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Medizin

Krebsforschung im All: Was macht Tumorzellen weniger aggressiv?

Krebsforschung im All: Was macht Tumorzellen weniger aggressiv?
© M. Krüger MTRM/OVGU
Welche Effekte hat Schwerelosigkeit (Mikrogravitation) auf Tumorzellen und auf die Wundheilung und wie kann dieses Wissen für neue Strategien zur Bekämpfung von Krebs auf der Erde eingesetzt werden? Für die Erforschung dieser zentralen Fragen führen Wissenschaftler:innen der Abteilung Mikrogravitation und Translationale Regenerative Medizin an der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg unter der Leitung von Prof. Dr. Daniela Grimm verschiedene Zellexperimente im Weltraum durch. Diese werden durch die Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) organisiert und finanziert. Als eine der ersten Forschungsgruppen weltweit sind die Magdeburger Forschenden im Rahmen des Projektes SPACEPATHWAY-2 an einem ersten Langzeitbeobachtungs-Experiment von Tumorzellen und der Installation eines von der Raumfahrtagentur im DLR beauftragten, hochauflösenden Fluoreszenzmikroskops auf der Internationalen Raumstation ISS beteiligt. Ziel ist es, einen besseren Einblick in die Prozesse zu erhalten, die in Krebszellen unter Einfluss von Mikrogravitation vor sich gehen und diese für die Entwicklung neuer Behandlungsstrategien im Kampf gegen Krebs zu nutzen.
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Zusammenlagerung von Krebszellen zu Tumorsphäroiden unter Mikrogravitation

„Wir erforschen schon seit vielen Jahren Tumorzellen unter dem Einfluss von Mikrogravitation. Einer der Effekte, den wir dabei beobachten konnten, ist die Zusammenlagerung der Tumorzellen zu 3-dimensionalen Aggregaten (Sphäroiden), die den Metastasen bei Krebspatient:innen ähnlich sind“, erläutert Prof. Grimm.

Tumorzellen in Sphäroiden entwickeln sich zurück

Diese gewachsenen Tumorsphäroide sind laut Grimm nicht nur gut geeignet für pharmazeutische Tests. „Die Tumorzellen in den Sphäroiden entwickeln sich teilweise auch in Richtung ihrer gutartigen Vorfahren zurück, sie verlieren im Weltraum also etwas von ihrer Bösartigkeit. Bisher konnten wir aufgrund von fehlender Technologie noch nicht die Dynamik dieser Veränderungen in echter Mikrogravitation in lebenden Zellen untersuchen, sondern immer nur das Ergebnis nach Ende des Weltraumaufenthalts in fixierten Präparaten beobachten“, so Grimm.

FLUMIAS: Fluoreszenz-Mikroskop im Weltall

Mit dem geplanten Experiment, welches kommendes Jahr mit einer Trägerrakete zur ISS gelangen soll, ist es erstmals möglich, lebende Zellen in Mikrogravitation für längere Zeit mikroskopisch zu beobachten. „Mikroskopische Langzeituntersuchungen in Mikrogravitation sind immer noch eines der fehlenden Puzzlestücke unserer Forschung. Wir hatten zwar bereits die Möglichkeit, das erste schwerere und größere Modell des FLUMIAS-Mikroskops (fluorescence microscopic analysis in space) auf Parabelflügen und Höhenforschungsraketen zu nutzen, damit waren allerdings nur Kurzzeitbeobachtungen von wenigen Sekunden bis zu einigen Minuten möglich. Das ist gut für biophysikalische Studien, aber nicht alle Vorgänge in einer Zelle laufen so schnell ab – vor allem nicht die biologischen.“ In Vorbereitung auf das Experiment hat das Team bereits in den vergangenen 3 Jahren die von der Raumfahrtagentur im DLR vorangetriebene Weiterentwicklung des FLUMIAS-Mikroskops für den Einsatz auf einer Zentrifuge im Weltraum maßgeblich begleitet und die notwendigen wissenschaftlichen Tests des in den Experimenteinheiten integrierten Lebenserhaltungssystems für längere Beobachtungszeiträume von Zellen durchgeführt.
 
 

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© Accuray/unsplash

Forschung im All soll zur Entwicklung von neuen Krebsmedikamenten beitragen

Dr. Marcus Krüger, Leiter der beteiligten Arbeitsgruppe Umweltzellbiologie, beschreibt das Ziel der Untersuchungen: „Wir erhoffen uns einen besseren Einblick in die Prozesse, die sich in Krebszellen in Mikrogravitation abspielen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf einem intrazellulären Signalweg, dem Wnt-Signalweg. Anhand von Vorversuchen unter simulierter Mikrogravitation vermuten wir, dass er eine Schlüsselrolle in der Bildung von Tumorsphäroiden spielt.“ Die Wissenschaftler:innen versuchen herauszufinden, was die Krebszellen weniger aggressiv macht, um dann diese Prozesse auf anderen Wegen, z.B. mit neuartigen, maßgeschneiderten Krebs-Medikamenten, nachahmen zu können. Zudem sollen die großen Mengen an gewonnenen Bilddaten mit Hilfe von künstlicher Intelligenz ausgewertet werden und für die Erstellung eines Sphäroid-3D-Modells sowie zur Entwicklung einer intelligenten Mikroskop-Steuerung zum selbstständigen Erkennen interessanter Zielstrukturen genutzt werden (AMCRIS Verbundprojekt).

Untersuchung von Wundheilungsprozessen in der Schwerelosigkeit

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Untersuchung von Wundheilungsprozessen in der Schwerelosigkeit (internationales ESA-Projekt: SUTURES IN SPACE). Dazu wurden erstmals ganze, mit Wunden versehene Hautstücke ins All geschickt und anschließend analysiert. Im Gegensatz zu Studien an einzelnen kultivierten Zellsorten erlaubt dieser Ansatz auch die Untersuchung komplexer Wechselwirkungen verschiedener Zelltypen im realen Organkontext untereinander. Zur Wundheilung im All sei bisher, laut Prof. Grimm, nur wenig bekannt. „Es wurden einige wenige Untersuchungen an verschiedenen isolierten und kultivierten dermalen Zelltypen durchgeführt, die auf einen Einfluss der Schwerelosigkeit auf die Apoptose, den programmierten Zelltod, schließen lassen“, so Grimm. Für Astronaut:innen auf Langzeitmissionen weit entfernt von der Erde kann eine veränderte Wundheilung im Falle eines Unfalls allerdings schnell zur lebensbedrohlichen Gefahr werden. Es sei daher wichtig, eventuelle Änderungen des Wundheilungsprozesses unter Weltraumbedingungen zu charakterisieren, um wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Grimm betont: „Dies hilft zum einen direkt den betroffenen Astronaut:innen, andererseits können die gewonnenen Erkenntnisse auch jenen Patient:innen auf der Erde nutzen, die unter Wundheilungsstörungen leiden.“
 
 

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© adobe.stock.com - neirfy
Die Forschung der Arbeitsgruppe im Rahmen der Projekte SPACEPATHWAY-2 (BMWK 50WB2219), AMCRIS (BMWK 50WK2270G) und SUTURES erfolgt in Zusammenarbeit mit den Universitäten Aarhus und Florenz sowie mit den Firmen Airbus Defence and Space (Immenstaad), ibidi (Gräfelfing) und TILL I.D. (Martinsried). Das FLUMIAS-Projekt wird organisiert und finanziert durch die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR.

Weitere Informationen zur Krebsforschung unter Mikrogravitation an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Quelle: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg


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