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Medizin

Neuer Mechanismus für Chromosomen-Fehler in Krebszellen entdeckt

Neuer Mechanismus für Chromosomen-Fehler in Krebszellen entdeckt
© Anatomy Insider - stock.adobe.com
Warum wachsen Krebszellen unkontrolliert und widerstehen Anti-Tumor-Therapien? Darauf können Krebsforscher:innen der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) unter Leitung von Prof. Dr. Holger Bastians zusammen mit Biomathematiker:innen um Prof. Dr. Maik Kschischo, Fachbereich Mathematik und Technik der Universität Koblenz, nun Antworten geben. Die Forschenden entdeckten einen neuen Mechanismus für Genomveränderungen als treibende Kraft der Tumorentwicklung: Mehr Startstellen der DNA-Replikation führen in Krebszellen zu Fehlverteilungen von genetischen Informationen. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachjournal Cell Reports veröffentlicht (1).
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Chromosomeninstabilität von Krebszellen verursacht Resistenzen gegen Immuntherapien

Krebszellen produzieren durch Zellteilungen – im Gegensatz zu normalen menschlichen Zellen – oft unkontrolliert und fehlerhaft neue Tochterzellen. Der Vorgang einer korrekt ablaufenden Zellteilung erfordert zunächst die Verdopplung der Chromosomen während der DNA-Replikation. Die akkurat verdoppelte Erbinformation, die auf 46 Chromosomen verteilt ist, wird dann im nächsten Schritt während der Mitose gleichgerecht auf 2 Tochterzellen verteilt. Fehler in dem einen oder anderen Prozess können zu Chromosomendefekten führen. Dies ist in den allermeisten Krebszellen der Fall und wird als Genom- oder Chromosomen-Instabilität bezeichnet. Die genetischen Veränderungen betreffen sowohl den Austausch von Teilen der genetischen Information auf den Chromosomen als auch den Verlust oder Zugewinn ganzer Chromosomen, also die Erzeugung von Aneuploidien. Die chromosomale Instabilität ist typisch für Krebszellen. Sie trägt entscheidend dazu bei, dass Tumoren aggressiv und unkontrollierbar wachsen und eine Resistenz gegenüber Anti-Krebs-Therapien entwickeln. Bisher ist nur wenig verstanden, wie diese Chromosomen-Veränderungen zustande kommen und welche Tumor-fördernden Gene hierbei eine Rolle spielen.

Mehr Startstellen bei der DNA-Replikation führen zu Chromosomeninstabilität

Am Anfang der Untersuchungen standen umfassende biomathematische Analysen anhand von fast 10.000 Tumorproben. Diese zeigten, dass Start-Codons immer dann besonders aktiv sind, wenn Tumoren eine hohe chromosomale Instabilität und eine ausgeprägte Aggressivität zeigen. Die Göttinger Forscher:innen konnten mittels zellbiologischer Analysen und unter Einsatz von Lebendzell-Mikroskopie belegen: Eine hohe Aktivität dieser neuen Onkogene führt zu einer erhöhten Anzahl von Replikations-Startstellen. „Und genau dies ist der Schalter für die chromosomalen Veränderungen in Krebszellen“, sagt Prof. Bastians, Letzt-Autor der Publikation.
 
 

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© FH Münster/Marina Oster

Verlangsamung der DNA-Replikation verursacht mehr aktive Startstellen

Auch andere Mechanismen können zum gleichen Ergebnis der Genom-Instabilität führen, stellten die Forscher:innen fest: In Situationen von Replikationsstress kommt es zu einer abnormalen Verlangsamung der DNA-Replikation. „Interessanterweise zeigen Krebszellen sehr häufig diesen Replikationsstress. Und genau diese Zellen zeigen auch viel mehr aktive Startstellen für die DNA-Replikation, was wiederum zu Erzeugung von chromosomalen Veränderungen in den Krebszellen führt“, sagt Prof. Dr. Holger Bastians.

Aneuploidien und Informationsverlsut durch verlangsamte DNA-Replikation

Um die Chromosomenverteilung in lebenden Krebszellen und die DNA-Replikation direkt an den Chromosomen zu verfolgen, setzten die Doktorandinnen am Institut für Molekulare Onkologie der UMG und Erst-Autor:innen der Studie, Nicolas Böhly und Ann-Kathrin Schmidt, insbesondere verschiedene Mikroskopieverfahren ein. „Unsere Einzelzell-Analysen haben gezeigt, dass die Verlangsamung der DNA-Replikation gleich 2 Defekte in Krebszellen auslösen können“, sagt Prof. Bastians, „Zum einen werden Teile der Erbinformation nicht vollständig verdoppelt, wobei dies zu teilweisem DNA-Informationsverlust in den Krebszellen führen kann. Zum anderen werden zusätzliche Startpunkte bei der DNA-Replikation erzeugt. In der Folge kommt es zum Zugewinn oder Verlust ganzer Chromosomen. Dies erklärt, warum in besonders aggressiven Krebszellen fast immer diese strukturellen und numerischen Chromosomen-Defekte gleichzeitig vorhanden sind“, sagt Prof. Kschischo, der seit Jahren mit biomathematischen Methoden Tumorproben auf ihre Genominstabilität analysiert.

Ergebnisse eröffnen neue Therapie-Konzepte zur Behandlung von Krebs

„Die neu-gefundenen Startstellen sind als neue Klasse von Tumor-fördernden Onkogenen einzuordnen“, sagt Prof. Bastians. „Es ist uns zudem gelungen, Methoden zu entwickeln, die überzähligen Replikations-Startstellen in Krebszellen wieder zu reduzieren. Dies führte zu einer Unterdrückung der Genom-Instabilität und hat damit eine große Bedeutung für die Entwicklung neuer Therapie-Konzepte zur Behandlung von Krebs“, so Prof. Bastians. „Wir wollen als Nächstes analysieren, wie sich die Korrektur der Defekte auf das Verhalten der Krebszellen auswirkt und inwieweit wir möglicherweise damit Therapien verbessern können.“

Quelle: Universitätsmedizin Göttingen (UMG)

Literatur:

(1) Böhly N., Schmidt AK (2022). Increased replication origin firing links replication stress to whole chromo-somal instability in human cancer. Cell Rep. 2022 Dec 13;41(11):111836. doi: 10.1016/j.celrep.2022.111836.


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