JOURNAL ONKOLOGIE – Artikel
23. Januar 2019 Seite 1/4
Lymphatische Systemerkrankungen: Biologie bestimmt Klassifikation
K. Hüttl, G. Ott,1. 1Abteilung für Klinische Pathologie und Konsultations- und Referenzzentrum für Lymphknoten- und Hämatopathologie, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart.
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Nach nunmehr 8 Jahren liegt ein Update der vierten Ausgabe der WHO-Klassifikation der Tumoren hämatopoetischer und lymphatischer Gewebe vor (1), die eine Erweiterung und Erneuerung der vierten Ausgabe der WHO-Serie, jedoch keine fünfte Edition darstellt. Trotz dieses formalen Aspekts enthält der neue WHO-Band neben Neuerungen zur Diagnose, Prognose und Therapie insbesondere auch zahlreiche aktualisierte Erkenntnisse zur Biologie der malignen Lymphome, die in vielen Abschnitten des Bandes auch ein unmittelbares Klassifikationsprinzip darstellen. Diese wurden zwar durchaus auch in der ursprünglichen Fassung der vierten Ausgabe der Klassifikation aufgeführt (2), allerdings bedingte die große Zahl neuer Daten die Notwendigkeit eines Updates.
Ein wesentliches Klassifikationsmerkmal der WHO-Klassifikation – und auch ihrer Vorläufer, der Kiel-Klassifikation (3) und der Real-Klassifikation (4) – ist die Beschreibung von Krankheitsentitäten, die von Pathologen und Klinikern reproduzierbar diagnostiziert und erkannt werden können; dabei fließen ganz unterschiedliche Informationen – in auch durchaus unterschiedlicher Wertigkeit – über einen gegebenen Tumor ein, wie die Morphologie, der Immunphänotyp, die Genetik und das klinische Bild. Betrachtet man die Haupttumortypen der malignen Lymphome der B-Zell-Reihe, so wird ein Klassifikationsprinzip erkennbar, das auf dem Konzept der Kiel-Klassifikation mit dem Bezug bestimmter Lymphom-Entitäten auf ihre normale Ursprungszelle und Erkenntnissen der Immunologie und Genetik beruht. Über den Phänotyp und die immunologische Marker-Expression wird sowohl im B- wie auch im T-Zell-System die Differenzierung eines Lymphoms einer bestimmten Differenzierungsstufe von physiologischen lymphatischen Zellen zugeordnet. Hier wird ein biologisch begründetes Klassifikationssystem deutlich, das von den normalen Stadien der Lymphozytenreifung ausgeht („naive“ B-Zellen – Keimzentrums-B-Zellen – Gedächtniszellen und Plasmazellen) und das die Ursprungszellen morphologisch, immunphänotypisch und klinisch ganz unterschiedlicher lymphatischer Tumoren wie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL), des follikulären Lymphoms (FL), des Marginalzonen-B-Zell-Lymphoms (MZL) und des Plasmozytoms/Plasmazellmyeloms diesen Zellen zuordnet. Die Zellen der CLL und des Mantelzell-Lymphoms (MCL) entsprechen so in ihrer Differenzierung zumindest zu einem großen Teil Antigen-naiven B-Zellen; das FL und etwa 50% der diffusen großzelligen B-Zell-Lymphome (DLBCL) entsprechen in ihrer Differenzierungsstufe den Keimzentrums-B-Zellen und die unterschiedlichen Varianten der MZL (MZL – MALT-Typ, splenisches MZL und nodales MZL) entsprechen in ihrer Differenzierungsstufe Post-Keimzentrums-B-Zellen bzw. Gedächtnis-B-Zellen (5).
Auch die rekurrenten genetischen Aberrationen (Translokationen oder Mutationen), die für einen Teil der B- und T-Zell-Lymphome hochcharakteristische und diese kennzeichnende genetische Alterationen darstellen, geben einen Hinweis auf die biologische Relevanz der Lymphomklassifikation. Etwa 85% der FL und 30% der DLBCL weisen die Translokation t(14;18)(q32;q21) auf, bis zu 98% der Fälle des MCL sind durch die t(11;14)(q13;q32) gekennzeichnet und Mutationen bestimmter Gene, die für die Homöostase der Chromatinkonfiguration im Zellkern wichtig sind, werden überzufällig häufig in peripheren T-Zell-Lymphomen angetroffen, wie TET2, RHOA, IDH2 und ähnliche (6-8). Andererseits werden genetische Aberrationen nicht als das einzige oder das entscheidende Kriterium in der Klassifikation angesehen, da eine Lymphom-Entität nahezu niemals ausschließlich durch eine rekurrente Aberration gekennzeichnet ist und selbst bei genetisch sehr eng definierten Tumorentitäten wie dem Burkitt-Lymphom (BL) und dem MCL in etwa 2-3% der Fälle beobachtet werden, die diese Translokationen nicht aufweisen (9, 10).
