JOURNAL ONKOLOGIE – Artikel
04. September 2017 Seite 1/2
Periphere T-Zell-Lymphome
P. Reimer, Klinik für Hämatologie, Internistische Onkologie und Stammzelltransplantation, Evangelisches Krankenhaus Essen-Werden.
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Die peripheren T-Zell-Lymphome (PTZL) bilden eine heterogene Gruppe maligner lymphatischer Neoplasien, die sich von reifen d.h. postthymischen T- und NK-Zellen ableiten. Die PTZL werden von den unreifen T-Zell-Neoplasien (lymphoblastisches T-Non-Hodgkin-Lymphome, akute lymphoblastische Leukämie vom T-Zell-Typ) abgegrenzt und machen weltweit etwa 10% aller NHL aus (1). Allerdings gibt es Regionen mit erheblich höherer Inzidenz wie die Karibik und Ostasien (2, 3). In der 2016 aktualisierten WHO-Klassifikation werden die PTZL nach ihrer Primärmanifestation (nodal, extranodal, kutan, leukämisch) in Entitäten aufgelistet (4, 5). Tabelle 1 gibt die derzeitig gültige Klassifikation mit den Änderungen im Vergleich mit der letzten Einteilung von 2008 wieder. Die häufigsten Vertreter der PTZL sind 1. das periphere T-Zell-Lymphom, nicht weiter spezifizierbar (PTZL NOS), 2. das angioimmunoblastische T-Zell-Lymphom (AITL), 3. das extranodale NK-/T-Zell-Lymphom vom nasalen Typ und 4. das anaplastische großzellige T-Zell-Lymphom (ALCL). Diese Erkrankungen machen weltweit etwa 70-80% aller PTZL aus (Abb. 1) (6). In Asien ist hingegen die/das adulte T-Zell-Leukämie/Lymphom das häufigste PTZL (6). In Deutschland beträgt die jährliche Inzidenz der PTZL < 1: 100.000 Menschen (7). Männer sind von diesen Erkrankungen häufiger betroffen als Frauen (1,7: 1). Mit steigendem Lebensalter steigt für die meisten Entitäten die Inzidenz an (8).
Die nodalen und extranodalen PTZL zeigen bis auf wenige Ausnahmen einen aggressiven Verlauf. Dagegen sind die meist viel selteneren, primär leukämisch sowie die kutan verlaufenden PTZL durch einen in der Regel lange indolenten Verlauf gekennzeichnet und werden daher, auch einer engeren klinischen Definition der PTZL folgend, von den nodalen/extranodalen PTZL abgegrenzt und in diesem Beitrag nicht näher behandelt.
Ätiologie und Pathogenese
Die genaue Ätiologie der meisten PTZL ist bislang nicht geklärt. Allerdings gibt es Assoziationen verschiedener potenziell kanzerogener Faktoren, die eine Bedeutung für die Pathogenese einzelner Entitäten nahe legen. Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) beim extranodalen NK-/T-Zell-Lymphom sowie mit dem humanen T-Zell-Leukämie-Virus Typ1 (HTLV1) bei der/dem adulten T-Zell-Leukämie/Lymphom scheinen eine ganz wesentliche Rolle bei der Entstehung dieser Lymphome zu spielen. Allerdings sind die Kofaktoren bislang nicht ausreichend bekannt, die für die erhebliche Diskrepanz zwischen der hohen Durchseuchung der Bevölkerung mit den entsprechenden Viren und der relativ geringen Inzidenz der PTZL verantwortlich zu machen sind. Auch (auto-)immunologische Prozesse bzw. eine relevante Immunsuppression werden in der Pathogenese der PTZL diskutiert. Das Enteropathie-assoziierte T-Zell-Lymphom tritt fast ausschließlich bei Patienten mit einer Zöliakie auf, während das hepatosplenische T-Zell-Lymphom gehäuft nach Organtransplantationen beobachtet wird.
Verschiedene erworbene genetische Veränderungen konnten bei zahlreichen PTZL nachgewiesen werden. Die größte Bedeutung hat die Translokation t(2;5). Diese findet sich typischerweise beim anaplastische-Lymphomkinase(ALK)-exprimierenden ALCL. Das aus der Translokation resultierende Fusionsprodukt (Nucleophosmin(NPM)-ALK-Fusionsgen) führt einerseits zu einer gestörten Apoptose und einem gesteigerten Zellwachstum. Andererseits erlaubt der Nachweis des ALK-Proteins die klinisch relevante Unterscheidung in die prognostisch unterschiedlichen Entitäten ALK-positives und ALK-negatives ALCL.
Klinik und Diagnostik
Wie aus der WHO-Klassifikation ersichtlich, können sich PTZL primär nodal, extranodal, leukämisch oder kutan manifestieren. Generell findet sich bei PTZL häufiger ein Extranodalbefall als bei B-Zell-Lymphomen. Allerdings überwiegen ähnlich den aggressiven B-NHL bei den PTZL zu Beginn meist indolente, progrediente Lymphknotenvergrößerungen, bei den extranodalen PTZL auch Manifestationen im Gastrointestinaltrakt, im Nasen-Rachenbereich oder subkutan. Häufig wird eine B-Symptomatik beobachtet, außerdem leiden viele Patienten an vermehrten Infekten, auch durch opportunistische Erreger (9).
