JOURNAL ONKOLOGIE – Artikel
17. Oktober 2020 BRAF-V600E-mut. mCRC: Zielgerichtete, Chemotherapie-freie Kombinationstherapie mit Encorafenib und Cetuximab
Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Ulm, legte den Bedarf an neuen Behandlungsoptionen dar: „Etwa 25% der Patienten weisen eine synchrone Metastasierung bei Erstdiagnose der Tumorerkrankung auf, insgesamt entwickeln ca. 50% der Patienten nach einer kurativen Operation i.d.R. innerhalb der ersten 5 Jahre eine Fernmetastasierung.“ Etwa 8% der CRC weisen eine BRAF-V600E-Mutation auf, welche einen maximalen Treiber der Onkogenese darstellt und bereits früh in der Krankheitsentstehung auftritt. Patienten mit dieser Mutation haben von allen CRC-Patienten das schlechteste progressionsfreie (PFS) und Gesamtüberleben (OS). Die BRAF-V600E-Mutation ist häufiger bei Frauen, Älteren (≥ 60 Jahre) und rechtsseitigem Tumor anzutreffen.
In der Erstlinie wird eine aggressive Therapie mit einer Chemotherapie-Triplette empfohlen. Diese Empfehlung basiert auf Daten der TRIBE-Studie, in der in einer Subgruppenanalyse Patienten mit Bevacizumab + FOLFOXIRI (n=16) ein bessere Überlebenswahrscheinlichkeit (HR=0,54) hatten als Patienten mit Bevacizumab + FOLFIRI (n=12). Beim ASCO 2020 wurden Daten einer Metaanalyse von 5 randomisierten Studien mit dreimal so vielen Patienten wie in der TRIBE-Studie vorgestellt, die nicht bestätigten, dass die Triplette besser ist. „Wir müssen unser Urteil wahrscheinlich revidieren, die Zweifachchemotherapie ist wohl genauso wirksam wie die Dreifachchemotherapie“, meinte Seufferlein.
In fortgeschrittenen Therapielinien sind diverse Therapiekonzepte getestet worden. Die S3-Leitlinie von 2019 empfiehlt aufgrund der schlechten Prognose BRAF-mutierter Tumoren, in der Zweitlinie individuelle Therapieansätze z.B. mit einem BRAF-Inhibitor, MEK-Inhibitor und Anti-EGFR-Antikörper oder eine Behandlung im Rahmen einer Studie in Betracht zu ziehen. Man hoffte auf eine zielgerichtete Therapie, die den MAPK-Signalweg adressiert, so Seufferlein. Verschiedene BRAF-Inhibitoren haben als Monotherapie jedoch nur eine geringe Effektivität gezeigt. Die Inhibition von BRAF alleine ist also nicht ausreichend.
In der Phase-III-Studie BEACON wurde eine Dreifachblockade aus dem BRAF-Inhibitor Encorafenib, dem MEK-Inhibitor Binimetinib und dem Anti-EGFR-Antikörper Cetuximab bzw. eine Zweifachblockade mit Encorafenib und Cetuximab vs. eine Chemotherapie-basierte Kontrolle (FOLFIRI oder Irinotecan + Cetuximab) getestet. Eingeschlossen waren Patienten mit BRAF-V600E-mut. mCRC, die 1-2 vorherige palliative Therapielinien erhalten hatten, jedoch keine Vortherapie mit Anti-EGFR-Antikörpern/Inhibitoren, BRAF- oder MEK-Inhibitoren. Die Patienten waren im Median ca. 60 Jahre alt und hatten einen weit fortgeschrittenen Tumor mit Metastasen in mehreren Organen und ca. 60% hatten Lebermetastasen. Der Anteil der Patienten mit einer hohen Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) lag bei 9% bzw. 5%.
