Journal Onkologie
Medizin
Inhaltsverzeichnis

Hirnmetastasen zeigen besonders viele genetische Auffälligkeiten

Kolorektale Karzinome entwickeln sich häufig aus zunächst gutartigen Polypen, die im Verlauf zu malignen Tumoren entarten können. Diese Tumoren weisen oft komplexe genetische Veränderungen auf – etwa den Verlust oder die Vervielfältigung bestimmter Gene. Ihre Ausprägung ist individuell verschieden und kann selbst innerhalb eines Tumors variieren. Die Mechanismen der Metastasierung gelten bislang als schwer vorhersehbar. „Wir haben mehr als 3800 Fälle von Darmkrebs nun genau untersucht und herausgefunden, dass Hirnmetastasen im Vergleich zu Leber- und Lungenmetastasen besonders viele genetische Veränderungen aufweisen“, sagt Dr. Dr. Sander.

KRAS-Gen im Fokus

Besonders im Fokus steht das KRAS-Gen, das für ein Protein kodiert, das zentral an der zellulären Signalübertragung und dem Wachstum beteiligt ist. Mutationen in KRAS kommen häufig bei Lungen-, Darm- und Pankreaskarzinomen vor und fördern das Tumorwachstum. Bei Hirnmetastasen fanden die Forschenden auffällig häufig eine Kombination aus Mutationen und Vervielfältigungen dieses Gens.

Die Besiedlung des Gehirns stellt für Tumorzellen eine besondere Herausforderung dar: Sie müssen nicht nur die Blut-Hirn-Schranke überwinden, sondern sich auch an ein Gewebe mit eingeschränkter Sauerstoffverfügbarkeit anpassen. „Das Gehirn hat selbst einen hohen Sauerstoffverbrauch. Tumorzellen mit nachgewiesenen Veränderungen im KRAS-Gen zeigen einen Vorteil bei der Anpassung an das begrenzte Sauerstoffangebot im Gehirn“, erklärt der Pathologe.

Hirnmetastasen entwickeln genetische Muster erst in späten Tumorstadien

Ein zentrales Ergebnis der Studie betrifft die Entwicklung genetischer Muster bei Metastasen: Während Leber- und Lungenmetastasen mit vergleichsweise weniger komplexen Veränderungen einhergehen, entstehen die vielfältigen genetischen Muster bei Hirnmetastasen überwiegend in späten Tumorstadien. Daraus lässt sich ableiten, dass die Art der genetischen Veränderungen mitbestimmt, in welchem Organ sich Metastasen ansiedeln. „Durch die Untersuchung von Proben aus an Darmkrebs Erkrankten, die noch keine zielgerichtete Therapie erhalten hatten, konnten wir sicherstellen, dass die beobachteten genetischen Veränderungen tatsächlich natürlich und nicht durch Einfluss neuer zielgerichteter Medikamente entstehen“, sagt Dr. Dr. Sander.

Schwachstellen gezielt therapierbar?

Neben dem verbesserten Verständnis der Metastasierung liefern die Ergebnisse auch Hinweise auf potenzielle therapeutische Angriffspunkte. Die genetische Instabilität der Tumorzellen eröffnet möglicherweise neue Strategien für gezielte Behandlungen. Dr. Dr. Sander und sein Team sehen darin einen vielversprechenden Ansatz für die Entwicklung personalisierter Therapien – mit dem Ziel, Darmkrebspatient:innen künftig individueller und wirksamer behandeln zu können.

Quelle:

Medizinische Hochschule Hannover

Literatur:

(1)

Golas M. et al. (2025) Cytogenetic signatures favoring metastatic organotropism in colorectal cancer, Nature Communications, DOI: 10.1038/s41467-025-58413-1

Stichwörter