Eine Besonderheit der primär nodal verlaufenden PTZL stellt das AITL dar, da dieses Lymphom häufig mit paraneo-plastischen Epiphänomenen (Nachweis von Rheumafaktor, Kälteagglutininen/Kryoglobulinen, polyklonaler Gammopathie, Eosinophilie, Hämolysezeichen) einhergeht, die erhebliche differenzialdia-gnostische Probleme bereiten können.
Die Diagnosesicherung sollte immer durch einen in der Lymphom-Diagnostik erfahrenen Pathologen histologisch erfolgen; eine rein zytologische Untersuchung reicht zur exakten Diagnose nicht aus. Da PTZL, anders als die meisten B-Zell-Lymphome meist keine charakteristischen immunphänotypischen klonalen Oberflächenmarker exprimieren, sind neben der morphologischen Beurteilung molekulargenetische Untersuchungen – in der Regel eine PCR – zum Nachweis eines monoklonal rearrangierten T-Zell-Rezeptor-Gens erforderlich, damit eine differenzialdiagnostische Abgrenzung zu benignen oder anderen malignen Lymphknotenerkrankungen erfolgen kann. Ein wichtiges Oberflächenmolekül einiger PTZL ist der Transmembranrezeptor CD30: Eine starke CD30-Expression findet sich vor allem beim ALCL und bietet das Angriffsmolekül für die zielgerichtete Therapie mit dem gegen das CD30-Antigen gerichteten Antikörper Brentuximab Vedotin. Die Ausbreitungsdiagnostik umfasst die Schnittbildgebung (meist Computertomographie) von Thorax und Abdomen/Becken, eine Sonographie (ggfs. Schnittbildgebung) des Halses sowie eine Knochenmarkpunktion. Die weiteren diagnostischen Maßnahmen richten sich nach Lokalisation, Symptomatik und Subtyp des PTZL. Der Stellenwert der Positronenemissionstomographie (PET) ist bislang noch nicht ausreichend geklärt: Auch wenn diese Untersuchung in vielen Ländern zur Routinediagnostik maligner Lymphome gehört und insbesondere bei der Detektion extranodaler Manifestationen offenbar hilfreich sein kann, ist sie in Deutschland für die Diagnostik maligner NHL bislang nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen worden, sodass ein routinemäßiger Einsatz zur Zeit nicht empfohlen werden kann.
Die Stadieneinteilung der nodalen und extranodalen PTZL erfolgt nach der Ann-Arbor-Klassifikation.
Die nodalen und extranodalen PTZL zeigen bis auf wenige Ausnahmen einen aggressiven Verlauf. Dagegen sind die meist viel selteneren, primär leukämisch sowie die kutan verlaufenden PTZL durch einen in der Regel lange indolenten Verlauf gekennzeichnet und werden daher, auch einer engeren klinischen Definition der PTZL folgend, von den nodalen/extranodalen PTZL abgegrenzt und in diesem Beitrag nicht näher behandelt.
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Nodal |
Angioimmunoblastisches T-Zell-Lymphom (AITL) |
Peripheres T-Zell-Lymphom, nicht weiter spezifizierbar (PTZL NOS) |
Anaplastisches großzelliges T-/NK-Zell-Lymphom (ALCL) ALK-positiv |
Anaplastisches großzelliges T-/NK-Zell-Lymphom ALK-negativ |
Extranodal |
Extranodales NK-/T-Zell-Lymphom, nasaler Typ |
Subkutanes T-Zell-Lymphom vom Pannikulitis-Typ |
Enteropathie-assoziiertes T-Zell-Lymphom |
Hepatosplenisches T-Zell-Lymphom |
Monomorphes epitheliotropes intestinales T-Zell-Lymphom |
Leukämisch |
T-Zell-Prolymphozyten-Leukämie |
T-Zell-Leukämie großer granulierter Lymphozyten |
Chronische lymphoproliferative Erkrankung der NK-Zellen |
Aggressive NK-Zell-Leukämie |
Adulte(s) T-Zell-Leukämie/Lymphom |
Systemisches EBV-positives T-Zell-Lymphom des Kindes |
Hydroa-vacciniforme-ähnliche lymphoproliferative Erkrankung |
Kutan |
Mycosis fungoides |
Sézary-Syndrom |
Primär kutanes anaplastisches großzelliges Lymphom |
Lymphomatoide Papulose |
Primär kutanes T-Zell-Lymphom |
Ätiologie und Pathogenese
Die genaue Ätiologie der meisten PTZL ist bislang nicht geklärt. Allerdings gibt es Assoziationen verschiedener potenziell kanzerogener Faktoren, die eine Bedeutung für die Pathogenese einzelner Entitäten nahe legen. Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) beim extranodalen NK-/T-Zell-Lymphom sowie mit dem humanen T-Zell-Leukämie-Virus Typ1 (HTLV1) bei der/dem adulten T-Zell-Leukämie/Lymphom scheinen eine ganz wesentliche Rolle bei der Entstehung dieser Lymphome zu spielen. Allerdings sind die Kofaktoren bislang nicht ausreichend bekannt, die für die erhebliche Diskrepanz zwischen der hohen Durchseuchung der Bevölkerung mit den entsprechenden Viren und der relativ geringen Inzidenz der PTZL verantwortlich zu machen sind. Auch (auto-)immunologische Prozesse bzw. eine relevante Immunsuppression werden in der Pathogenese der PTZL diskutiert. Das Enteropathie-assoziierte T-Zell-Lymphom tritt fast ausschließlich bei Patienten mit einer Zöliakie auf, während das hepatosplenische T-Zell-Lymphom gehäuft nach Organtransplantationen beobachtet wird.