Das wichtigste Ergebnis der Studie war die Verbesserung des OS durch die molekulare Zweifachblockade im Vergleich zur Chemotherapie-basierten Kontrolle: nach einem medianen Follow-up von 7,8 Monaten betrug das mediane OS (mOS) 8,4 vs. 5,4 Monate (HR=0,60; p<0,001). Beim virtuellen ASCO-Kongress 2020 präsentierte Daten nach einem längeren Follow-up von median 12,8 Monaten zeigten, dass entgegen der initialen Annahme die zusätzliche MEK-Inhibition keinen additiven Nutzen für das OS hat: das mOS betrug bei Dreifachblockade 9,3 Monate (95%-KI: 8,1-10,8) vs. 9,3 Monate (8,0-11,3) bei Zweifachblockade vs. 5,9 Monate (5,1-7,1) in der Chemotherapie-basierten Kontrollgruppe. Als mögliche Gründe nannte Prof. Dr. Arndt Vogel, Hannover, dass man sich Signalwege zu vereinfacht vorstelle oder die übergeordnete Bedeutung des EGFR-Signalings unterschätzt wurde. „Die Duplette ist genauso wirksam wie die Triplette und beides ist deutlich besser als der Chemotherapie-basierte Kontroll-Arm“, so Vogel. Durch die Kombination des BRAF-Inhibitors mit dem Anti-EGFR-Antikörper liegt die Ansprechrate 10-fach höher als mit der Chemotherapie-basierten Kontrolle (ORR 20% (95%-KI: 13-29) vs. 2% (< 1-7)). Neben dem Therapieansprechen sei das Erreichen einer Tumorkontrolle wichtig. Auch hier zeigte sich ein deutlicher Vorteil für die Zweifachblockade, 7% der Patienten erlitten unter der Kombinationstherapie Encorafenib + Cetuximab einen Progress vs. 34% im Kontroll-Arm.
Mit Blick auf die Verträglichkeitsdaten stellte Vogel fest, dass man sich die deutlich stärkere Wirksamkeit nicht mit einem numerischen Mehr an Nebenwirkungen erkaufe. Grad-3/4-Nebenwirkungen traten unter der Zweifachblockade (mediane Therapiedauer: 19 Wochen) bei 50% der Patienten auf und bei 61% der Patienten im Chemotherapie-basierten Kontroll-Arm (mediane Therapiedauer: 7 Wochen).
Diese Daten haben zur Zulassung der Kombination Encorafenib + Cetuximab zur Behandlung erwachsener Patienten mit BRAF-V600E-mut. mCRC, die zuvor eine systemische Therapie erhalten haben, im Juni 2020 durch die EMA geführt. Vogel geht davon aus, dass die Chemotherapie-freie Behandlung mit der kombinierten Zweifachblockade von BRAF und EGFR zum Standard in der Zweitlinientherapie des BRAF-V600E-mutierten mCRC werden wird.
In der Erstlinie wird eine aggressive Therapie mit einer Chemotherapie-Triplette empfohlen. Diese Empfehlung basiert auf Daten der TRIBE-Studie, in der in einer Subgruppenanalyse Patienten mit Bevacizumab + FOLFOXIRI (n=16) ein bessere Überlebenswahrscheinlichkeit (HR=0,54) hatten als Patienten mit Bevacizumab + FOLFIRI (n=12). Beim ASCO 2020 wurden Daten einer Metaanalyse von 5 randomisierten Studien mit dreimal so vielen Patienten wie in der TRIBE-Studie vorgestellt, die nicht bestätigten, dass die Triplette besser ist. „Wir müssen unser Urteil wahrscheinlich revidieren, die Zweifachchemotherapie ist wohl genauso wirksam wie die Dreifachchemotherapie“, meinte Seufferlein.
In fortgeschrittenen Therapielinien sind diverse Therapiekonzepte getestet worden. Die S3-Leitlinie von 2019 empfiehlt aufgrund der schlechten Prognose BRAF-mutierter Tumoren, in der Zweitlinie individuelle Therapieansätze z.B. mit einem BRAF-Inhibitor, MEK-Inhibitor und Anti-EGFR-Antikörper oder eine Behandlung im Rahmen einer Studie in Betracht zu ziehen. Man hoffte auf eine zielgerichtete Therapie, die den MAPK-Signalweg adressiert, so Seufferlein. Verschiedene BRAF-Inhibitoren haben als Monotherapie jedoch nur eine geringe Effektivität gezeigt. Die Inhibition von BRAF alleine ist also nicht ausreichend.
