Journal Onkologie
Medizin
Inhaltsverzeichnis

Hochrisiko-HPV-Viren können Krebs auslösen

HPV sind eine große Gruppe weit verbreiteter Viren, die Haut und Schleimhäute befallen. Viele HPV-Typen sind harmlos. Die sexuell übertragbaren, so genannten „Hochrisiko-Typen" aber können Krebs auslösen – unter anderem an Gebärmutterhals, Anus, Penis, Vulva, Vagina und im Rachen. Und zwar dann, wenn es dem Immunsystem nicht gelingt, das Virus zu eliminieren. Wieder andere HPV-Typen verursachen Genitalwarzen.

Hohe Krankheitslast durch HPV-bedingte Erkrankungen

In Deutschland müssen laut RKI jedes Jahr bei rund 25.000 Frauen HPV-bedingte Zellveränderungen am Gebärmutterhals operativ entfernt werden, um zu verhindern, dass Krebs entsteht. Weltweit ist Gebärmutterhalskrebs der vierthäufigste Krebs bei Frauen und führt jährlich zu über 300.000 Toten, vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.

Daten belegen Wirksamkeit aller HPV-Impfstoffe

Einer der jetzt veröffentlichten Cochrane Reviews [1] basiert auf 60 randomisiert kontrollierten Studien mit insgesamt 157.414 Teilnehmenden. Er verglich die vier HPV-Impfstoffe gegen die Hochrisiko-Typen 16 und 18, zusätzlich gegen die nicht-krebsauslösenden Typen 6 und 11, zusätzlich gegen weitere Hochrisiko-Typen sowie den hierzulande nicht zugelassenen Impfstoff gegen Hochrisikotypen 16 und 18. Die Analyse zeigt: Alle HPV-Impfstoffe schützen zuverlässig vor einer anhaltenden Infektion mit den im jeweiligen Impfstoff enthaltenen HPV-Typen. Außerdem verringern sie wahrscheinlich die Zahl der Gebärmutterhalskrebs-Vorstufen im Zeitraum bis sieben Jahre nach der Impfung. Impfstoffe, die auch gegen die HPV-Typen sechs und elf gerichtet sind, schützen zusätzlich vor Genitalwarzen.

Gute Verträglichkeit in klinischen Studien nachgewiesen

In den klinischen Studien verursachten die Impfstoffe meist nur kurzfristige, leichte unerwünschte Wirkungen wie Schmerzen, Schwellung oder Rötung an der Einstichstelle. Schwerwiegende unerwünschte Wirkungen traten nicht häufiger auf als nach einer Scheinimpfung – also nach der Impfung mit einem Placebo. „Klinische Studien können uns noch nicht das gesamte Bild liefern, da HPV-bedingte Krebserkrankungen sehr lange brauchen, um sich zu entwickeln„, sagt Co-Autorin Hanna Bergman von der Cochrane Collaboration in London. „Aber die Ergebnisse zeigen eindeutig: Die Impfstoffe verhindern wirksam die Infektionen, die später zu Krebs führen – ohne Hinweise auf ernste Sicherheitsbedenken.“

Real-World-Daten bestätigen Schutz vor Krebserkrankung

Der zweite neue Cochrane Review [2] hat 225 Beobachtungsstudien aus mehr als 40 Ländern mit Daten von über 132 Millionen Menschen berücksichtigt. Diese „Real-World„-Daten bestätigen einen entscheidenden Punkt: Auch Gebärmutterhalskrebs wird durch die Impfung wahrscheinlich verhindert – besonders, wenn junge Frauen vor ihrem ersten Kontakt mit dem Virus geimpft worden sind. Konkret bedeutet das beispielsweise für Mädchen, die vor dem 16. Geburtstag geimpft wurden: Ihr Risiko, im überblickten Zeitraum von zehn bis 14 Jahren nach der Impfung an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, ist wahrscheinlich um 80% niedriger als bei Nichtgeimpften. Der Schutzeffekt der HPV-Impfung ist also bereits im frühen Erwachsenenalter nachweisbar. Dieses Ergebnis beruht auf der Auswertung von zwei großen Kohortenstudien aus Schweden und Schottland sowie einer kleinen aus Indien. Zusammengenommen wurden die Teilnehmenden dabei gut 4,5 Millionen Jahre lang beobachtet. „Wir sehen weltweit klare und konsistente Belege dafür, dass HPV-Impfungen Gebärmutterhalskrebs verhindern“, sagt Nicholas Henschke, Co-Autor der Reviews, von der Cochrane Collaboration in London.

Keine Hinweise auf schwere Nebenwirkungen gefunden

Die Review-Autor:innen suchten in den Beobachtungsstudien auch nach Hinweisen auf ein erhöhtes Risiko für schwere unerwünschte Wirkungen – etwa das posturale orthostatische Tachykardiesyndrom, das chronische Fatigue-Syndrom, das Guillain-Barré-Syndrom, neurologische Störungen, eine vorzeitig nachlassende Funktion der Eierstöcke oder Unfruchtbarkeit. Solche Hinweise fanden sie aber nicht. „Ein wichtiges Ergebnis des Reviews ist: Wir haben keinen Kausalzusammenhang gefunden zwischen der Impfung und häufig berichteten Nebenwirkungen, die oft in Sozialen Medien diskutiert werden", so Nicholas Henschke.

Weiterer Forschungsbedarf bei Männergesundheit

Weiteren Forschungsbedarf sehen die Review-Autor:innen unter anderem mit Blick auf die Männergesundheit: Aus den bisher vorliegenden Daten – das zeigen ihre beiden neuen Reviews – lassen sich noch keine allgemeinen, belastbaren Aussagen zur Krebsvermeidung durch die HPV-Impfung ableiten. Außerdem wollten die Cochrane-Autor:innen eigentlich auch klären, ob bei jüngeren Kindern schon eine Impfdosis ebenso gut schützen würde wie die zwei bis drei Dosen, die Kinder und Jugendliche bislang üblicherweise bekommen. Doch auch zu dieser Frage fanden sie noch nicht genügend Daten.

HPV-Impfung nach Gebärmutterhalskrebs-Vorstufen wirksam

Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

HPV-Impfung nach Gebärmutterhalskrebs-Vorstufen wirksam

Jetzt lesen
Quelle:

Cochrane Deutschland

Literatur:

(1)

Morrison J et al. (2025) Human papillomavirus (HPV) vaccination for the prevention of cervical cancer and other HPV‐related diseases: a network meta‐analysis, Cochrane Library, DOI: 10.1002/14651858.CD015364.pub2

(2)

Henschke N et al. (2025) Effects of human papillomavirus (HPV) vaccination programmes on community rates of HPV‐related disease and harms from vaccination, Cochrane Library, DOI: 10.1002/14651858.CD015363.pub2

Stichwörter