Beruflicher Wiedereinstieg nach Krebs: Unterstützung durch Onkolots:innen
Daniela TennieDer berufliche Wiedereinstieg stellt für viele Krebsüberlebende („Cancer Survivors“) einen zentralen Schritt in die Normalität dar – sowohl emotional als auch im Hinblick auf soziale Teilhabe und finanzielle Stabilität. Doch körperliche Einschränkungen, psychische Belastungen und komplexe bürokratische Anforderungen können diesen Weg erheblich erschweren. Besonders Frauen sind aufgrund prekärer Beschäftigungsverhältnisse überdurchschnittlich betroffen. Laut Destatis arbeiten 66% der erwerbsfähigen Frauen in Anstellungsformen mit geringer sozialer Absicherung – etwa in Teilzeit, befristet oder geringfügig, was ihre Chancen auf eine stabile Rückkehr in das Erwerbsleben zusätzlich schmälert [1, 2].
Eine Langzeitstudie der Universität Heidelberg zeigt, dass rund zwei Drittel der an Krebs Erkrankten wieder in den Beruf zurückkehren. Doch etwa ein Drittel reduziert dabei dauerhaft die Arbeitszeit, und ein Viertel wechselt die berufliche Position. Die Herausforderung besteht nicht allein in der Rückkehr, sondern in ihrer nachhaltigen Gestaltung [3].
Die Rolle der Onkolots:innen
Onkolots:innen begleiten Betroffene durch das komplexe Gesundheitssystem und stehen ihnen in der Phase der beruflichen (Re-)Integration mit organisatorischer, emotionaler und praktischer Unterstützung zur Seite. Dabei geht es nicht nur um Informationen zu Rechten und Leistungen, sondern auch um die realistische Einschätzung der eigenen Belastbarkeit, um individuelle Perspektiven und um psychosoziale Stabilisierung. Der Großteil meiner Beratungen findet telefonisch statt. Die Themen reichen von Fragen zur stufenweisen Wiedereingliederung über den Umgang mit Arbeitgeber:innen bis hin zu psychosozialen Belastungen. Die Gespräche dauern je nach Anliegen zwischen 30 und 60 Minuten und unterliegen selbstverständlich der Schweigepflicht.
Fallbeispiel: Marias Weg zurück in den Beruf
Maria, 38 Jahre, Mutter zweier Kinder, arbeitete als Erzieherin, bevor sie an Brustkrebs erkrankte. Nach intensiver Therapie stand sie vor der Herausforderung, Beruf und Familie trotz verminderter Belastbarkeit zu vereinen. Ihre Zweifel betrafen nicht nur die eigene Leistungsfähigkeit, sondern auch die körperlichen Anforderungen im Kita-Alltag.
Als Onkolotsin begleitete ich Maria bei der Klärung ihrer Möglichkeiten, vermittelte Informationen zu stufenweisen Wiedereingliederungsprogrammen, bereitete Gespräche mit ihrem Arbeitgeber vor und unterstützte bei Anträgen. Ergänzend erfolgte die Vermittlung an eine psychosoziale Beratungsstelle zur Bearbeitung von Ängsten und Erschöpfungssymptomen. Heute arbeitet Maria mit reduzierter Stundenanzahl wieder in ihrem Beruf und berichtet von einer besseren Balance zwischen Arbeit und Privatleben.
Unterstützungsangebote im Überblick
Onkolots:innen bieten:
Beratung zu beruflichen Möglichkeiten und Wiedereingliederungsmodellen
Psychosoziale Unterstützung bei Ängsten und Erschöpfung
Begleitung bei Antragstellungen (z.B. Reha, Teilhabe am Arbeitsleben)
Vermittlung an Fachberatungsstellen und Coaches
Unterstützung bei der Kommunikation mit Arbeitgeber:innen
Information über Fördermöglichkeiten und Weiterbildungen
Hinweise zur gesundheitsgerechten Arbeitsplatzgestaltung
„Ich habe selbst eine Krebserkrankung durchlebt und weiß, wie entscheidend unterstützende Begleitung in dieser Phase ist. Ein offenes Ohr, gezielte Informationen und das Gefühl, nicht allein zu sein – das macht oft den Unterschied.“
Fazit
Der Weg zurück in den Beruf ist mehr als eine administrative Herausforderung – er ist Teil des individuellen Gesundungsprozesses. Für onkologisch tätige Ärzt:innen kann die Zusammenarbeit mit Onkolots:innen ein wertvoller Beitrag zur umfassenden Nachsorge sein. Die multiprofessionelle Unterstützung ermöglicht nicht nur bessere individuelle Ergebnisse, sondern fördert auch die nachhaltige Teilhabe am Arbeitsleben.
Daniela Tennie
60598 Frankfurt am Main
Literatur:
- (1)
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/03/PD22_N012_12.html (zuletzt abgerufen am 17.07.2025).
- (2)
https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/detail/nach-krebs-zurueck-in-den-job-fuer-frauen-nicht-immer-leicht (zuletzt abgerufen am 17.07.2025).
- (3)
https://www.umh.de/einrichtungen/institute/medizinische-soziologie/forschung/forschungsprojekte/laufende-forschungsprojekte/soziale-ungleichheiten-in-der-beruflichen-wiedereingliederung-und-der-sozialen-mobilitaet-von-krebspatientinnen-in-mitteldeutschland-mobil-md (zuletzt abgerufen am 17.07.2025).