In der Phase-III-Studie BEACON wurde eine Dreifachblockade aus dem BRAF-Inhibitor Encorafenib, dem MEK-Inhibitor Binimetinib und dem Anti-EGFR-Antikörper Cetuximab bzw. eine Zweifachblockade mit Encorafenib und Cetuximab vs. eine Chemotherapie-basierte Kontrolle (FOLFIRI oder Irinotecan + Cetuximab) getestet. Eingeschlossen waren Patienten mit BRAF-V600E-mut. mCRC, die 1-2 vorherige palliative Therapielinien erhalten hatten, jedoch keine Vortherapie mit Anti-EGFR-Antikörpern/Inhibitoren, BRAF- oder MEK-Inhibitoren. Die Patienten waren im Median ca. 60 Jahre alt und hatten einen weit fortgeschrittenen Tumor mit Metastasen in mehreren Organen und ca. 60% hatten Lebermetastasen. Der Anteil der Patienten mit einer hohen Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) lag bei 9% bzw. 5%.
Das wichtigste Ergebnis der Studie war die Verbesserung des OS durch die molekulare Zweifachblockade im Vergleich zur Chemotherapie-basierten Kontrolle: nach einem medianen Follow-up von 7,8 Monaten betrug das mediane OS (mOS) 8,4 vs. 5,4 Monate (HR=0,60; p<0,001). Beim virtuellen ASCO-Kongress 2020 präsentierte Daten nach einem längeren Follow-up von median 12,8 Monaten zeigten, dass entgegen der initialen Annahme die zusätzliche MEK-Inhibition keinen additiven Nutzen für das OS hat: das mOS betrug bei Dreifachblockade 9,3 Monate (95%-KI: 8,1-10,8) vs. 9,3 Monate (8,0-11,3) bei Zweifachblockade vs. 5,9 Monate (5,1-7,1) in der Chemotherapie-basierten Kontrollgruppe. Als mögliche Gründe nannte Prof. Dr. Arndt Vogel, Hannover, dass man sich Signalwege zu vereinfacht vorstelle oder die übergeordnete Bedeutung des EGFR-Signalings unterschätzt wurde. „Die Duplette ist genauso wirksam wie die Triplette und beides ist deutlich besser als der Chemotherapie-basierte Kontroll-Arm“, so Vogel. Durch die Kombination des BRAF-Inhibitors mit dem Anti-EGFR-Antikörper liegt die Ansprechrate 10-fach höher als mit der Chemotherapie-basierten Kontrolle (ORR 20% (95%-KI: 13-29) vs. 2% (< 1-7)). Neben dem Therapieansprechen sei das Erreichen einer Tumorkontrolle wichtig. Auch hier zeigte sich ein deutlicher Vorteil für die Zweifachblockade, 7% der Patienten erlitten unter der Kombinationstherapie Encorafenib + Cetuximab einen Progress vs. 34% im Kontroll-Arm.
Mit Blick auf die Verträglichkeitsdaten stellte Vogel fest, dass man sich die deutlich stärkere Wirksamkeit nicht mit einem numerischen Mehr an Nebenwirkungen erkaufe. Grad-3/4-Nebenwirkungen traten unter der Zweifachblockade (mediane Therapiedauer: 19 Wochen) bei 50% der Patienten auf und bei 61% der Patienten im Chemotherapie-basierten Kontroll-Arm (mediane Therapiedauer: 7 Wochen).
Diese Daten haben zur Zulassung der Kombination Encorafenib + Cetuximab zur Behandlung erwachsener Patienten mit BRAF-V600E-mut. mCRC, die zuvor eine systemische Therapie erhalten haben, im Juni 2020 durch die EMA geführt. Vogel geht davon aus, dass die Chemotherapie-freie Behandlung mit der kombinierten Zweifachblockade von BRAF und EGFR zum Standard in der Zweitlinientherapie des BRAF-V600E-mutierten mCRC werden wird.
(um)
Quelle: Virtuelle Fachpressekonferenz „Neue Therapieoptionen beim metastasierten Kolorektalkarzinom (mCRC): Zielgerichtete Kombination aus Braftovi und Cetuximab zur Behandlung BRAFV600E-mutierter Patienten“, 04.06.2020; Veranstalter: Pierre Fabre
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