17. Oktober 2020 Chirurgische Therapie des Vulvakarzinoms
Z. Halwani, Vivantes Humboldt-Klinikum Berlin.
Die Pathologie erfasst ca. 90-95% als Plattenepithelkarzinome, 5% als maligne Melanome und 3-5% als Basalzellkarzinome. Weitaus seltener stellt sich ein Sarkom oder Adenokarzinom heraus (4). Bei der Anamnese im Rahmen der Diagnostik ist eine Beurteilung meist schwierig, da die Symptome meist unspezifisch sind oder gar fehlen. Zu den häufigsten Beschwerden gehört jedoch ein ausgeprägter Pruritus (3).
Diagnostik
Klinische Diagnostik – Inspektion, Vulvo-skopie mit Essigsäure (3,5%), Toludinblauprobe (Collins-Test) und histologische Diagnostik sind der Goldstandard für dieses Therapiekonzept (3).
Therapie
Operative Therapie
Tumoren mit einer Infiltrationstiefe von < 1 mm (pT1a) werden nur lokal exzidiert. Bei diesem frühen Stadium der Erkrankung treten keine Lymphknoten (LK)-Metastasen auf. Es kann dementsprechend auf ein LK-Staging verzichtet werden.
Eine Sentinel-Lymphadenektomie (-Lymphonodektomie (LNE)) ist nach Aufklärung der Patientin über die Vorteile und bei ausreichender Erfahrung des Operateurs bei unifokalen Tumoren und mit max. Größe < 4 cm sowie sono-grafisch unauffälliger LK-Darstellung möglich (3).
Die Erfahrung mit Technetium zeigt eine sehr gute Detektionsrate (94-95%) (3).
Heutzutage wird die inguinale LNE mit der Dreischnitttechnik mit Vulvaresektion und getrennten Inzisionen in den Leistenregionen durchgeführt (5-7).
Bei der lokalen Resektion soll im Gesunden von mindestens 3 mm um den Tumor herum das Gewebe mit erfasst werden.
Im Falle einer R1-Resektion muss im Anschluss eine Nachresektion oder eine Bestrahlung erfolgen (7).
Als Operationstechniken für den eben genannten Eingriff verwendet man eine wide excision, die vordere/hintere Hemivulvektomie, eine komplette Vulvektomie oder eine Defektdeckung durch Lappenplastik. Wir empfehlen in unserem Klinikmanagement als Vorgehen die Vulvektomie (3) mit Rekonstruktion. Wenn eine Infiltrationstiefe von 1 mm oder weniger nachgewiesen wurde, müssen keine operativen Staging-Prozeduren in den Leisten oder andere operative Therapien der Lymphabflusswege durchgeführt werden. Bei einer Indikation zu einer systematischen LNE sollten sowohl die oberflächlichen inguinalen als auch die tiefen femoralen LK entfernt werden (Abb. 1 und 2).
Handelt es sich um ein unifokales Vulvakarzinom bis 2 cm Durchmesser, welches lateral eines Mittelstreifens von 2 cm Breite gelegen ist, kann bei ipsilateral metastasenfreien LK auf das Staging der kontralateralen LK verzichtet werden. Des Weiteren werden operative Maßnahmen der Lymphabflusswege durchgeführt, sobald eine Indikation zum LK-Staging besteht und in denen eine Sentinel-LK-Biopsie (SNB) jedoch nicht indiziert ist (3).
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Pelvine LNE
Pelvine LK-Metastasen finden sich in weniger als 10% aller Vulvakarzinome, bei Tumoren < 2 cm nur bei weniger als 2% der Patientinnen (3). Ein laparoskopisches oder Roboter-assistiertes Verfahren, aber auch ein inguinales retroperitoneales Vorgehen ist möglich und wird in unserer Abteilung regelmäßig durchgeführt.
Risikofaktoren
• Multiple inguinale LK-Metastasen (> 2 cm)
• Inguinale LK-Metastasen > 5 mm (3)
• Inguinale LK-Metastasen mit Kapseldurchbruch
Radiotherapie und Radiochemotherapie
Die Radiochemotherapie hat den gleichen Stellungswert wie eine Radiotherapie des Tumorbettes, wenn intraoperativ keine R0-Resektion erreicht werden konnte, sowie wenn kein ausreichender Sicherheitsrand (< 3 mm) erreicht wurde (Tab. 1 und 2) (3).
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Eine neoadjuvante Chemotherapie kann bei bestimmten Situationen durchgeführt werden, um die Operabilität zu steigern und die Radikalität zu minimieren (Exenterationsrisiko bei sehr fortgeschrittenen Situationen). Ebenfalls kann bei selektierten Situationen eine primäre Radiochemotherapie als Alternative angeboten werden (3).
Es besteht kein Interessenkonflikt.

Chefarzt, Leiter des Gynäkologischen Krebszentrums,
Fachlicher Leiter der Gynäkologie
und gynäkologischen Onkologie MVZ
Vivantes Humboldt-Klinikum
Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin
Zertifiziertes Gynäkologisches Krebszentrum (DKG), Endometriosezentrum Berlin
Akademisches Lehrkrankenhaus der
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Am Nordgraben 2
13509 Berlin
Tel.: 030/130121261
E-Mail: zaher.halwani@vivantes.de
Z. Halwani, Vivantes Humboldt-Klinikum Berlin.
Vulvar cancer is the fourth most common gynecological cancer. The incidence has increased considerably in recent decades and currently stands at 5.8/100,000 women per year. The average age of the disease is 72 years. Most cases are detected at an early stage. This article describes pathology, surgical techniques and radiochemotherapy.
Keywords: Vulvar cancer, surgery, vulvectomy, radiochemotherapy
Literatur:
(1) Krebs in Deutschland 2013/2014: Vulva Robert-Koch-Institut 2017.
(2) Rauh-Hain JA et al. Racial disparities in cervical cancer survival overtime. Cancer 2013;119:3644-52.
(3) AWMF Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Vulvakarzinoms und seiner Vorstufen, S2k Leitlinie, Stand 08/2015.
(4) Berek JS, Karam A. Vulvar cancer: Epidemiology, diagnosis, histopathology, and treatment. Uptodate.com; 08/2020.
(5) Grimm D et al. Superficially invasive IA vulvar squamous cell carcinoma – therapy and prognosis. Int J Gynecol Cancer 2019;20(3):466-73.
(6) Woelber L et al. Role of tumor free margin distance for loco-regional control in vulvar cancer 2014; a subset Analysis of Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie CaRE-1 multicenter study. Eur J Cancer 2016;69:180-88.
(7) Schnürch HG, Hampl M, Wölber L. Tumorerkrankungen der Vulva und Vagina. Springer Verlag 2018.
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