Ein wesentliches Klassifikationsmerkmal der WHO-Klassifikation – und auch ihrer Vorläufer, der Kiel-Klassifikation (3) und der Real-Klassifikation (4) – ist die Beschreibung von Krankheitsentitäten, die von Pathologen und Klinikern reproduzierbar diagnostiziert und erkannt werden können; dabei fließen ganz unterschiedliche Informationen – in auch durchaus unterschiedlicher Wertigkeit – über einen gegebenen Tumor ein, wie die Morphologie, der Immunphänotyp, die Genetik und das klinische Bild. Betrachtet man die Haupttumortypen der malignen Lymphome der B-Zell-Reihe, so wird ein Klassifikationsprinzip erkennbar, das auf dem Konzept der Kiel-Klassifikation mit dem Bezug bestimmter Lymphom-Entitäten auf ihre normale Ursprungszelle und Erkenntnissen der Immunologie und Genetik beruht. Über den Phänotyp und die immunologische Marker-Expression wird sowohl im B- wie auch im T-Zell-System die Differenzierung eines Lymphoms einer bestimmten Differenzierungsstufe von physiologischen lymphatischen Zellen zugeordnet. Hier wird ein biologisch begründetes Klassifikationssystem deutlich, das von den normalen Stadien der Lymphozytenreifung ausgeht („naive“ B-Zellen – Keimzentrums-B-Zellen – Gedächtniszellen und Plasmazellen) und das die Ursprungszellen morphologisch, immunphänotypisch und klinisch ganz unterschiedlicher lymphatischer Tumoren wie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL), des follikulären Lymphoms (FL), des Marginalzonen-B-Zell-Lymphoms (MZL) und des Plasmozytoms/Plasmazellmyeloms diesen Zellen zuordnet. Die Zellen der CLL und des Mantelzell-Lymphoms (MCL) entsprechen so in ihrer Differenzierung zumindest zu einem großen Teil Antigen-naiven B-Zellen; das FL und etwa 50% der diffusen großzelligen B-Zell-Lymphome (DLBCL) entsprechen in ihrer Differenzierungsstufe den Keimzentrums-B-Zellen und die unterschiedlichen Varianten der MZL (MZL – MALT-Typ, splenisches MZL und nodales MZL) entsprechen in ihrer Differenzierungsstufe Post-Keimzentrums-B-Zellen bzw. Gedächtnis-B-Zellen (5).
Auch die rekurrenten genetischen Aberrationen (Translokationen oder Mutationen), die für einen Teil der B- und T-Zell-Lymphome hochcharakteristische und diese kennzeichnende genetische Alterationen darstellen, geben einen Hinweis auf die biologische Relevanz der Lymphomklassifikation. Etwa 85% der FL und 30% der DLBCL weisen die Translokation t(14;18)(q32;q21) auf, bis zu 98% der Fälle des MCL sind durch die t(11;14)(q13;q32) gekennzeichnet und Mutationen bestimmter Gene, die für die Homöostase der Chromatinkonfiguration im Zellkern wichtig sind, werden überzufällig häufig in peripheren T-Zell-Lymphomen angetroffen, wie TET2, RHOA, IDH2 und ähnliche (6-8). Andererseits werden genetische Aberrationen nicht als das einzige oder das entscheidende Kriterium in der Klassifikation angesehen, da eine Lymphom-Entität nahezu niemals ausschließlich durch eine rekurrente Aberration gekennzeichnet ist und selbst bei genetisch sehr eng definierten Tumorentitäten wie dem Burkitt-Lymphom (BL) und dem MCL in etwa 2-3% der Fälle beobachtet werden, die diese Translokationen nicht aufweisen (9, 10).
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