Journal Onkologie
Magenkarzinom
Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter einem Magenkarzinom?

Magenkrebs entwickelt sich meist langsam über viele Jahre hinweg, oft aus präkanzerösen Veränderungen in der Magenschleimhaut. Diese frühen Veränderungen bleiben häufig unbemerkt, da Symptome unspezifisch sind und leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können. Die Lage des Karzinoms im Magen beeinflusst sowohl die Beschwerden als auch die Behandlungsmöglichkeiten [1].

Über 90% aller Magenkrebserkrankungen sind Adenokarzinome, die sich aus den Drüsenzellen der Magenschleimhaut entwickeln. Histologisch werden sie nach der Lauren-Klassifikation in drei Haupttypen eingeteilt [1]:

  • Intestinaler Typ (ca. 50%): mit eher besserer Prognose und häufiger genetisch behandelbaren Zielstrukturen.

  • Diffuser Typ (ca. 40%): wächst oft aggressiver, neigt zur frühen Metastasierung und tritt häufiger bei jüngeren Patient:innen auf.

  • Mischtyp (ca. 10%): kombiniert Merkmale beider Formen und wird wie der diffuse Typ therapiert.

Andere Arten von Krebs, die im Magen entstehen können:

  • Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) im Magen: Diese seltenen Tumoren entstehen in sehr frühen Formen von Zellen in der Magenwand, den sogenannten interstitiellen Cajal-Zellen. Bei einigen GIST ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in andere Bereiche wachsen oder sich auf andere Teile des Körpers ausbreiten, größer als bei anderen. GIST können überall im Verdauungstrakt entstehen, beginnen aber meistens im Magen [2].

  • Neuroendokrine Tumoren (einschließlich Karzinoide) im Magen: Neuroendokrine Tumoren (NET) entstehen in Zellen im Magen (oder in anderen Teilen des Verdauungstrakts), die sich in mancher Hinsicht wie Nervenzellen und in anderen wie hormonbildende (endokrine) Zellen verhalten. Die meisten NET neigen dazu, langsam zu wachsen und sich nicht auf andere Organe auszubreiten. Je nach Ursache und Verlauf werden Magen-NET in Typ 1 (gastritisassoziiert), Typ 2 (Zollinger-Ellison-Syndrom) und Typ 3 (sporadisch) eingeteilt. Diese Einteilung hilft, Prognose und Therapie besser zu bestimmen [3].

  • Lymphome im Magen: Diese Krebsarten entstehen in Zellen des Immunsystems, den Lymphozyten. Lymphome entstehen in der Regel in anderen Teilen des Körpers, aber einige können auch in der Magenwand entstehen. Die Behandlung und die Aussichten für diese Krebsarten hängen von der Art des Lymphoms und anderen Faktoren ab. Weitere Informationen finden Sie unter Non-Hodgkin-Lymphom [4].

Stomach Cancer

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Was sind Risikofaktoren für die Entstehung eines Magenkarzinoms?

Die genaue Ursache für die Entstehung von Tumoren im Magen ist bis heute nicht vollständig geklärt und wird weiterhin intensiv erforscht. Es sind jedoch mehrere Risikofaktoren bekannt, die die Wahrscheinlichkeit, an einem Magenkarzinom zu erkranken, deutlich erhöhen [1].

Der wichtigste bekannte Risikofaktor für das distale Magenkarzinom ist eine Infektion mit dem weit verbreiteten Bakterium Helicobacter pylori, das unter anderem Magengeschwüre verursachen kann. Auch eine chronische Entzündung der Magenschleimhaut (Typ-B-Gastritis), eine bestimmte Art von lang anhaltender Anämie (perniziöse Anämie) sowie Wucherungen im Magen (Polypen) können die Entstehung eines Tumors begünstigen [1].

Mit zunehmendem Alter steigt das Erkrankungsrisiko an, Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Auch erbliche Faktoren und bestimmte Genmutationen spielen eine Rolle [1].

Weitere Faktoren für ein erhöhtes Risiko sind [1]:

  • Chronische Magenschleimhautentzündung (z. B. Typ-B-Gastritis nach einer Helicobacter pylori-Infektion)

  • Tabakkonsum

  • Häufiger Alkoholkonsum

  • Höheres Lebensalter

  • Blutgruppe A

  • Genetische Prädispositionen (familiäre Belastung)

  • Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas)

  • Ernährung mit vielen geräucherten, eingelegten oder stark gesalzenen Lebensmitteln

  • Frühere Magenoperationen wegen eines Geschwürs

  • Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV)

  • Arbeit in der Kohle-, Metall-, Holz- oder Gummi-Industrie

  • Exposition gegenüber Asbest

  • Magenkarzinome in der Familienanamnese

  • Erbliche Tumorsyndrome: familiäre adenomatöse Polyposis (FAP), Li-Fraumeni-Syndrom, erblicher nicht-polypöser kolorektaler Krebs (Lynch-Syndrom) und Peutz-Jeghers-Syndrom.

