JOURNAL ONKOLOGIE – Artikel
24. März 2020 Seite 3/4
Zweitlinientherapie
Viele kleine Phase-II-Studien mit unterschiedlichen Chemotherapeutika weisen auf eine Effektivität einer Secondline-Chemotherapie beim Magenkarzinom hin. Dennoch waren die Einschätzungen bezüglich des Nutzens für den Patienten lange Zeit recht unterschiedlich. So variiert der Einsatz einer Secondline-Chemotherapie zwischen 14% in Großbritannien, 42% in Europa und USA und 75% in Asien (10, 13, 27). Der Nutzen einer Secondline-Chemotherapie bezüglich einer Verlängerung des Überlebens im Vergleich zu best supportive care wurde in einer randomisierten Phase-III-Studie der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) erstmals untersucht. Obwohl diese Studie nach 40 eingebrachten Patienten aufgrund schlechter Rekrutierung vorzeitig beendet werden musste, zeigt sich ein signifikanter Überlebensunterschied zwischen einer Secondline-Chemotherapie mit Irinotecan im Vergleich zur alleinigen supportiven Behandlung (Überlebensverlängerung von median 2,4 auf 4,0 Monate; HR=0,48; 95%-KI: 0,25-0,92) (28). Diese erste randomisierte Phase-III-Studie zur Secondline-Therapie beim Magenkarzinom zeigte, dass eine Secondline-Chemotherapie das Überleben verlängert und eine Behandlungsoption für das Magenkarzinom darstellt. Der positive Effekt einer Chemotherapie auf die Überlebenszeit und die Lebensqualität konnte durch 2 größere Studien bestätigt werden (29, 30). Die Wirksamkeit von Irinotecan ist als ähnlich der von Paclitaxel einzuschätzen (31).
Eine Secondline-Chemotherapie verlängert beim Magenkarzinom das Überleben und soll den Patienten angeboten werden. Chemotherapeutische Optionen sind Irinotecan, Docetaxel oder Paclitaxel.
Zielgerichtete Therapie in der Zweitlinienbehandlung
Phase-III-Studien untersuchten den Effekt des m-TOR-Inhibitors Everolimus im Vergleich zu best supportive care ohne Nachweis einer Verlängerung des Überlebens (32). Auch das beim Brustkrebs bewährte Antikörper-Chemotherapie-Konjugat T-DM1 (eine Verbindung von Trastuzumab und dem Chemotherapeutikum Emtansin) wurde bei HER2-positiven Tumoren in der Zweitlinie mit einer Chemotherapie mit Docetaxel oder Paclitaxel verglichen. Es zeigte sich keine Verbesserung des Überlebens (33). Der Anti-VEGF-Rezeptor-2-Antikörper Ramucirumab führt sowohl in der Monotherapie (vs. best supportive care) als auch in Kombination mit einer Chemotherapie (Paclitaxel + Ramucirumab vs. Paclitaxel alleine) zu einer weiteren Verbesserung des Überlebens in der Secondline-Therapie. Zwei randomisierte Phase-III-Studien haben die Wirksamkeit von Ramucirumab in der Secondline-Therapie beim Magenkarzinom untersucht (REGARD-Studie, RAINBOW-Studie). Als Monotherapeutikum in der Zweitlinie im Vergleich zu best supportive care führte Ramucirumab zu einer signifikanten Überlebensverlängerung (n=355, medianes Gesamtüberleben 3,8 vs. 5,2 Monate; HR=0,78; p=0,047) (34). In 665 vorbehandelten Patienten wurde eine Chemotherapie mit Paclitaxel mit einer Kombination aus Paclitaxel und Ramucirumab verglichen. Das mediane Überleben konnte von 7,4 auf 9,6 Monate verbessert werden (HR=0,81; p=0,017) (35) (Tab. 2). Mit Zulassung von Ramucirumab für die Zweitlinientherapie des Magenkarzinoms und des AEG in Kombination mit Paclitaxel steht auch für die Zweitlinientherapie ein zielgerichtetes Therapeutikum beim Magenkarzinom zur Verfügung. Die Hinzunahme von Ramucirumab zur Chemotherapie auch schon in der Erstlinienbehandlung konnte zwar das progressionsfreie Überleben, nicht jedoch das Gesamtüberleben verbessern (RAINFALL-Studie) (36), sodass die Indikation für Ramucirumab auf die Zweitlinientherapie beschränkt bleibt.
Eine Zweitlinientherapie mit Paclitaxel und Ramucirumab hat sich als ein therapeutischer Standard etabliert.
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Drittlinientherapie
Aufgrund der zunehmenden therapeutischen Möglichkeiten stellt sich bei immer mehr Patienten auch die Frage einer Drittlinientherapie. Trifluridin/Tipiracil ist ein orales Therapeutikum, bestehend aus einer Kombination von Trifluridin (Nukleosid-Analogon) und Tipiracil (Thymidin-Phosphorylase-Inhibitor), welches anders als 5-FU hauptsächlich über Inkorporation in die DNA wirkt und so auch nach 5-FU-Versagen Wirksamkeit haben kann. In einer randomisierten Phase-III-Studie (TAGS-Studie) wurde Trifluridin/Tipiracil an 500 Patienten, die alle mind. 2 Vortherapien inkl. Platin und 5-FU gehabt hatten, im Vergleich zu Placebo untersucht. Trifluridin/Tipiracil induzierte v.a. eine vermehrte Krankheitsstabilisierung und führte so zu einer signifikanten Verlängerung des Überlebens (mOS 3,6 vs. 5,7 Monate; HR=0,69; p=0,0006) (37). Trifluridin/Tipiracil ist somit nachweislich eine wirksame Behandlungsoption bei vortherapierten Patienten mit metastasiertem Magenkarzinom und ist für diese Indikation in Europa zugelassen.
In China wurde der gegen VEGF-Rezeptor 2 gerichtete orale Tyrosinkinase-Inhibitor Apatinib in einer randomisierten Studie mit 273 ausgiebig vortherapierten Patienten im Vergleich zu best supportive care untersucht und zeigte eine signifikante Verbesserung des Überlebens (38). Eine beim europäischen Krebskongress (ESMO) 2019 vorgestellte Phase-III-Studie mit 460 Patienten konnte allerdings die Wirksamkeit von Apatinib nicht bestätigen (39).
In der Therapie des Magenkarzinoms befinden sich derzeit zahlreiche Immuncheckpoint-Inhibitoren, so z.B. Antikörper gegen PD-1 (Pembrolizumab und Nivolumab) und gegen PD-L1 (Avelumab, Atezolizumab und Durvalumab) in klinischer Erprobung (40).
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"CME – Magenkarzinom – Teil 2: Sequenztherapie des Magenkarzinoms"
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