Lungenkrebsforschung: Med Uni Graz untersucht Einfluss von Blutveränderungen
Lungenkrebs zählt weltweit zu den tödlichsten Krebserkrankungen. Oft wird er erst spät entdeckt – und obwohl sich die Behandlungsmöglichkeiten in der Onkologie verbessert haben, ist die Überlebensrate weiterhin gering. Warum manche Menschen eine erhöhte Krebsanfälligkeit haben oder weniger gut auf Therapien ansprechen, bleibt eine der großen offenen Fragen. Eine mögliche Antwort darauf kommt aus einem unerwarteten Bereich: dem Blut. Im europäischen Forschungsprojekt SARAH untersucht ein Team der Medizinischen Universität Graz den Zusammenhang zwischen genetischen Veränderungen im blutbildenden System, der sogenannten klonalen Hämatopoese, und der Entstehung von Lungenkrebs.
CHIP: Wenn Blut zur Risikoquelle wird
Mit dem Alter häufen sich Veränderungen im Erbgut blutbildender Stammzellen. Diese führen zur klonalen Hämatopoese von unbestimmtem Potenzial (CHIP), einer meist unbemerkten Veränderung im Blut, die das Risiko für Blutkrebs, aber auch für Tumoren wie Lungenkrebs erhöhen kann. Die Mechanismen dahinter sind noch weitgehend unklar, doch das internationale Forschungsteam verfolgt einen vielversprechenden Ansatz: „Wir vermuten, dass CHIP-veränderte Blutzellen entzündungsfördernde Botenstoffe produzieren, die das Tumorwachstum begünstigen oder Krebstherapien abschwächen“, erklärt Prof. Dr. Michael Dengler von der Klinischen Abteilung für Onkologie, der das Projekt seitens der Med Uni Graz leitet.
Präzision, Translation, Innovation in der molekularen Onkologie
Im Rahmen von SARAH bringt die Med Uni Graz ihre Expertise in molekularer Onkologie und Tumorimmunologie ein. Aufbauend auf bestehenden Arbeiten zur Identifikation neuer molekularer Krebstreiber verfolgt das Team einen translationalen Ansatz:
Mithilfe von CRISPR-Cas9, einer biotechnologischen „Genschere“ zur gezielten Veränderung von DNA, und klinisch relevanten Krebsmodellen wird die Rolle von CHIP bei Lungenkrebs untersucht.
Parallel dazu werden Gewebeproben von Patient*innen analysiert, um die Ergebnisse in den klinischen Kontext zu übertragen.
Ziel ist es, neue therapeutische Ansätze zu etablieren, die gezielt gegen die durch CHIP verursachten Entzündungsprozesse wirken und zugleich bestehende Behandlungen verbessern.
„Unsere Forschung zeigt, dass nicht nur der Tumor selbst, sondern auch das blutbildende System Einfluss auf Krebs nehmen kann. Wenn wir besser verstehen, wie durch CHIP veränderte Blutzellen mit der Tumorumgebung interagieren, eröffnen sich neue Wege für personalisierte Behandlungsstrategien“, beschreibt Prof. Dengler.
Von der Zelle zur Therapie
Ein wichtiges Ziel des Projekts ist die Identifikation neuer Biomarker, die helfen sollen, Patient:innen mit hohem Risiko zu erkennen, aber auch jene, die besonders gut auf bestimmte Therapien ansprechen könnten. Damit trägt die Forschung entscheidend dazu bei, den Weg von der molekularen Entdeckung zur klinischen Anwendung zu verkürzen. „Langfristig könnten unsere Forschungsergebnisse zu völlig neuen Behandlungsansätzen führen. Zusätzlich zur Tumortherapie könnten Ärzt:innen auch gezielt die potenziell gefährlichen CHIP-Blutveränderungen behandeln, bestehende Therapien effektiver machen und dadurch die Überlebenschancen von Lungenkrebspatient:innen verbessern“, so Prof. Dengler. Von klinischer Seite wird das Projekt von Dr. Philipp Jost, Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie an der Med Uni Graz sowie des Universitären Comprehensive Cancer Centers Graz, unterstützt: „Gerade in der Onkologie brauchen wir Ansätze, die über die reine Betrachtung des Tumors hinausgehen. Das Projekt eröffnet die Chance, Risikofaktoren wie CHIP besser zu verstehen und so Patient:innen früher zu identifizieren und therapieren. Damit rücken bessere personalisierte Behandlungsstrategien für Lungenkrebs in greifbare Nähe“, ergänzt Dr. Jost.
Quelle:Medizinische Universität Graz