Welche Symptome können bei einem Magenkarzinom auftreten?

Zu den Symptomen eines Magenkarzinoms gehören Verdauungsstörungen und Magenbeschwerden oder -schmerzen. In den frühen Stadien von Magenkrebs können die folgenden ersten Symptome auftreten [1]:

  • Verdauungsstörungen und Magenbeschwerden (Dyspepsie)

  • aufgeblähtes Gefühl nach dem Essen

  • frühes Sättigungsgefühl

  • leichte Übelkeit

  • Erbrechen

  • Appetitlosigkeit, häufig verbunden mit einer Abneigung gegen Fleisch (Fleischaversion)

  • Sodbrennen

Bei fortgeschrittenem Magenkrebs können folgende Symptome auftreten [1]:

  • ungewollter Gewichtsverlust

  • Magenschmerzen

  • Blut im Stuhl (z. B. Teerstuhl bei versteckten Blutungen)

  • Erbrechen (auch mit Blut)

  • Anämie (Blutarmut) als Folge chronischer Blutverluste

  • Gelbsucht

  • Aszites

  • Schluckstörung bei Tumoren im oberen Magenbereich

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Wie erfolgt die Diagnose eines Magenkarzinoms?

Bei Patient:innen mit erhöhtem Magenkrebsrisiko können Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden. In der Regel erfolgen Untersuchungen jedoch erst beim Auftreten erster Anzeichen für eine Erkrankung. Zunächst wird eine körperliche Untersuchung durchgeführt und die Familienanamnese erhoben. Bei einem Verdacht werden weitere Untersuchungen zur Sicherung der Diagnose Magenkrebs durchgeführt:

  • Bluttests, um nach Anzeichen einer Tumoranämie oder Tumormarker (z. B. CEA, CA 19-9) zu suchen. Hinweis: Tumormarker sind nicht zur Früherkennung geeignet, sondern können in bestimmten Fällen zur Verlaufsbeurteilung genutzt werden.

  • Obere Endoskopie (Gastroskopie), um den Magen und oberen Verdauungstrakt von innen zu betrachten und auffällige Schleimhautveränderungen direkt zu erkennen.

  • Biopsie: Während der Gastroskopie werden Gewebeproben aus verdächtigen Bereichen entnommen und feingeweblich untersucht. Dies ist die entscheidende Untersuchung für die Diagnose.

  • Endosonografie (endoskopischer Ultraschall): Diese Untersuchung kann die Eindringtiefe des Tumors in die Magenwand und mögliche Lymphknotenmetastasen beurteilen.

  • Abdomen-Sonographie: Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane, um Metastasen z. B. in der Leber zu erkennen.

  • CT-Untersuchung (Thorax, Abdomen, Becken): Computertomografie liefert detaillierte Schnittbilder und hilft dabei, das Stadium der Erkrankung festzulegen.

  • PET-CT: Kann bei unklaren Befunden zusätzlich genutzt werden, z. B. zur Suche nach Fernmetastasen.

  • Oberer GI-Serientest (Kontrastmittelröntgen mit Barium): Wird nur noch selten eingesetzt, da die Endoskopie überlegen ist.

  • Sonographie des Halses (und bei Karzinomen im Übergangsbereich ggf. auch Ultraschall des ösophago-gastralen Übergangs).

Wie wird das Magenkarzinom behandelt?

Für Patient:innen mit Magenkrebs stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Es werden mehrere Standardverfahren einzeln oder kombiniert eingesetzt, abhängig vom Stadium und den individuellen Tumoreigenschaften [1].

Chirurgische Therapie

Die Chirurgie ist die wichtigste Behandlungsoption bei resektablen Tumoren in allen Stadien. Es gibt zwei Standardverfahren:

  • Subtotale Gastrektomie: Hierbei wird der Teil des Magens entfernt, in dem sich der Tumor befindet. Außerdem werden die lokalen Lymphknoten und bei Bedarf angrenzendes Gewebe oder Organe (z. B. Milz) entnommen.

  • Totale Gastrektomie: Der gesamte Magen, regionäre Lymphknoten sowie Teile der Speiseröhre oder des Dünndarms werden entfernt. Die Speiseröhre wird mit dem Dünndarm verbunden, um das Essen und Schlucken zu ermöglichen.

