Journal Onkologie
Kolorektales Karzinom
Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Kolonkarzinom?

Das Kolonkarzinom ist ein bösartiger Tumor des Dickdarms, der sich von der Ileozökalklappe bis zum Übergang zum Rektum erstreckt. In Deutschland werden jährlich etwa 40.000 Neuerkrankungen mit kolorektalem Karzinom diagnostiziert (Männer: ca. 20.000; Frauen: ca. 18.500). Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei Männern bei 74 Jahren und bei Frauen bei 77 Jahren. Histologisch handelt es sich in über 95% der Fälle um Adenokarzinome. Seltener treten neuroendokrine Tumoren, Lymphome, Sarkome oder Plattenepithelkarzinome auf [1].

Wie entsteht ein Kolonkarzinom?

Die Entstehung eines Kolonkarzinoms ist ein mehrstufiger, molekularer Prozess, bei dem sich normales Kolonepithel über Vorstufen zu invasivem Krebs entwickelt. Es gibt drei Hauptwege [2]:

1. Adenom-Karzinom-Sequenz:

  • Der klassische Weg: Meist beginnt die Entstehung mit einer Mutation des APC-Gens, gefolgt von Mutationen in KRAS und TP53.

  • Dieser Weg führt über dysplastische Läsionen zu Adenomen und schließlich zu invasivem Krebs.

  • Diese Sequenz betrifft ca. 80 % der Fälle und ist eng mit chromosomaler Instabilität (CIN) verknüpft.

2. Serratierte Karzinogenese

  • Ein alternativer Weg, bei dem sich hyperplastische Polypen oder sessile serratierte Adenome zu Karzinomen entwickeln.

  • Typisch ist eine BRAF-V600E-Mutation, gefolgt von epigenetischer CpG-Insel-Hypermethylierung (CIMP).

  • Dysbiose (z. B. Überwuchs von Fusobacterium nucleatum) spielt hier ebenfalls eine Rolle. Dieser Subtyp ist häufig mit proximalen Tumoren verbunden und kann eine schlechtere Prognose haben.

3. Mismatch-Repair-Defizienz (MSI-Weg)

  • Hier liegt eine Defizienz der DNA-Reparaturmechanismen vor, entweder erblich (z. B. Lynch-Syndrom) oder durch epigenetische Inaktivierung (MLH1-Promoter-Methylierung).

  • Dies führt zu Mikrosatelliteninstabilität (MSI), wodurch sich Mutationen häufen. MSI-Tumoren treten häufiger im rechten Kolon auf, haben spezielle histologische Merkmale und sprechen besser auf Immuntherapie an.

Zusätzlich können Tumorsuppressorgene (z. B. APC, TP53, PTEN, SMAD4) und Onkogene (z. B. KRAS, BRAF, HER2) bei der Entstehung und Progression von Kolonkarzinomen eine Rolle spielen. Auch chronische Entzündungen (z. B. bei Colitis ulcerosa) können eine eigene genetische Evolution der Tumorentwicklung anstoßen.

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Was sind potenzielle Risikofaktoren für die Entwicklung eines Kolonkarzinoms?

Das Risiko, an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken, wird durch folgende Faktoren erhöht [1]:

Genetische Risikofaktoren

Hereditäre Syndrome: Etwa 3 % der Neuerkrankungen sind auf definierte genetische Krankheitsbilder zurückzuführen, insbesondere:

  • Lynch-Syndrom (HNPCC): Mutationen in DNA-Mismatch-Reparaturgenen wie MLH1, MSH2, MSH6 oder PMS2.

  • Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP): Mutation im APC-Gen, führt zur Entwicklung zahlreicher Adenome im Kolon.

Familiäre Belastung

  • Erhöhtes Risiko bei Verwandten ersten Grades: Personen mit einem oder mehreren Verwandten ersten Grades, die an kolorektalem Karzinom erkrankt sind, haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko.

Entzündliche Darmerkrankungen

  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: Ein langjähriger Verlauf von Erkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn erhöht das Risiko für Kolonkarzinome.

Lebensstilbezogene Risikofaktoren

  • Ernährung: Eine ballaststoffarme, fettreiche Ernährung mit hohem Anteil an rotem oder verarbeitetem Fleisch kann das Risiko erhöhen.

  • Bewegungsmangel: Geringe körperliche Aktivität ist mit einem erhöhten Risiko assoziiert.

  • Übergewichtund Adipositas: Ein höherer Body-Mass-Index (BMI) korreliert mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko.

  • Alkoholkonsum: Regelmäßiger und hoher Alkoholkonsum kann das Risiko steigern.

  • Rauchen: Tabakkonsum ist ein bekannter Risikofaktor für verschiedene Krebsarten, einschließlich Kolonkarzinom.

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Welche Symptome treten bei einem Kolonkarzinom auf?

