JOURNAL ONKOLOGIE – Artikel
31. Mai 2017
Seite 1/4
Fortgeschrittene Krebserkrankung: Potenziale körperlicher Aktivität am Beispiel Mammakarzinom
P. Wirtz, F. T. Baumann, AG Onkologische Bewegungsmedizin, Centrum für Integrierte Onkologie Köln Bonn, Universitätsklinikum Köln.
Die Verbesserungen in der medizinischen Versorgung für Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung erhöhen die Lebenserwartung und legitimieren die Notwendigkeit von Maßnahmen zum Erhalt bzw. zur Verbesserung ihrer Lebensqualität. Dieses Ziel kann durch die Reduktion von tumor- und behandlungsbedingten Nebenwirkungen und mittels körperlicher Aktivitäten erreicht werden. Es existieren zurzeit wenige randomisierte und kontrollierte Studien, die die Wirkungsweisen einer bewegungstherapeutischen Intervention bei einem metastasierten Mammakarzinom überprüfen. Einzelne Untersuchungen und Übersichtsarbeiten legen offen, dass körperliche Aktivitäten im fortgeschrittenen Stadium machbar und wirksam sind. Zukünftig ist die Generierung aussagekräftiger und qualitativ hochwertiger randomisierter, kontrollierter (RC)-Studien notwendig, um im nächsten Schritt Wissen in neue Versorgungsstrukturen zu implementieren.
Im Jahr 2013 erkrankten 71.640 Frauen an Brustkrebs (C50) und es zeigt sich aktuell eine relative 5-Jahres-Überlebensrate von 88% sowie ein mittleres Erkrankungsalter von 64,3 Jahren, mit stetig leicht steigender Tendenz (1). Doch nicht nur die Heilungsrate bessert sich, sondern auch Patienten im fortgeschrittenen Stadium können mit ihrer Erkrankung immer länger leben. Metastasen bei einem Mammakarzinom können in fast allen Organsystemen vorkommen. Die häufigsten Metastasierungsorte sind Leber, Lunge, Gehirn und Knochen (2). Beim ersten Auftreten von Metastasen sind vor allem die Knochen mit 40-75% sowie die Lunge (5-15%), die Pleura (5-15%) und die Leber (3-10%) befallen (3). Durch die Entwicklung und Verbesserung von Screening-Verfahren sowie medizinischen Therapieoptionen in der Onkologie steigt die Lebenserwartung und damit verbunden aber auch die Symptombelastung, insbesondere bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium (4). Diese Entwicklung erfordert im nächsten Schritt Maßnahmen, die die Lebensqualität der Betroffenen fördern. Therapien und Programme sollten demnach auf die Aufrechterhaltung und Verbesserung der Lebensqualität der Patienten abzielen und Strategien zur Reduktion krankheits- und therapiebedingter Nebenwirkungen verfolgen (5). Das Erschöpfungssyndrom (Fatigue), die psychischen Einschränkungen, wie z.B. Angst und Depression, sowie das Bewegungsverhalten stehen im Zusammenhang mit der Lebensqualität (6-9). Zusätzlich stellt Fatigue, neben dem Schmerzsymptom, die größte Problematik von Patienten mit einer unheilbaren Tumorerkrankung dar (7, 10). Ein systematisches Review (18) beschreibt Fatigue, Schmerz, Energie-, Kraft- und Appetitlosigkeit als die häufigsten Symptome bzw. Syndrome bei über 50% in der onkologischen Palliation. Fatigue ist das meistgenannte Syndrom bei Krebspatienten innerhalb und außerhalb einer Therapiemaßnahme (5).
In der medizinischen Therapie bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen stehen die Blockierung des Erkrankungsprogresses sowie die Verminderung der Symptome bzw. Syndrome (Leidenslinderung) im Vordergrund (7). Die positive Beeinflussung der Lebensqualität innerhalb der Versorgung der Patienten steht somit im zentralen Behandlungsfokus (5, 7). In Tabelle 1 sind die Symptome von metastasiertem Brustkrebs bezogen auf verschiedene Lokalisationen der Metastasen dargestellt (3).
