Mammographie-Screening zeigt nachhaltige Wirkung auf Brustkrebssterblichkeit
Das bundesweite Mammographie-Screening-Programm, das vor 20 Jahren eingeführt wurde, senkt die Brustkrebssterblichkeit bei Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren deutlich. Eine neue Studie mit Beteiligung des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS zeigt, dass die Brustkrebssterblichkeit unter Teilnehmerinnen um 20–30% zurückging [1]. Die Ergebnisse wurden in Berlin im Rahmen einer Veranstaltung mit Vertreter:innen aus Politik und Wissenschaft vorgestellt.
Aktualisierte Evidenz unter modernen Bedingungen
Frühere Empfehlungen zum Nutzen des Screenings stützten sich auf Studien aus den 1970er- und 1980er-Jahren. Ziel der Untersuchung war es daher, den Nutzen des Mammographie-Screenings unter heutigen medizinischen und diagnostischen Rahmenbedingungen neu zu bewerten. Laut Studienleiterin bestand der konkrete Auftrag darin, zu prüfen, ob das Programm auch heute noch einen nachweisbaren Beitrag zur Reduktion der Brustkrebssterblichkeit leistet. Dieser Nachweis ist entscheidend, da Screening-Programme stets mit möglichen Nachteilen verbunden sind. Dazu zählen unter anderem Überdiagnosen, also die Entdeckung von Tumoren, die klinisch nicht relevant geworden wären, sowie das mit der Mammographie verbundene Strahlenrisiko.
Diese potenziellen Risiken waren nicht Gegenstand der aktuellen Studie, sondern wurden bereits in anderen wissenschaftlichen Arbeiten untersucht. Im Fokus stand ausschließlich die Nutzenkomponente.
Prof. Dr. Ulrike Haug, Leiterin der Abteilung Klinische Epidemiologie und stellvertretende Institutsdirektorin am BIPS erklärt: „Unsere Ergebnisse bestätigen, dass die Teilnahme am Mammographie-Screening das Risiko, an Brustkrebs zu versterben, deutlich senkt. Dank des Einsatzes moderner Methoden der kausalen Inferenz sind die Ergebnisse sehr belastbar. Zum einen konnten wir Verzerrungen durch die Art des Studiendesigns vermeiden. Zum anderen konnten wir sicherstellen, dass die unterschiedlichen Risikoprofile zwischen Teilnehmerinnen und Nicht-Teilnehmerinnen adäquat berücksichtigt wurden. Umfassende begleitende Analysen bestätigten die Belastbarkeit unserer Ergebnisse. [...]"
Datenbasis: Krankenkassen- und Bevölkerungsdaten kombiniert
Die Studie kombinierte zwei methodisch unterschiedliche Auswertungsansätze. Der kassenbasierte Ansatz wurde vom BIPS verantwortet und stützte sich auf Daten von vier gesetzlichen Krankenkassen, die zusätzlich um Informationen der BARMER ergänzt wurden. Auf diese Weise konnten 37% der Frauen im anspruchsberechtigten Alter in Deutschland erfasst werden.
Parallel dazu erfolgte eine bevölkerungsbasierte Auswertung durch die Universität Münster. Diese bezog sich auf Nordrhein-Westfalen und nutzte vollständig die Daten des Landeskrebsregisters sowie des statistischen Landesamts des Bundeslands.
Trotz der unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen kamen beide Ansätze übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Teilnahme am Mammographie-Screening die Brustkrebssterblichkeit um 20–30% reduziert. Das entspricht etwa jedem vierten Todesfall, der durch eine frühzeitige Diagnose vermieden werden konnte. Diese Konsistenz unterstreicht die Robustheit und Aussagekraft der Ergebnisse.
Hintergrund und rechtlicher Rahmen des Mammographie-Screenings
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jede achte Frau in Deutschland erkrankt im Laufe ihres Lebens daran, jährlich endet die Erkrankung für etwa 18.500 Frauen tödlich.
Das Mammographie-Screening-Programm ist das erste systematische Krebsfrüherkennungsprogramm nach europäischen Qualitätsstandards in Deutschland und gilt als das größte Screening-Programm Europas. Anspruchsberechtigte Frauen erhalten eine schriftliche Einladung zur Untersuchung. Die Teilnahme ist freiwillig und erfolgt in einer von bundesweit 95 zertifizierten Screening-Einheiten. Das Programm richtet sich ausschließlich an symptomfreie Frauen; bei bestehenden Symptomen oder bereits diagnostiziertem Brustkrebs erfolgt die Abklärung im Rahmen der Regelversorgung.
Röntgenuntersuchungen zur Früherkennung – wie die Mammographie – sind bei gesunden, symptomfreien Menschen gesetzlich nur zulässig, wenn sie vom Bundesumweltministerium zugelassen wurden. Dabei muss der nachgewiesene Nutzen das mit der Strahlenbelastung verbundene Risiko klar überwiegen. Für das Mammographie-Screening-Programm wurde diese Nutzen-Risiko-Abwägung Anfang der 2000er Jahre positiv bewertet. Seit 2018 liegt die Zuständigkeit für diese Bewertungen beim Bundesamt für Strahlenschutz.
Quelle:Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie - BIPS
Literatur:
- (1)
Evaluation der Brustkrebsmortalität im deutschen Mammographie-Screening-Programm, abrufbar unter: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0221-2025062052653