a SGB V das Recht auf Kostenübernahme fruchtbarkeitserhaltender Maßnahmen, durch Einfrieren von Keimzellen und Keimzellgewebe für alle Mädchen und Frauen bis 39 Jahre und alle Jungen und Männer bis 49 Jahre, beschlossen. Das Gesetz schließt auch Patient:innen mit nicht bösartigen Erkrankungen ein, die eine keimzellschädigende Therapie benötigen. „Leider ist die Umsetzung des Rechts auf Fruchtbarkeitserhaltung auch 3 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes noch lückenhaft“, bilanziert Prof. Dr. med. Mathias Freund, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung.
 
 

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Erschienen am 09.01.2019Möchte ich eine Familie gründen oder noch weitere Kinder haben? Mit dieser Frage müssen sich junge Krebspatientinnen und -patienten nach der Diagnose auseinandersetzen. >> www.journalonko.de

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Trotz Gesetzesänderung weiterhin hohe bürokratische Hürden für Fruchtbarkeitserhaltung bei jungen Erwachsenen mit Krebs

Das Einfrieren von Spermien bei Jungen und Männern und die Konservierung von Eizellen bei Frauen sind heute weit verbreitete Verfahren. Glücklicherweise gibt es hierbei heute nur selten Probleme mit der Kassenfinanzierung. Für diesen Fortschritt sind die jungen Patient:innen und ihre behandelnden Ärzt:innen dankbar. Leider gibt es aber 3 Jahre nach dem Gesetz noch erhebliche Lücken bei der Umsetzung des Rechts auf Kassenfinanzierung. Hier werden Kinder, ihre Eltern und junge Krebspatient:innen mit bürokratischen Auseinandersetzungen belastet und müssen in vielen Fällen die Kosten auch heute noch selbst tragen. Dies zeigen Hilfeanfragen, die die Stiftung regelmäßig erhält, und Sozialgerichtsprozesse, bei denen sie die Betroffenen unterstützt.

Wie funktioniert die Konservierung von Eierstockgewebe für Mädchen und junge Frauen?

Die Entnahme von Eierstockgewebe und seine Konservierung durch Einfrieren ist für viele Mädchen und junge Frauen eine hervorragende Methode zur Erhaltung der Fruchtbarkeit. Die Methode wurde führend in Deutschland entwickelt. Dabei wird das eingefrorene Gewebe später bei Kinderwunsch mit einem kleinen Eingriff wieder eingesetzt. Der große Vorteil ist, dass Hormonfunktion und Periode wieder hergestellt werden. Es wird damit eine natürliche Empfängnis möglich.

Kryokonservierung von Eierstockgewebe trotz Gesetzesänderung in der Regel nicht über Krankenkassen abrechenbar

Dennoch wird die Kryokonservierung von Eierstockgewebe in der Regel nicht von den Krankenkassen gezahlt, wie zahlreiche Hilfeanfragen an die Stiftung zeigen. Etliche Betroffene klagen vor dem Sozialgericht.
„Als ich kurz nach meinem Studienende an Krebs erkrankte, hatte ich keine finanziellen Rücklagen, um Vorkehrungen für meine Familienplanung zu treffen. Da die Entnahme von Eizellen aufgrund der vorherigen Hormongabe bei meinem Hormonrezeptor-positiven Tumor keine Option war, entschied ich mich für die einzige Möglichkeit, der Kryokonservierung von Ovarialgewebe. Auch Jahre nach meiner Diagnose habe ich keine Unterstützung durch die GKV erhalten – die Verfahren liegen im wahrsten Sinne des Wortes auf Eis. Die Politik lässt sich Zeit – Zeit, die Betroffene nicht haben", sagt Christina, die mit 27 Jahren an Brustkrebs erkrankte.
 
 

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Kostenübernahme bei Kryokonservierung von Ovarialgewebe nach wie vor Streitpunkt

Um diese Problematik weiß auch Prof. Dr. rer. nat. Ralf Dittrich, Leiter des IVF- und Endo-krinologischen Labors der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen: „Die Kryokonservierung von Ovarialgewebe wird zu 90% in Universitätsklinika durchgeführt, die aber nach G-BA keine Leistungserbringer sind. Hier kommt es also schon zu Beginn der Fruchtbarkeitserhaltung zum Streit um die Kostenübernahme. Zudem ist fraglich, ob die Re-Transplantation des Gewebes von den GKVen bezahlt werden muss. Auch dieser Punkt ist noch offen. Nur eines ist gewiss: Ohne Transplantation wird es in diesen Fällen keine Kinder geben.“

Kassenfinanzierung zur Kryokonservierung von Ovarialgewebe bei Krebs ist geplant

Durch eine Erweiterung der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)1 soll die Rechtslage geklärt und die Kassenfinanzierung möglich werden. Einen Zeitplan hierfür gibt es jedoch nicht. Auch 3 Jahre nach dem Gesetz ist die Erweiterung noch nicht realisiert. Mehr noch: ob Mädchen vor Eintritt der Menarche überhaupt von einer solchen Regelung profitieren werden, ist noch umstritten. Dabei wäre dies sehr wichtig, wie Dr. med. Magda-lena Balcerek von der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie an der Charité, Universitätsmedizin Berlin, erklärt: „Präpubertär ist das Einfrieren von Keimzellgewebe aktuell die einzige mögliche Chance zum Fruchtbarkeitserhalt – sie muss also finanziert werden! Wenn wir den aktuell behandelten Kindern jetzt nichts anbieten, dann haben sie als Erwachsene keine Reserve, auf die sie zurückgreifen können!“ „Bis zur tragfähigen Richtlinie sollte es großzügige Übergangsregelungen geben. Eine Übernahme der Kosten beispielsweise nach dem Kostenerstattungsprinzip wäre wünschenswert. So könnten die Betroffenen Rechnungen bei der GKV einreichen und die Kosten erstattet bekommen“, schlägt unterdessen Dittrich vor.

Quelle: Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs


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