Es gibt keine charakteristischen Frühsymptome für die Erkrankung. Die Beschwerden können jedoch folgendermaßen klassifiziert werden [1]:

Lokale Symptome:

  • Blut im Stuhl

  • Änderungen der Stuhlgewohnheiten

  • Schmerzen, Krämpfe

  • Ileus

Allgemeinsymptome

  • ungewollte Gewichtsabnahme

  • Leistungsknick

  • Symptome der Anämie

  • paraneoplastische Syndrome

Metastasen-bedingt können weitere Symptome auftreten:

  • Ikterus und Leberinsuffizienz bei fortgeschrittener Lebermetastasierung

  • Husten und Dyspnoe bei pulmonaler und/oder pleuraler Metastasierung

  • Knochenschmerzen bei Skelettmetastasen

  • neurologische Symptome bei zerebraler Metastasierung

Wie verläuft die Vorsorgeuntersuchung beim Kolonkarzinom?

Seit April 2025 gelten in Deutschland einheitliche Empfehlungen für die Darmkrebsfrüherkennung für Frauen und Männer ab 50 Jahren. Dies bedeutet, dass beide Geschlechter ab diesem Alter die gleichen Vorsorgeangebote wahrnehmen können. Zuvor gab es unterschiedliche Altersgrenzen für Männer und Frauen.

Darmkrebs entwickelt sich oft aus zunächst gutartigen Vorstufen, den Darmpolypen. Die Früherkennung durch die Koloskopie ermöglicht es, diese Polypen frühzeitig zu erkennen und zu entfernen, wodurch die Entstehung von Krebs verhindert werden kann. Der immunologische Stuhltest dient als nicht-invasive Methode, um verstecktes Blut im Stuhl nachzuweisen, was ein Hinweis auf Darmpolypen oder Krebs sein kann.

Untersuchungsintervalle

  • Koloskopie (Darmspiegelung): Frauen und Männer können ab 50 Jahren zweimal eine Koloskopie im Abstand von zehn Jahren durchführen lassen.

  • Immunologischer Stuhltest (iFOBT): Alternativ zur Koloskopie können Frauen und Männer ab 50 Jahren alle zwei Jahre einen Stuhltest machen.

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Wie wird ein Kolonkarzinom diagnostiziert?

Die wichtigsten Untersuchungsmethoden zur Diagnose eines Kolonkarzinoms sind [4]:

  • Tastuntersuchung (rektal-digitale Untersuchung)

  • Okkultbluttest (Hämocculttest)

  • Rektoskopie (starre Spiegelung des Mastdarms bis 20 cm)

  • Sigmoidoskopie (flexible Teilspiegelung)

  • Koloskopie (flexible Spiegelung des gesamten Darms)

  • Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel (Kolonkontrasteinlauf)

Wird ein Kolonkarzinom festgestellt, schließen sich weitere Untersuchungen an. Mit diesen soll die Ausbreitung des Tumors auf benachbartes Gewebe und andere Organe bestimmt werden. Dazu gehören:

  • Ultraschalluntersuchung (Sonographie/Endosonographie)

  • Computertomographie (CT)

  • Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT)

  • Laboruntersuchungen

Welche Stadien gibt es beim Kolonkarzinom?

Die verschiedenen Stadien eines Kolonkarzinoms werden durch die Tiefe der Invasion in die Darmwand, den Befall der Lymphknoten und die Ausbreitung des Tumors auf andere Organe bestimmt [1].

Stadium 0: Bei einem Tumor im Stadium 0 – einem  Carcinoma in situ – bleibt die Krankheit in der Auskleidung des Dickdarms oder Rektums. Der Tumor wächst nicht invasiv und bildet folglich noch keine Metastasen.

Stadium I: Darmkrebs im Stadium I ist in die Darmwand eingewachsen, hat sich aber nicht über die Muskelschicht hinaus oder in benachbarte Lymphknoten ausgebreitet.

Stadium II: Das Stadium II wird in drei kleinere Stadien unterteilt:

  • Stadium IIA: In Stadium IIA hat sich der Krebs durch die Dickdarmwand ausgebreitet.

  • Stadium IIB: Im Stadium IIB ist der Darmkrebs über die Muskelschichten des Dickdarms hinaus vorgedrungen.

  • Stadium IIC: Im Stadium IIC hat sich der Krebs bereits in angrenzendes Gewebe ausgebreitet.

Stadium III: Ein Kolonkarzinom im Stadium III gilt als fortgeschrittener Darmkrebs, da die Krankheit bereits auf die Lymphknoten übergegriffen hat. Auch hier gibt es drei Unterteilungen in kleinere Stadien:

  • Stadium IIIA: Das Stadium IIIA ist gekennzeichnet durch Krebs, der über die Darmwand hinausgewachsen ist und sich auf 1 bis 3 Lymphknoten ausgebreitet hat, oder durch eine sehr frühe Läsion in der Darmwand, die sich auf 4 bis 6 Lymphknoten ausgebreitet hat.

  • Stadium IIIB: Im Stadium IIIB sind mehrere Lymphknoten befallen oder es handelt sich um einen weiter fortgeschrittenen Tumor in der Dickdarmwand, bei der 1 bis 3 Lymphknoten befallen sind. In diesem Stadium befällt der Krebs auch die Organe im Bauchraum.

  • Stadium IIIC: Im Stadium IIIC breitet sich der Krebs weiter auf nahe gelegene Lymphknoten aus und beeinträchtigt mehr angrenzendes Gewebe der Organe im Bauchraum.    

Stadium IV: Bei Patient:innen mit Darmkrebs im Stadium IV hat sich die Krankheit auf entfernte Organe wie die Leber, die Lunge oder die Eierstöcke ausgebreitet (metastasiert). Auch dieses Stadium wird in drei Stufen unterteilt:

  • Stadium IVA: Im Stadium IVA hat sich der Krebs auf ein Organ und Lymphknoten ausgebreitet, die weiter vom Dickdarm entfernt sind.

  • Stadium IVB: Im Stadium IVB hat sich der Krebs auf mehr als ein entferntes Organ und mehrere Lymphknoten ausgebreitet.

  • Stadium IVC: Im Stadium IVC hat der Krebs nicht nur die entfernten Organe und Lymphknoten befallen, sondern auch das Gewebe im Bauchraum.

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Wie wird ein Kolonkarzinom behandelt?

Die Behandlung hängt von der Art, dem molekularen Profil und dem Stadium des Dickdarmkrebses ab. Bei der Entscheidung über die beste Behandlungsmöglichkeit werden Alter, Allgemeinzustand sowie genetische Faktoren wie RAS-, BRAF- oder MSI-Status berücksichtigt. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser sind die Heilungschancen [1].

Es gibt keine einheitliche Behandlung für Kolonkarzinoms. Zu den Optionen gehören Operation und Chemotherapie; eine Strahlentherapie spielt hingegen nur in Ausnahmefällen eine Rolle (z. B. palliativ bei nicht resezierbaren Tumoren). Ziel der Therapie ist es, den Krebs vollständig zu entfernen, seine Ausbreitung zu verhindern und Symptome zu lindern. Chemotherapie kann unterstützend (adjuvant), vor (neoadjuvant) oder nach der Operation erfolgen. Die wichtigste Behandlungsoption stellt jedoch die Operation dar [1].

Chirurgische Therapie bei Darmkrebs

Die wichtigste Behandlung bei Dickdarmkrebs im Frühstadium ist in der Regel die Operation. Liegt der Krebs nur in einem Polypen vor, genügt oft eine endoskopische Polypektomie. Bei frühem Kolonkarzinom kann die lokale Entfernung ausreichen [1].

Bei fortgeschritteneren Tumoren erfolgt eine (Teil-)Kolektomie, bei der der betroffene Dickdarmabschnitt mit umliegendem Gewebe entfernt wird. Nahegelegene Lymphknoten werden dabei routinemäßig entnommen, um eine Ausbreitung zu verhindern und das Stadium präzise zu bestimmen. Je nach Ausmaß wird der gesunde Teil des Darms wieder verbunden oder es wird ein Stoma (künstlicher Darmausgang) angelegt [1].

Weitere chirurgische Verfahren [1]:

  • Endoskopie: Für kleine, oberflächlich begrenzte Tumoren wird sie minimalinvasiv eingesetzt, um Krebsgewebe zu entfernen.

  • Laparoskopische Chirurgie: Mehrere kleine Bauchschnitte ermöglichen die schonende Entfernung größerer Tumoren oder Polypen.

  • Palliative Chirurgie: Bei nicht heilbarem, fortgeschrittenem Krebs kann ein Eingriff helfen, Symptome wie eine Darmverstopfung zu lindern.

Bei Stadium II mit Risikofaktoren oder Stadium III wird in der Regel eine adjuvante Chemotherapie empfohlen. Im Stadium IV wird geprüft, ob Metastasen entfernt werden können; bei potenziell resezierbaren Leber- oder Lungenmetastasen kommt auch eine Konversionstherapie infrage, um eine spätere Resektion zu ermöglichen.

Patienten-FAQ

Häufig gestellte Fragen zum Thema Kolonkarzinom

Rund um das Thema Kolonkarzinom stellen sich für Betroffene und Angehörige oft viele Fragen: zur Diagnose, zu Behandlungsmöglichkeiten, zu Nebenwirkungen oder zum Alltag mit der Erkrankung. In dieser Patienten-FAQ finden Sie die häufigsten Fragen – und aktuelle, medizinisch fundierte Antworten, verständlich und klar erklärt.

Literatur:

(1)

Onkopedia Leitlinie zum Kolonkarzinom. Stand Januar 2025. Abrufbar unter: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/kolonkarzinom/@@guideline/html/index.html#ID0EKWAE (zuletzt aufgerufen am: 10.07.25)

(2)

Kasi A et al. Curr Colorectal Cancer Rep. 2020;16(5):97-106. DOI: 10.1007/s11888-020-00458-z

(3)

Bundesministerium für Gesundheit. „Weil früher besser ist – die wichtigsten Fragen zur Darmkrebs-Vorsorge“. Abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/frueherkennung-vorsorge/fragen-zur-darmkrebs-vorsorge.html (zuletzt aufgerufen am: 10.07.25)

(4)

Deutsche Krebsgesellschaft. „Diagnose von Darmkrebs“. Abrufbar unter: https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/darmkrebs/diagnose.html (zuletzt aufgerufen am: 10.07.25)