Neuer Transportmechanismus verbessert Gentherapie
Verfahren zur gezielten Genom-Editierung, etwa mit CRISPR-basierten Werkzeugen, gelten als vielversprechende Therapieoption bei genetischen Erkrankungen. Doch ein zentrales Problem bleibt: der zuverlässige und präzise Transport der Gen-Editoren in die Zielzellen. Bisher verwendete Trägersysteme wie Adeno-assoziierte Viren oder Lipid-Nanopartikel stoßen an Grenzen – etwa durch geringe Effizienz, verlängerte Verweildauer im Körper oder immunologische Reaktionen. Ein neues System namens ENVLPE (Engineered Nucleocytosolic Vehicles for Loading of Programmable Editors) soll diese Hürden überwinden.
ENVLPE: Virusähnlich, nicht infektiös – und hoch effizient
Das von Helmholtz Munich entwickelte ENVLPE-System basiert auf modifizierten, nicht-infektiösen viralen Hüllen. Diese dienen als Transportvehikel für Base- und Prime-Editoren, die punktuelle Veränderungen oder gezielte Insertionen im Genom ermöglichen. Entscheidend ist dabei ein präzise gesteuerter zellulärer Verpackungsprozess: Dieser stellt sicher, dass nur korrekt zusammengesetzte und funktionale Editoren in die Partikel integriert werden. Zusätzlich schützt eine molekulare „Schutzkappe“ empfindliche Komponenten wie guide-RNAs während des Transports.
Wiederherstellung des Sehvermögens im Mausmodell
In Kooperation mit der University of California Irvine wurde ENVLPE in einem Tiermodell für erbliche Blindheit getestet. Nach subretinaler Injektion des Systems zur Korrektur einer Mutation im Rpe65-Gen reagierten die zuvor blinden Mäuse wieder auf Lichtreize. Im Vergleich zu konventionellen Systemen benötigte ENVLPE eine deutlich geringere Dosis für ähnliche therapeutische Effekte – ein Hinweis auf die hohe Effizienz und Stabilität der Plattform.
Fortschritte in der T-Zell-Therapie: Der Weg zu universellen Immunzellen
Neben der in vivo-Gentherapie lässt sich ENVLPE auch für ex vivo-Zelltherapien nutzen. In einem weiteren Anwendungsfeld gelang es dem Team, mit ENVLPE bestimmte Oberflächenmoleküle von T-Zellen gezielt zu entfernen – insbesondere solche, die beim Empfänger eine Immunreaktion auslösen könnten. Damit ebnet das System den Weg für universell einsetzbare T-Zellen, die nicht mehr individuell angepasst werden müssen. Dies könnte die Produktion von Krebs-Immuntherapien skalierbarer und kosteneffizienter machen.
Perspektive: Zielgerichtete Editierung und translationale Anwendung
Das Forschungsteam arbeitet derzeit an der Weiterentwicklung von ENVLPE zur gezielten Anwendung in bestimmten Zell- oder Gewebetypen. KI-gestütztes Protein-Design sowie die Nutzung biologischer Diversität sollen die Spezifität weiter verbessern. Langfristig wird eine klinische Anwendung angestrebt, unter anderem durch Kooperationen mit der pharmazeutischen Industrie und die Beantragung translationaler Fördermittel. Ziel ist es, die Plattformtechnologie auf verschiedene Krankheitsbilder auszuweiten und für die Patient:innen nutzbar zu machen.
Quelle:Helmholtz Munich
Literatur:
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Geilenkeuser J. et al., 2025: Engineered nucleocytosolic vehicles for loading of programmable editors. Cell, DOI: 10.1016/j.cell.2025.03.015.