Journal Onkologie
Entitätsübergreifend

Insgesamt sind heute etwa 60-70 verschiedene KPS bekannt. Manche Betroffene haben „nur“ ein leicht erhöhtes Krebsrisiko, während andere nahezu sicher in jungen Jahren an Krebs erkranken.

Beispiele für bekannte Syndrome

  • Li-Fraumeni-Syndrom (LFS): Verur­sacht durch Mutationen im TP53-Gen, erhöht es das Risiko für eine Vielzahl von Tumoren bereits in jungen Jahren.

  • Fanconi-Anämie: Eine erbliche Erkrankung, die nicht nur mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergeht, sondern auch Fehlbildungen und Knochenmarkversagen zur Folge haben kann.

  • Ataxia teleangiectasia (AT): Neben einem hohen Risiko für Leukämien und Lymphome leiden Betroffene an Immunstörungen und neurologischen Symptomen.

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Typische Hinweise, die eine genetische Abklärung sinnvoll machen

  • Krebsdiagnosen in jungen Jahren, besonders vor dem 18. Lebensjahr

  • Häufung bestimmter Krebsarten in der Familie, insbesondere Brustkrebs, Darmkrebs oder Sarkome

  • Zusätzliche Auffälligkeiten wie Wachstumsverzögerungen, Fehlbildungen oder Immundefekte

Hier spielt die Familienanamnese eine entscheidende Rolle. Werden mehrere Fälle von Krebs in jungen Jahren oder ähnliche Muster über Generationen hinweg beobachtet, kann eine genetische Testung sinnvoll sein. Diese erfolgt über eine humangenetische Beratung und eine Blutuntersuchung, um potenzielle Genveränderungen festzustellen. Nicht für alle Syndrome gibt es etablierte Versorgungsstrukturen: Während für BRCA-Mutationen bei Brustkrebs oder Lynch-Syndrom beim Darmkrebs spezialisierte Programme existieren, fehlen solche für seltenere KPS. Um diese Lücke zu schließen, wurde an der Medizinischen Hochschule Hannover eine spezialisierte Ambulanz gegründet. Hier erhalten Betroffene nicht nur eine langfristige Begleitung, sondern auch Zugang zu speziellen Vorsorgeprogrammen. Ein zentrales Element ist die Früherkennung, um Tumoren möglichst frühzeitig zu entdecken und damit die Heilungschancen zu erhöhen. Beispielsweise erhalten LFS-Patient:innen regelmäßig Ganzkörper-Magnetresonanztomographien (MRT), um neue Tumoren frühzeitig zu erkennen.

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Die Forschung zu KPS schreitet stetig voran. Eines der vielversprechenden Projekte ist eine Studie zu Metformin. Parallel wird intensiv an neuen Methoden zur Früherkennung geforscht. So könnten in Zukunft Liquid Biopsies, also blutbasierte Tests, helfen, Krebserkrankungen noch früher aufzuspüren. Diese Technik nutzt zirkulierende Tumor-DNA im Blut als Bio­marker für Krebserkrankungen. Das von der Deutschen Kinderkrebsstiftung finanzierte KPS-Register spielt eine entscheidende Rolle im Verständnis der Erkrankung. Durch die Sammlung von Daten vieler Patient:innen konnten neue Risikofaktoren identifiziert werden, die helfen, personalisierte Vorsorgestrategien zu entwickeln.

Laut Kratz wird es in Zukunft besonders wichtig sein, spezielle Krebstherapien für KPS-Betroffene zu entwickeln. Viele der aktuellen Therapien sind nicht optimal auf diese Patientengruppe abgestimmt. Immuntherapien oder gezielte molekulare Therapien könnten hier Verbesserungen bringen. Eine weitere spannende Entwicklung ist die mögliche Entwicklung von Krebsimpfungen. Eine genetische Krebsprädisposition zu haben, bedeutet oft eine enorme psychische Belastung. Viele Betroffene leben mit dem Bewusstsein, dass sie oder ihre Kinder mit hoher Wahrscheinlichkeit an Krebs erkranken werden. Psychoonkologische Betreuung ist nicht flächendeckend verfügbar, und viele Ambulanzen sind nicht darauf ausgelegt, langfristige Begleitung anzubieten. Selbsthilfegruppen wie die Li-Fraumeni Association bieten Betroffenen und ihren Familien Austausch und Unterstützung.

Hören Sie sich die ganze O-Ton Onkologie-Podcast-Folge (7. Staffel, Folge 4) „Krebsprädispositionssyndrome“ mit Prof. Dr. Christian Kratz und Antje Blum an. Weiterführende Links gibt es in den Shownotes.

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