Künstliche Intelligenz hilft beim Erkennen gefährlicher Darmpolypen
Junge Ärzt:innen können bei der Darmspiegelung ebenso zuverlässig harmlose von gefährlichen Darmpolypen unterscheiden wie erfahrene Spezialist:innen – vorausgesetzt, sie nutzen künstliche Intelligenz (KI). Das zeigt eine medizinische Studie aus Niederösterreich [1]. Untersucht wurde dabei die Qualität der optischen Diagnose durch Endoskopie-Trainees, wenn diese von einem KI-System unterstützt werden. Mit beeindruckendem Ergebnis: Die diagnostische Treffsicherheit des medizinischen Nachwuchses lag auf dem Niveau langjährig erfahrener Kolleg:innen. Die Ergebnisse bieten das Potenzial, die Darmkrebsvorsorge sicherer, effizienter und kostengünstiger zu machen – und gleichzeitig die medizinische Ausbildung zu verbessern.
Optische Diagnose bei Koloskopie erfordert große ärztliche Erfahrung
Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten in Europa – gleichzeitig lässt er sich durch rechtzeitige Vorsorgeuntersuchungen effektiv verhindern. Die Koloskopie gilt dabei als Goldstandard. Sie erlaubt es, potenziell gefährliche Darmpolypen frühzeitig zu erkennen und zu entfernen. Doch die Einschätzung dieser Polypen – ob harmlos oder potenziell bösartig – erfordert große Erfahrung. Diese Art der Beurteilung wird als „optische Diagnose“ bezeichnet. Bislang galt: Nur langjährig erfahrene Internist:innen treffen diese Einschätzung mit der nötigen Sicherheit. Genau hier setzt die neue Studie an – mit dem Ziel, den Weg zu einer gleichwertigen Beurteilung auch für weniger erfahrene Ärzt:innen zu ebnen. Durchgeführt wurde sie an der Klinischen Abteilung für Innere Medizin 2 des Universitätsklinikums St. Pölten unter der Leitung von Prim. Priv.-Doz. Dr. Andreas Maieron.
KI-Assistenz verbessert Diagnosesicherheit: Nachwuchsärzt:innen erreichen Expert:innen-Niveau
„Wir wollten wissen: Kann künstliche Intelligenz jungen Kolleginnen und Kollegen helfen, schneller und sicherer zu werden? Die Antwort ist: Ganz klar ‚ja‘“, so Studienleiter Dr. Andreas Maieron. Der Facharzt für Gastroenterologie und Hepatologie betont: „Das ist eine seltene echte Win-Win-Situation – für die Ausbildung und für die Betroffenen.“ Das verwendete System GI Genius® analysiert während der Koloskopie in Echtzeit die aufgenommenen Bilder und unterstützt mit Hinweisen zur Einschätzung der Polypenart.
Insgesamt wurden im Rahmen der prospektiven Studie 225 Personen untersucht. Die Untersuchungen wurden von Nachwuchsärzt:innen durchgeführt, die dabei vom KI-System unterstützt wurden. Ihre Einschätzungen wurden im Nachhinein mit den Ergebnissen der histologischen Untersuchung der entfernten Polypen sowie mit den Beurteilungen erfahrener Fachkolleg:innen ohne KI-Unterstützung verglichen. Ergebnis: Bei kleinen Polypen im Enddarm (≤ 5 mm) lagen die Nachwuchsärzt:innen in über 90% der Fälle richtig, wenn sie einen Polypen als harmlos einstuften – und waren damit genauso treffsicher wie erfahrene Expert:innen. Auch das KI-System allein erreichte mit über 93% ein exzellentes Ergebnis.
Optimierte Darmkrebsvorsorge
Das bedeutet konkret: KI-gestützte Koloskopien können auch bei weniger erfahrenen Ärzt:innen zu einer sicheren und qualitativ hochwertigen Vorsorge führen. Harmlos eingeschätzte Polypen müssen unter bestimmten Voraussetzungen nicht entfernt werden – das spart Risiken, Zeit und Kosten. Damit wird die Vorsorge nicht nur effizienter, sondern möglicherweise auch zugänglicher. Für Patient:innen heißt das: mehr Sicherheit, weniger unnötige Eingriffe – und langfristig ein noch wirksamerer Schutz vor Darmkrebs.
Quelle:Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften
Literatur:
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Bernhofer S et al. Am J Gastroenterol. (2025). DOI: 10.14309/ajg.0000000000003558