Verschiedene erworbene genetische Veränderungen konnten bei zahlreichen PTZL nachgewiesen werden. Die größte Bedeutung hat die Translokation t(2;5). Diese findet sich typischerweise beim anaplastische-Lymphomkinase(ALK)-exprimierenden ALCL. Das aus der Translokation resultierende Fusionsprodukt (Nucleophosmin(NPM)-ALK-Fusionsgen) führt einerseits zu einer gestörten Apoptose und einem gesteigerten Zellwachstum. Andererseits erlaubt der Nachweis des ALK-Proteins die klinisch relevante Unterscheidung in die prognostisch unterschiedlichen Entitäten ALK-positives und ALK-negatives ALCL.
Klinik und Diagnostik
Wie aus der WHO-Klassifikation ersichtlich, können sich PTZL primär nodal, extranodal, leukämisch oder kutan manifestieren. Generell findet sich bei PTZL häufiger ein Extranodalbefall als bei B-Zell-Lymphomen. Allerdings überwiegen ähnlich den aggressiven B-NHL bei den PTZL zu Beginn meist indolente, progrediente Lymphknotenvergrößerungen, bei den extranodalen PTZL auch Manifestationen im Gastrointestinaltrakt, im Nasen-Rachenbereich oder subkutan. Häufig wird eine B-Symptomatik beobachtet, außerdem leiden viele Patienten an vermehrten Infekten, auch durch opportunistische Erreger (9).
Eine Besonderheit der primär nodal verlaufenden PTZL stellt das AITL dar, da dieses Lymphom häufig mit paraneo-plastischen Epiphänomenen (Nachweis von Rheumafaktor, Kälteagglutininen/Kryoglobulinen, polyklonaler Gammopathie, Eosinophilie, Hämolysezeichen) einhergeht, die erhebliche differenzialdia-gnostische Probleme bereiten können.
Die Diagnosesicherung sollte immer durch einen in der Lymphom-Diagnostik erfahrenen Pathologen histologisch erfolgen; eine rein zytologische Untersuchung reicht zur exakten Diagnose nicht aus. Da PTZL, anders als die meisten B-Zell-Lymphome meist keine charakteristischen immunphänotypischen klonalen Oberflächenmarker exprimieren, sind neben der morphologischen Beurteilung molekulargenetische Untersuchungen – in der Regel eine PCR – zum Nachweis eines monoklonal rearrangierten T-Zell-Rezeptor-Gens erforderlich, damit eine differenzialdiagnostische Abgrenzung zu benignen oder anderen malignen Lymphknotenerkrankungen erfolgen kann. Ein wichtiges Oberflächenmolekül einiger PTZL ist der Transmembranrezeptor CD30: Eine starke CD30-Expression findet sich vor allem beim ALCL und bietet das Angriffsmolekül für die zielgerichtete Therapie mit dem gegen das CD30-Antigen gerichteten Antikörper Brentuximab Vedotin. Die Ausbreitungsdiagnostik umfasst die Schnittbildgebung (meist Computertomographie) von Thorax und Abdomen/Becken, eine Sonographie (ggfs. Schnittbildgebung) des Halses sowie eine Knochenmarkpunktion. Die weiteren diagnostischen Maßnahmen richten sich nach Lokalisation, Symptomatik und Subtyp des PTZL. Der Stellenwert der Positronenemissionstomographie (PET) ist bislang noch nicht ausreichend geklärt: Auch wenn diese Untersuchung in vielen Ländern zur Routinediagnostik maligner Lymphome gehört und insbesondere bei der Detektion extranodaler Manifestationen offenbar hilfreich sein kann, ist sie in Deutschland für die Diagnostik maligner NHL bislang nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen worden, sodass ein routinemäßiger Einsatz zur Zeit nicht empfohlen werden kann.
Die Stadieneinteilung der nodalen und extranodalen PTZL erfolgt nach der Ann-Arbor-Klassifikation.
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