Journal Onkologie
Glossar

Wo liegt der Unterschied zwischen absolutem und relativem Risiko?

Das absolute Risiko beschreibt die tatsächliche Wahrscheinlichkeit, mit der eine Person in einer bestimmten Zeitspanne eine Erkrankung entwickelt [1].

Beispiel: Das absolute Risiko, im Laufe eines Jahres einen Schlaganfall zu entwickeln, beträgt für eine bestimmte Altersgruppe 7%. Das bedeutet: 7 von 100 Personen dieser Altersgruppe erkranken tatsächlich in einem Jahr [2].

Das relative Risiko hingegen beschreibt das Verhältnis zwischen zwei absoluten Risiken [1]. Es zeigt, wie viel wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher es ist, dass eine Gruppe verglichen mit einer anderen eine bestimmte Erkrankung entwickelt [3].

Beispiel: Menschen mit Diabetes haben ein dreifach erhöhtes relatives Risiko für Schlaganfall oder Herzinfarkt verglichen mit Menschen ohne Diabetes [2].

Welche Bedeutung haben absolutes und relatives Risiko für die klinische Praxis?

Ohne die Kenntnis der Grundgesamtheiten als Bezugsgröße kann auch ein kleiner absoluter Unterschied sehr groß erscheinen: 33% relative Risikoreduktion sind bei hohem absolutem Risiko viel, bei geringem Risiko aber sehr wenig [4].

Beispiel:

Kontrollgruppe: 30 von 100 Teilnehmer:innen sterben (absolutes Risiko: 30%)
Therapiegruppe: 20 von 100 Teilnehmer:innen sterben (absolutes Risiko: 20%)

  • Relatives Risiko: 0,20 / 0,30 = 0,66 oder 66%

  • Dies entspricht einer relativen Risikoreduktion von 34%

Welche weiteren wichtigen Risikomaße gibt es?

Die Number Needed to Treat (NNT) gibt die Anzahl der Patient:innen an, die behandelt werden müssen, um ein zusätzliches ungünstiges Ereignis zu verhindern. Sie wird als 1/ARR (absolute Risikoreduktion) berechnet [1].

Die Number Needed to Harm (NNH) gibt die Anzahl der Patient:innen an, bei deren Behandlung mit einem zusätzlichen Fall unerwünschter Ereignisse gerechnet werden muss. Sie wird als 1/ARI (absolute Risikozunahme) berechnet [1].

Attributables Risiko (Risikodifferenz)

Das attributable Risiko beschreibt die Differenz der Inzidenz unter Exponierten und Nicht-Exponierten. Es ist ein Maß für die Häufigkeit der Erkrankung unter den Exponierten, die auf die Exposition „zurückzuführen“ ist [5].

Beispiel:

Inzidenz bei Rauchern: 46/4800 = 0,0096 (96 pro 10.000)
Inzidenz bei Nichtrauchern: 3/4200 = 0,0007 (7 pro 10.000)

  • Attributables Risiko: 0,0096 - 0,0007 = 0,0089

  • Interpretation: 89 der 96 Lungenkrebsfälle unter Rauchern sind auf das Rauchen zurückführbar

Was sind wichtige Risikofaktoren für die Entstehung einer Krebserkrankung?

Krebserkrankungen sind in Deutschland nach den Herz-Kreislauferkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Mindestens ein Drittel der Krebserkrankungen ist vermeidbar [6].

Die wichtigsten Krebsrisikofaktoren sind [6]:

  • Tabakkonsum

  • Alkoholkonsum

  • Übergewicht

  • Ungesunde Ernährung

  • Bewegungsmangel

  • Infektionen

Kumulative Wirkung von Risikofaktoren

Das Risiko, an Krebs zu erkranken, ist umso höher, je mehr ungesunde Verhaltensweisen zusammenkommen. Männer, die rauchen, viel Alkohol trinken, übergewichtig sind und viel rotes Fleisch und Wurst essen, verlieren im Vergleich zu besonders gesund lebenden Männern geschätzt rund 17 Jahre Lebenszeit; bei Frauen beträgt der Unterschied fast 14 Jahre [6].

Tabakkonsum als führender Risikofaktor

Rauchen verursacht bis zu 90% der Karzinome in Organen, die direkt mit Tabakrauch in Kontakt kommen, wie Mund, Kehlkopf, Speiseröhre und Lunge. Besonders Lungenkrebs wird stark durch das Rauchen begünstigt, wobei bis zu 85%der Todesfälle auf Tabakkonsum zurückzuführen sind. Auch andere Organe wie die Leber, Bauchspeicheldrüse, Niere und die Harnblase sind betroffen. Rauchlose Tabakprodukte wie Kautabak, Lutschtabak und Schnupftabak sind weniger schädlich als gerauchte Produkte, aber keinesfalls risikofrei. Sie enthalten krebserregende Substanzen, die besonders das Risiko für Mundhöhlen-, Speiseröhren- und Bauchspeicheldrüsenkrebs erhöhen [6].

