CAR-T-Zelltherapie: Nebenwirkungen im Fokus
Die Immuntherapie mit CAR-T-Zellen findet immer neue Anwendungen und wird, neben dem Einsatz in der Hämatologie inzwischen auch für solide Tumore und verschiedene Autoimmunerkrankungen untersucht. Mit den zunehmenden Indikationen und Patientenzahlen rückt das Thema der Nebenwirkungen dieser innovativen Therapie noch dringlicher in den Fokus. Forschende haben nun eine Strategie vorgeschlagen, um auch neuartigen Nebenwirkungen systematisch und schneller als bisher zu begegnen [1].
Langfristige Risiken von CAR-T-Zelltherapien: Infektionen als zentrales Problem
Weil mehr Patient:innen dank der CAR-T-Zelltherapie viele Jahre überleben, geraten zunehmend auch langfristige Nebenwirkungen in den Blick. Beispiele sind Entzündungen im Nervensystem, länger anhaltende Blutbildveränderungen und Zweittumore - vor allem aber im großen Stil Infektionen. „Das liegt daran, dass die im Körper verbleibenden CAR-T-Zellen andere Immunzellen, nämlich die B-Zellen, zerstören, was schlussendlich zu einem Antikörpermangel führt“, sagt Dr. Kai Rejeski vom LMU Klinikum in München, „außerdem können anhaltende Zytopenien und langfristig erniedrigte körpereigene T-Zellen, etwa durch die initiale Lymphodepletion, das Immunsystem nachhaltig schwächen.“
Standardisierte Erfassung: Basis für bessere Versorgung
Um Infektionen systematisch zu erkennen und zu behandeln, sind strukturierte Daten aus der klinischen Praxis entscheidend. „Wir benötigen für CAR-T-assoziierte Infektionen neue Reporting-Systeme mit definierten Standards“, fordert Rejeski. Diese sollen Fragen klären wie: Wann trat die Infektion auf – in den ersten 30 Tagen oder später? Handelte es sich um Bakterien, Viren oder Pilze? Wie schwer verlief die Infektion? Tritt sie im stationären oder ambulanten Setting auf? Gab es eine prophylaktische Therapie? Nur so lassen sich Infektionsrisiken verschiedener CAR-T-Produkte vergleichbar bewerten.
IAGO: Ein Konzept für strukturierte Nebenwirkungsanalyse
Unterstützen soll dabei die Strategie IAGO (Identification – Attribution – Grading – Optimization). Sie bietet einen Rahmen, um neu auftretende Nebenwirkungen wie Infektionen, neurologische Ereignisse oder Zweittumoren systematisch zu adressieren. Im ersten Schritt geht es um die Identifikation und Beschreibung von Nebenwirkungen nach ihrer Häufigkeit, Schwere und Beständigkeit. Im zweiten, der „Attribution“, darum, ob auftretende Nebenwirkungen wirklich kausal auf die Behandlung zurückzuführen sind. Der dritte Schritt, die Etablierung eines Grading-Systems, dreht sich um die klinische Bewertung der Nebenwirkung nach einem einheitlichen System. Einmal etabliert, sollten es alle Behandler verwenden. Und abschließend: die „Optimization“, also die Optimierung des Managements der beschriebenen Nebenwirkung mittels neuer Therapieansätze.
„Das alles“, so Rejeski, „ist der Rahmen, um den Nebenwirkung Herr zu werden.” Und eine zentrale Aufgabe der Ärzt:innen und Forschenden, die die CAR-T-Zelltherapie in den kommenden Jahren nutzen.
Quelle:LMU Klinikum München
Literatur:
- (1)
Rejeski K. et al. (2025) Noncanonical and mortality-defining toxicities of CAR T cell therapy. Nat Med (2025), DOI: 10.1038/s41591-025-03813-5.