Journal Onkologie
Medizin
Inhaltsverzeichnis

Mundhöhlenkrebs: Früherkennung entscheidet über Heilungschancen

Mundhöhlenkrebs äußert sich häufig durch anhaltende Schleimhautveränderungen wie weiße oder rote Flecken – diese Zeichen sollten besonders ernst genommen werden, wenn sie länger als zwei Wochen bestehen und nicht abheilen. „Je früher ein Tumor erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Im Frühstadium lässt sich Mundhöhlenkrebs durch eine Operation oft vollständig entfernen, mit einer Überlebensrate von mehr als 90%“, betont Prof. Dr. Dr. dent. Urs Müller-Richter, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Kopf- und Halschirurgie am Universitätsklinikum Würzburg. „Mit zunehmendem Tumorstadium wird die Therapie jedoch komplexer, und die Risiken eines Rückfalls oder einer Metastasierung steigen.“

Perioperative Immuntherapie mit Pembrolizumab verschiebt Behandlung in kurative Situation

Bislang war Pembrolizumab in Deutschland vor allem für Patient:innen zugelassen, die bereits operiert und/oder bestrahlt worden waren oder für die solche Behandlungen nicht mehr infrage kamen – eine Situation, die meist einem weit fortgeschrittenen Krankheitsstadium entsprach. „Der Einsatz von Pembrolizumab war somit für unsere Mundhöhlenkrebspatienten vor allem eine Option in palliativen Situationen. Die neue Studienlage ändert das grundlegend“, erklärt Prof. Müller-Richter. Die Studie mit dem Namen Keynote-689, die im New England Journal of Medicine (NEJM) im Juni 2025 erschienen ist [1], untersuchte den Nutzen der Zugabe von perioperativem Pembrolizumab zur Standardbehandlung mit Operation und ergänzender Therapie bei Patient:innen mit lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom im Kopf- und Halsbereich (HNSCC). Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Zugabe von Pembrolizumab zu weniger Rezidiven bei lokal fortgeschrittenem HNSCC führt.

Zulassung jetzt auch für lokal fortgeschrittene Tumorstadien

Mit der neuen positiven Nutzenbewertung der deutschen Arzneimittelbehörde vom 27. Oktober 2025 ist Pembrolizumab nun auch für die Behandlung von lokal fortgeschrittenem, aber noch heilbarem Kopf-Hals-Karzinom – einschließlich Mundhöhlenkrebs – zugelassen. „Die Therapie beginnt bereits vor der Operation und wird bis etwa sechs Monate nach der Strahlentherapie fortgeführt“, berichtet Prof. Müller-Richter. Nicht zugelassen ist Pembrolizumab hingegen für sehr frühe Tumorstadien, in denen eine alleinige Operation ausreicht und die Gabe des immunonkologischen Medikaments weder notwendig noch sinnvoll wäre, so der DGMKG-Experte. Die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie nutzt das Potenzial von Pembrolizumab seit vielen Jahren. „Was jetzt neu ist, ist, dass wir in der heilbaren Situation eine zusätzliche Möglichkeit bekommen, unseren Patienten besser zu helfen“, betont Prof. Müller-Richter. „Es ist damit beides: eine zusätzliche Option, die aber eine echte Chance bietet, den Krebs bei unseren Patienten zu besiegen. Als DGMKG und besonders in den zertifizierten Kopf-Hals-Tumorzentren werden wir diese Therapie gemeinsam mit allen beteiligten Fachdisziplinen anbieten.“

Krankenkassen übernehmen Kosten für Pembrolizumab

Auch finanziell sind Betroffene abgesichert: Die Kostenübernahme für Pembrolizumab durch die gesetzlichen Krankenkassen ist für die neu zugelassene Indikation gewährleistet. Gleichzeitig gilt die Behandlung als vergleichsweise gut verträglich. Allerdings können immunonkologische Medikamente wie Pembrolizumab immunvermittelte Nebenwirkungen hervorrufen, etwa entzündliche Reaktionen der Lunge, Schilddrüse oder anderer Organe – ähnlich wie bei Autoimmunerkrankungen. „Das klingt zunächst bedrohlich, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle können diese Nebenwirkungen sehr gut mit Kortison behandelt werden, sodass die Tumortherapie anschließend fortgeführt werden kann“, erklärt Prof. Müller-Richter weiter. Insgesamt zeigen Studien, dass Pembrolizumab deutlich besser verträglich ist als herkömmliche platinbasierte Chemotherapien.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

R/M HNSCC: Carboplatin, Paclitaxel und Cetuximab als Zweitlinientherapie nach Fortschreiten der Erkrankung unter Immuntherapie

Jetzt lesen
Quelle:

Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG)

Literatur:

(1)

Uppaluri R et al. N Engl J Med 2025;393:37-50. DOI: 10.1056/NEJMoa2415434

Stichwörter