Journal Onkologie
Medizin

Herr Professor Tasdogan, die Dermato-Onkologie hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Gleichzeitig werden Tumortherapien immer komplexer. Welche Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der personalisierten Behandlung beim Melanom?

Prof. Tasdogan: Der Tumor-Metabolismus, das Mikrobiom und die Immuntherapie sind drei eng miteinander verflochtene Forschungsbereiche, die in der Behandlung des malignen Melanoms an Signifikanz gewinnen.

Tumorzellen haben einen veränderten Stoffwechsel, der sich vom normalen Zellstoffwechsel unterscheidet – der sogenannte Tumor-Metabolismus. Was bedeutet das bei der Entwicklung individualisierter Immuntherapien für Hautkrebspatienten?

Prof. Tasdogan: Melanomzellen zeigen charakteristische metabolische Veränderungen, insbesondere eine verstärkte Glykolyse, den sogenannten „Warburg-Effekt“, auch unter Sauerstoffbedingungen. Diese Umprogrammierung unterstützt das schnelle Zellwachstum und beeinflusst das Tumormikromilieu negativ, indem sie zu einer Ansäuerung führt und die Funktion von Immunzellen hemmt. Zudem können Melanomzellen alternative Stoffwechselwege nutzen, wie die Glutaminolyse oder den Lipidstoffwechsel, um Energie zu gewinnen und dem Immunsystem zu entkommen.

Diese metabolische Reprogrammierung kreiert eine immununterdrückende Mikroumgebung, die die Effektivität von Immuntherapien – insbesondere von Checkpoint-Inhibitoren wie Anti-PD-1 oder Anti-CTLA-4 – potenziell beeinträchtigen kann. Des Weiteren wird erforscht, inwiefern sich der Tumorstoffwechsel durch Medikamente beeinflussen lässt, um die Mikroumgebung für Immunzellen günstiger zu gestalten.

Auch das Mikrobiom wird immer besser erforscht. Die Darmmikrobiota, ein komplexes Ökosystem von Mikroorganismen, hilft nicht nur bei der Verdauung von Nahrung und der Aufnahme von Nährstoffen, sondern beeinflusst auch das Immunsystem – die Immunabwehr wird unterstützt, Krankheitserreger werden bekämpft. Was bedeutet das mit Blick auf eine Immuntherapie bei Hautkrebs?

Prof. Tasdogan: In den vergangenen zehn Jahren konnten Korrelationen zwischen der Zusammensetzung der Darmmikrobiota und den Behandlungsergebnissen von Krebspatienten, die mit einer Immuntherapie behandelt werden, festgestellt werden. Die aktuelle Forschung zu diesem Themengebiet deutet darauf hin, dass Darmbakterien auf distale Tumore auf unterschiedliche Weise, unter anderem durch die Produktion von Metaboliten, Einfluss nehmen. Zudem zeigt sich, dass dieses komplexe Ökosystem genutzt werden kann, um die primäre Resistenz gegen Immun-Checkpoint-Inhibitoren zu umgehen.

Bestimmte Bakterienarten können die Reaktion des Immunsystems modulieren und dadurch die Wirksamkeit von Behandlungen wie Immuncheckpoint-Inhibitoren beeinträchtigen. Das Verständnis des Einflusses der Darmmikrobiota eröffnet Möglichkeiten zur Optimierung der Wirksamkeit von Immuntherapien. Zu den potenziellen Strategien zur Überwindung der Resistenz gegen Immuntherapien zählt die Beeinflussung der Mikrobiota durch Ernährung, Probiotika oder fäkale Mikrobiota-Transplantation.

Inwiefern kann das entscheidend sein für eine erfolgreiche Melanombehandlung?

Prof. Tasdogan: Es zeigt sich insgesamt, dass der Erfolg moderner Melanomtherapien nicht nur von der Art des Tumors, sondern auch von der Wechselwirkung systemischer Faktoren wie dem Mikrobiom und dem metabolischen Zustand des Tumors abhängt. Ein kombinierter Therapieansatz, welcher diese Faktoren berücksichtigt, lässt eine verbesserte Prognose für unsere Patienten erwarten.

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Quelle:

Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO)