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Medizin

Prolaktinom: Tumorentfernung durch die Nase

Prolaktinom: Tumorentfernung durch die Nase
© SciePro - stock.adobe.com
Bei der Behandlung von Prolaktinomen, gutartigen hormonbildenden Tumoren der Hypophyse, kann heute neben der Standardtherapie mit Medikamenten auch eine Operation in Betracht gezogen werden. Dies gilt nicht nur bei Unverträglichkeit der Medikamente oder bei nicht ausreichend möglicher Kontrolle des Hormonspiegels. Auch der Wunsch von Patientinnen und Patienten, nicht dauerhaft Medikamente einzunehmen, stellt heute ein wichtiges Argument für die Durchführung der OP dar. Durch einen schonenden Eingriff mit Zugang durch die Nase kann der gutartige Tumor der Hypophyse meist entfernt und die Patientinnen und Patienten dadurch geheilt werden. Betroffene sollten über die Vor- und Nachteile beider Therapieoptionen Informationen erhalten, sagt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). So könnten Ärzte die Behandlung bestmöglich auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse abstimmen.
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Nachlassende Libido mögliches Anzeichen für Prolaktinom

Wenn der Zyklus ausbleibt und die Libido nachlässt, die Brust plötzlich Milch bildet und Frau trotz aller Bemühungen nicht schwanger wird, dann könnte ein Prolaktinom der Grund dafür sein. Prolaktinome sind gutartige Tumoren der erbsengroßen Hypophyse. Sie schütten das „Schwangerschaftshormon“ Prolaktin in die Blutbahn aus und führen zu einem erhöhten Prolaktinspiegel. Der häufigste Tumor der Hirnanhangsdrüse tritt bei etwa 25 bis 60 von 100.000 Menschen auf. Junge Frauen im gebärfähigen Alter sind am häufigsten betroffen. Sie leiden 5 Mal häufiger an der Störung als Männer (1).

Die jahrelange Einnahme von Dopamin-Agonisten kann Nebenwirkungen haben

„Die medikamentöse Behandlung mit sogenannten Dopamin-Agonisten stand viele Jahre im Vordergrund“, sagt Prof. Dr. med. Stephan Petersenn, Pressesprecher der DGE und Leiter der ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg. Dopamin wird im zentralen Nervensystem gebildet und hemmt die Prolaktin-Ausschüttung. Dopamin-Agonisten sind Medikamente, die im Gehirn die Wirkung von Dopamin nachahmen und so den Mangel dieses Botenstoffs ausgleichen. „Dopamin-Agonisten wie Cabergolin und Quinagolid normalisieren nicht nur den Prolaktinspiegel“, sagt Petersenn. „In über 80% der Fälle führen sie auch zu einer Schrumpfung, manchmal bis zum Verschwinden des Prolaktinoms.“ Ein Nachteil sei die jahrelange Einnahme inklusive laufender Kontrolle des Prolaktinspiegels. Zudem vertragen nicht alle Patientinnen und Patienten die Medikamente, insbesondere Nebenwirkungen auf das psychische Befinden wurden nach aktuellen Studien bei der Langzeittherapie wohl unterschätzt.  „Daher sollte heute auch eine OP in Betracht gezogen werden“, rät Petersenn.
 
 

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Leitlinie zu gutartigen Tumoren der Hirnanhangdrüse: Standards für Diagnostik, Therapie und Nachsorge vermeiden Überversorgung

Erschienen am 02.04.2020Empfehlungen der kürzlich erschienenen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) – Lesen Sie mehr auf www.journalonko.de!

Erschienen am 02.04.2020Empfehlungen der kürzlich erschienenen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) –...

© Sebastian Kaulitzki / Fotolia.com

Risikoarme Alternative: Entfernung des Tumors durch die Nase

„Mit der operativen Entfernung des Prolaktinoms durch die Nase, der transsphenoidalen Operation, steht eine risikoarme Alternative zur medikamentösen Behandlung zur Verfügung“, sagt Prof. Dr. med. Jürgen Honegger, stellvertretender Ärztlicher Direktor und Leiter Hypophysenchirurgie an der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Tübingen. Die Operation könne insbesondere bei gut abgegrenzten, kleineren Prolaktinomen angeboten werden. Sie führe häufig zu einer Heilung der Erkrankung. Dies zeigten auch aktuelle Studienergebnisse aus Tübingen (2): In einer retrospektiven Studie, publiziert im gemeinsamen Fachjournal der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie und der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), wurde der Stellenwert der transsphenoidalen Operation anhand einer operativen Serie von 162 Patientinnen und Patienten untersucht. Bei 49% der Patintinnen und Patienten wurde die Operation wegen Unverträglichkeit oder unzureichendem Ansprechen der Medikamente durchgeführt. Weitere 31% der Patientinnen und Patienten wollten nicht dauerhaft Dopamin-Agonisten einnehmen. Bei 92% der Patientinnen und Patienten mit Mikroprolaktinomen, das sind Tumoren unter 1 cm Größe, konnte durch die OP eine Normalisierung des Prolaktinspiegels erzielt werden. Auch bei gut abgegrenzten Makroprolaktinomen (≥1 cm) wurde durch die Operation noch bei 70% eine Normalisierung des Prolaktinspiegels erreicht. Keiner der Patienten erlitt eine signifikante Komplikation. Entgegen der Annahme vieler Patientinnen und Patienten und auch mancher Ärzte entsteht durch die Operation kein Hormonmangel der Hypophyse, sagt Honegger: „Die Funktion der Hypophyse kann sich nach der Entfernung des Prolaktinoms sogar verbessern, während eine Verschlechterung nur selten eintritt.“

Zur OP in ein Zentrum gehen

„Die Behandlung eines Prolaktinoms ist oft ein Balanceakt zwischen medikamentöser Therapie und Operation. Mit den beiden Möglichkeiten können wir unseren Patienten heute jedoch die bestmöglich passende Therapie anbieten“, fasst DGE-Pressesprecher Petersenn zusammen. Und er rät: Für die Behandlung und insbesondere die Operation sollte man ein spezialisiertes Zentrum aufsuchen – auch wenn man dafür eine längere Anreise in Kauf nehmen müsse.

Quelle: DGE

Literatur:

(1) Petersenn S., Giustina A.: Diagnosis and management of prolactinomas: current challenges. Pituitary, 2020 Feb;23(1):1-2. DOI: 10.1007/s11102-019-01025-y
(2) Giese S., Nasi-Kordhishti I., Honegger J.: Outcomes of Transsphenoidal Microsurgery for Prolactinomas - A Contemporary Series of 162 Cases. Exp Clin Endocrin Diabetes, 2021 Mar;129(3):163-171. DOI: 10.1055/a-1247-4908


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