Ist die Datenlage zur Wirksamkeit bewegungstherapeutischer Interventionen im kurativen Ansatz partiell überzeugend, existieren dagegen nur wenige Studien, die die Effektivität bewegungstherapeutischer Intervention bei unheilbar erkrankten Krebspatienten überprüfen. Einzelne Untersuchungen und Übersichtsarbeiten legen offen, dass körperliche Aktivitäten in der palliativen Versorgung machbar und leistungssteigernd sind und z.B. Fatigue reduziert werden kann (12-15). Folglich kann körperliche Bewegung die Probleme und Defizite der Patienten mit fortgeschrittenem Krebs positiv beeinflussen (4, 16-17). Die dünne Studienlage, fehlende Leitlinien sowie die oftmals bewegungstherapeutische Unsicherheit führen in diesem Kontext zu einer aktuell eingeschränkten Versorgungssituation für Betroffene mit metastasiertem Brustkrebs. Die Lokalisation und Ausprägung sowie die Situation der Metastasierung ist individuell sehr verschieden und erschwert folglich eine Vereinheitlichung von bewegungstherapeutischen Maßnahmen (11). Patienten im fortgeschrittenen Krebsstadium fühlen sich im Kontext der Bewegungsinterventionen oftmals unsicher und zeigen demzufolge Rückzugstendenzen, die Bewegungsmangelsymptome zur Folge haben können.
In der medizinischen Therapie bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen stehen die Blockierung des Erkrankungsprogresses sowie die Verminderung der Symptome bzw. Syndrome (Leidenslinderung) im Vordergrund (7). Die positive Beeinflussung der Lebensqualität innerhalb der Versorgung der Patienten steht somit im zentralen Behandlungsfokus (5, 7). In Tabelle 1 sind die Symptome von metastasiertem Brustkrebs bezogen auf verschiedene Lokalisationen der Metastasen dargestellt (3).
Lokalisation der Metastasen |
Assoziierte Symptome |
Allgemein | Fatigue, Schlafstörungen, Depression |
Knochen | Schmerz, Hyperkalzämie, pathologische Frakturen, Einschränkungen der Mobilität |
Zentrales Nervensystem |
Kopfschmerz, Verwirrung, Kraftlosigkeit, Schmerz, Schlaganfall, veränderte Wahrnehmung, Lähmung der Hirnnerven, Sprachstörungen |
Haut | Schmerz, Infektionen, Blutungen |
Magen-Darm-Trakt | Schmerz, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, vorzeitige Sättigung, Appetitlosigkeit, Dyspnoe, Gelbsucht, Blutungen |
Lunge | Schmerz, Dyspnoe, (blutiger) Husten |
Lymphknoten | Brachiale Plexopathie, Schmerz |
Ist die Datenlage zur Wirksamkeit bewegungstherapeutischer Interventionen im kurativen Ansatz partiell überzeugend, existieren dagegen nur wenige Studien, die die Effektivität bewegungstherapeutischer Intervention bei unheilbar erkrankten Krebspatienten überprüfen. Einzelne Untersuchungen und Übersichtsarbeiten legen offen, dass körperliche Aktivitäten in der palliativen Versorgung machbar und leistungssteigernd sind und z.B. Fatigue reduziert werden kann (12-15). Folglich kann körperliche Bewegung die Probleme und Defizite der Patienten mit fortgeschrittenem Krebs positiv beeinflussen (4, 16-17). Die dünne Studienlage, fehlende Leitlinien sowie die oftmals bewegungstherapeutische Unsicherheit führen in diesem Kontext zu einer aktuell eingeschränkten Versorgungssituation für Betroffene mit metastasiertem Brustkrebs. Die Lokalisation und Ausprägung sowie die Situation der Metastasierung ist individuell sehr verschieden und erschwert folglich eine Vereinheitlichung von bewegungstherapeutischen Maßnahmen (11). Patienten im fortgeschrittenen Krebsstadium fühlen sich im Kontext der Bewegungsinterventionen oftmals unsicher und zeigen demzufolge Rückzugstendenzen, die Bewegungsmangelsymptome zur Folge haben können.
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