Trotz Chemotherapie in die Sonne?
Auch Krebserkrankte freuen sich über Sommer, Sonne und Wärme. Aber Vorsicht: Ausreichender Sonnenschutz ist ein Thema, das jeden angeht. Doch dies gilt in besonderem Maße für Patient:innen während und nach einer Chemotherapie. Denn je nach eingesetztem Therapeutikum kann es zu einer ausgeprägten Lichtempfindlichkeit gegenüber den langwelligeren UV-A-Strahlen kommen. Sonnenbrand, Rötungen der Haut und Blasen können die Folge sein. Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums erläutert die Hintergründe und weist auf Schutzmaßnahmen hin.
Viele Krebsmedikamente erhöhen die Lichtempfindlichkeit
Es gibt eine Vielzahl von Krebsmedikamenten, die bei Krebspatient:innen eine gesteigerte Lichtempfindlichkeit hervorrufen können. Schon ein kurzer Aufenthalt in der Sonne oder sogar unter bewölktem Himmel kann dann heftige Hautreaktionen an dem Licht ausgesetzten Stellen, wie Gesicht oder Armen, hervorrufen. Diese ähneln einem klassischen Sonnenbrand oder äußern sich als Verfärbung der Haut. Auch die Nägel können betroffen sein. Die Empfindlichkeit der Haut gegenüber Licht ist nicht nur von der verabreichten Chemotherapie abhängig. Auch die jeweiligen Hauteigenschaften spielen eine Rolle, also Hauttyp, Bräunungsgrad, Hautdicke, Behaarung und individuelle Empfindlichkeit.
Geschädigte Hautzellen und allergische Reaktionen
Häufige Folge der hohen Lichtempfindlichkeit sind phototoxische Reaktionen. Dabei entstehen durch die gesteigerte Lichteinwirkung in der Haut Substanzen, die die Hautzellen schädigen und dann Reaktionen ähnlich einem starken Sonnenbrand hervorrufen können. Eine phototoxische Reaktion kann auch dann auftreten, wenn ein Medikament die natürlichen Schutzmechanismen der Haut schwächt, so dass schädliche Substanzen nicht mehr ausreichend abgebaut werden können. Bei den selteneren photoallergischen Reaktionen wird vermutet, dass sich das Krebsmedikament unter Lichteinwirkung mit biologischen Strukturen, wie zum Beispiel Eiweißen in der Haut verbindet. Zellen des Immunsystems registrieren diese Verbindungen als „fremd“ und greifen sie an. Die Folge ist eine allergische Reaktion mit Rötung, Juckreiz oder Ausschlag.
Auch zielgerichtete Therapien können die Lichtempfindlichkeit steigern
Neben der Chemotherapie können auch zielgerichtete Therapien eine gesteigerte Lichtempfindlichkeit hervorrufen. Diese Therapieform hemmt das Tumorwachstum, indem sie gezielt Strukturen in oder auf Tumorzellen angreift, die für Wachstum, Teilung oder Überleben von Krebszellen verantwortlich sind. Auch Medikamente, die zusätzlich zur eigentlichen Krebstherapie unterstützend eingesetzt werden, können lichtempfindliche Wirkstoffe beinhalten: Antibiotika, Hormonpräparate oder Antidepressiva etwa. Ein Beispiel ist das Johanniskraut, ein pflanzlicher Stimmungsaufheller.
Phototoxische Reaktionen können mit dem Photo-Patch-Test festgestellt werden
Liegt der Verdacht einer phototoxischen Reaktion nahe, kann mit einem Photo-Patch-Test festgestellt werden, ob ein Medikament dafür verantwortlich ist – und wenn ja, welches. Dabei wird die vermeintlich verdächtige Substanz auf zwei Hautareale aufgetragen, von denen dann eines unter standardisierten Bedingungen mit UV-A bestrahlt wird. Rötet sich nur das bestrahlte Areal stärker als die umliegende Haut, geht man von einer Lichtempfindlichkeit durch die untersuchte Substanz aus. Oft verschwinden die Veränderungen von selbst, wenn die Haut keiner UV-Strahlung mehr ausgesetzt wird. Sollte es die Behandlung der Krebserkrankung zulassen, kann im Einzelfall auch zu einem anderen Medikament gewechselt werden.
Schutzmaßnahmen konsequent einhalten
Der komplette Verzicht auf Sonnenlicht während und auch noch einige Zeit nach der Einnahme von Medikamenten, die die Lichtempfindlichkeit steigern, ist kaum realisierbar und würde auch einen großen Eingriff in die Lebensqualität der Betroffenen bedeuten. Umso wichtiger ist der konsequente Schutz vor den langwelligeren UV-A-Strahlen. Diese werden durch manche Sonnencremes und dünne Kleidung oft nicht ausreichend abgefangen. Krebserkrankte sollten darum bei jedem Aufenthalt im Freien eine Sonnencreme mit UV-A-Filter und sehr hohem Lichtschutzfaktor (SPF 50+) alle zwei Stunden neu auftragen und direkte Sonneneinstrahlung zwischen 11 und 15 Uhr konsequent vermeiden. Zum Schutz der Augen vor möglichen phototoxischen Schäden ist eine Sonnenbrille mit UV-A- und UV-B-Filter sinnvoll. Auch ein Sonnenhut und dichtere Kleidung können gute Dienste leisten – gegebenenfalls auch bei längeren Autofahrten. Für Autos gibt es zudem UV-A-undurchlässige Schutzfolie, die auf Fensterscheiben oder auch dem Glasdach eines Autos aufgebracht werden kann. Genaue Angaben darüber, wie lange diese Schutzmaßnahmen nach Beendigung der Chemotherapie weitergeführt werden sollten, gibt es aktuell nicht.
Quelle:Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)