Endoskopische Schleimhautresektion (EMR/ESD)

Die endoskopische Resektion der Schleimhaut ist ein minimal-invasives Verfahren, das für Frühkarzinome mit niedrigem Lymphknotenmetastasierungsrisiko geeignet ist. Hierbei werden Krebszellen und Vorstufen ohne offene Operation mithilfe eines Endoskops entfernt.

Chemotherapie

Die Chemotherapie wird häufig vor (neoadjuvant, perioperativ) und/oder nach (adjuvant) einer Operation durchgeführt, um Tumorzellen zu bekämpfen und Rückfälle zu verhindern. Sie ist fester Bestandteil in allen fortgeschritteneren Stadien.

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Strahlentherapie und Radiochemotherapie

Die Strahlentherapie wird im multimodalen Behandlungskonzept vor allem bei R1-Resektion oder lokal fortgeschrittenen Fällen eingesetzt. In Kombination mit Chemotherapie (Radiochemotherapie) kann sie die Wirkung beider Verfahren verstärken, wird aber eher in speziellen Fällen empfohlen.

Zielgerichtete Therapie

Zielgerichtete Therapien setzen Medikamente oder Antikörper ein, die spezifisch gegen Tumorzellen gerichtet sind. Beispiele sind monoklonale Antikörper (z. B. Trastuzumab bei HER2-positivem Tumor) oder Multikinase-Inhibitoren.

Immuntherapie

Für fortgeschrittene oder metastasierte Magenkarzinome wird mittlerweile auch die Immuncheckpoint-Inhibition eingesetzt. Hierbei kommen PD-1-Antikörper (z. B. Nivolumab) ergänzend zur Chemotherapie in Frage, abhängig von HER2-Status und CPS-Score. Diese moderne Therapie kann das Gesamtüberleben in bestimmten Gruppen verbessern.

Hinweis: Die Behandlungsmöglichkeiten richten sich immer nach dem individuellen Krankheitsstadium, Tumorbiologie, Patientenzustand und aktuellen Leitlinienempfehlungen. Weitere Details und Empfehlungen sind in der aktuellen S3-Leitlinie zusammengefasst.

Wie sieht die Prognose mit einem Magenkarzinom aus?

Die Prognose bei Magenkrebs hängt entscheidend vom Stadium bei Diagnosestellung ab. Wird der Tumor in einem frühen Stadium entdeckt, sind die Heilungschancen mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von bis zu 90% gut. Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren mit Lymphknotenbefall sinkt die 5-Jahres-Überlebensrate auf etwa 30–50%. Im metastasierten Stadium ist Magenkrebs nicht mehr heilbar, moderne Therapien wie Chemotherapie, zielgerichtete Behandlungen oder Immuntherapien können das Überleben jedoch verlängern und die Lebensqualität verbessern. Wichtige Prognosefaktoren sind vor allem Tumorstadium, Resektionsstatus und bestimmte molekulare Marker.

Patienten-FAQ

Häufig gestellte Fragen zum Thema Magenkarzinom

Rund um das Thema Magenkarzinom stellen sich für Betroffene und Angehörige oft viele Fragen: zur Diagnose, zu  Behandlungsmöglichkeiten, zu Nebenwirkungen oder zum Alltag mit der Erkrankung. In dieser Patienten-FAQ finden Sie die häufigsten Fragen – und aktuelle, medizinisch fundierte Antworten, verständlich und klar  erklärt.

Literatur:

(1)

Onkopedia-Leitlinie zum Magenkarzinom. Stand Februar 2025. Abrufbar unter: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/magenkarzinom/@@guideline/html/index.html#ID0EOPAC (zuletzt aufgerufen: 15.07.25)

(2)

Onkopedia-Leitlinie zu GIST. Stand April 2024. Abrufbar unter: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/gastrointestinale-stromatumoren-gist/@@guideline/html/index.html (zuletzt aufgerufen: 15.07.25)

(3)

Prof. Dr. Georg Maschmeyer, Charité Berlin. Neuroendokrine Neoplasien. Abrufbar unter: https://www.onkopedia.com/de/wissensdatenbank/wissensdatenbank/neuroendokrine_neoplasien/maschmeyer_nen_cbf6-2023.pdf (zuletzt aufgerufen: 15.07.25)

(4)

Shmilov E et al. SpringerMedizin 2023. Abrufbar unter: https://www.springermedizin.de/emedpedia/detail/dgim-innere-medizin/magenlymphom?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-54676-1_319 (zuletzt aufgerufen: 15.07.25)