Alkoholkonsum

In Deutschland sind rund 4% aller Krebsneuerkrankungen eine Folge des Alkoholkonsums. Damit gehört der Alkoholkonsum zu den bedeutendsten, durch den Lebensstil beeinflussbaren Krebsrisikofaktoren [6].

Alkoholkonsum erhöht dosisabhängig das Risiko für folgende Krebsarten [6]:

  • Krebs im Mund- und Rachenraum

  • Kehlkopfkrebs

  • Speiseröhrenkrebs

  • Brustkrebs

  • Leberkrebs

  • Darmkrebs

Alle Arten von Alkohol, egal ob Wein, Bier oder Spirituosen, erhöhen das Krebsrisiko. Mit steigendem Alkoholkonsum nimmt auch das Krebsrisiko zu. Wer außerdem noch raucht, setzt sich einem noch größeren Erkrankungsrisiko aus, denn ein gleichzeitiger Alkohol- und Tabakkonsum verstärken sich gegenseitig in ihrer krebserzeugenden Wirkung [6].

Übergewicht und Adipositas

Insgesamt entstehen in Deutschland schätzungsweise 3% aller Krebsfälle bei Männern und circa 5% bei den Frauen infolge von Adipositas [6]. Adipositas erhöht das Risiko für Krebserkrankungen der folgenden Organe:

  • Brust (postmenopausal)

  • Darm

  • Gebärmutterkörper

  • Niere

  • Bauchspeicheldrüse

  • Gallenblase

  • Speiseröhre

  • Eierstock

Bei bestimmten Krebsarten besteht ein enger Zusammenhang zwischen Übergewicht und Erkrankung, wobei teilweise deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen zu beobachten sind. So erhöht eine Gewichtszunahme um 5 BMI-Einheiten bei beiden Geschlechtern das Risiko für Speiseröhrenkrebs um rund 50%. Ein BMI-Anstieg um 5 BMI-Einheiten erhöht bei Frauen das Risiko für Gebärmutterkörperkrebs um 60% und für Darmkrebs um bis zu 10%; bei Männern steigt das Erkrankungsrisiko für Darmkrebs um bis zu 20% [6].

Weitere Risikofaktoren

Ernährung: Die Ernährung beeinflusst das Krebsrisiko. Eine ungesunde Ernährung kann zur Entstehung nicht übertragbarer Krankheiten beitragen – dazu gehören starkes Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck und koronare Herzerkrankungen sowie einige Krebserkrankungen [6].

Bewegungsmangel: Körperliche Inaktivität stellt einen weiteren wichtigen Risikofaktor dar [6].

Infektionen: Neben diesen stark durch den Lebensstil bedingten Risikofaktoren gibt es weitere Faktoren aus der Umwelt, die das Risiko erhöhen, an Krebs zu erkranken. Dazu gehören Infektionen, Strahlung und verschiedene krebserzeugende Substanzen [6].

Präventionspotenzial

Umgekehrt kann jeder mit einem gesunden Lebensstil viel für seine Gesundheit tun. Die Tatsache, dass mindestens ein Drittel der Krebserkrankungen vermeidbar ist, unterstreicht das erhebliche Präventionspotenzial durch Lebensstilmodifikationen [6].

Literatur:

(1)

Cochrane Deutschland, Glossar. Abrufbar unter: https://www.cochrane.de/sys_arbeitsmaterialien_glossar (zuletzt aufgerufen am: 25.08.25)

(2)

Deutsche Schlaganfallbegleitung (DSB). Gemeinsame Risikofaktoren für Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Abrufbar unter: https://schlaganfallbegleitung.de/risikofaktoren/risikofaktoren-hke-krebs (zuletzt aufgerufen am: 25.08.25)

(3)

Mayo Clinic. Cancer risk: What the numbers mean. Abrufbar unter: www.mayoclinic.org/diseases-conditions/cancer/in-depth/cancer/art-20044092 (zuletzt aufgerufen am: 25.08.25)

(4)

Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums. Relatives Risiko: Die Krux mit der Kommunikation. Abrufbar unter: www.krebsinformationsdienst.de/fachkreise/nachrichten/detail/relatives-risiko-die-krux-mit-der-kommunikation (zuletzt aufgerufen am: 25.08.25)

(5)

Hense H.-W., Wellmann J., Berger K. (2012). Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik. Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Abrufbar unter: https://campus.uni-muenster.de/fileadmin/einrichtung/epi/download/vorlesungen/Skript_Epidemiologie.pdf

(6)

Deutsches Krebsforschungszentrum. Risikofaktoren für Krebs. Abrufbar unter: https://www.dkfz.de/forschung/translationale-zentren/ncpc/stabsstelle-krebspraevention/risikofaktoren-fuer-krebs (zuletzt aufgerufen am: 25.08.25)