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Mammakarzinom

Dr. rer. nat. med. habil. Eva Gottfried

Mammakarzinom
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Brustkrebs ist mit jährlich 70.000 neuen Fällen die häufigste Krebserkrankung der Frau in Deutschland. Die Erkrankung tritt in sehr variablen Formen auf. Etwa jede 5. Patientin erhält die Diagnose DCIS (Ductales Carcinoma in Situ), eine Vorstufe von Krebs mit sehr guter Prognose und guten Möglichkeiten zur Behandlung durch Operation, Strahlentherapie und endokrine Therapie. Etwa jede 6. Patientin leitet allerdings an einem aggressiven Tumor: dem triple-negativen Mammakarzinom (TNBC), das trotz Chemotherapie und zielgerichteter Therapie schwierig zu behandeln ist. Eine detaillierte Diagnose mit molekularer Charakterisierung ist wichtig für eine passgenaue Therapie. Die Früherkennung des Tumors verbessert die Behandlungsmöglichkeiten.
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Was ist ein Mammakarzinom?

Das Mammakarzinom (Brustkrebs) ist ein bösartiger Tumor in der Brustdrüse, bei der die Zellen unkontrolliert wachsen. Es gibt verschiedene Arten von Brustkrebs. Die Art des Brustkrebses hängt davon ab, welche Zellen in der Brust zu Krebs werden. Brustkrebs kann in verschiedenen Teilen der Brust beginnen.

Welche Formen von Brustkrebs sind häufig?

Brustkrebs bildet sich meist im oberen äußeren Viertel der Brust. Diese besteht hauptsächlich aus Drüsen- und Fettgewebe. Ihr lateinischer Name „mamma“ ist Namensgeber für die Fachbezeichnung Mammakarzinom. Je nach Wachstumstiefe des Tumors wird Brustkrebs eingeteilt in frühe nicht-invasive Vorstufen (Präkanzerosen) und invasive Karzinome. Erste Symptome sind Veränderungen der Brust.
 
 

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Was sind die Symptome bei Brustkrebs?

Weil im frühen Stadium des Tumors oft noch keine Symptome auftreten, kommt der gynäkologischen Vorsorge und Mammographie eine besondere Bedeutung zu. Dabei muss nicht jede Veränderung gleich Krebs sein. So manches scheinbare Symptom ist eine rein zyklusabhängige Veränderung und entpuppt sich als knotige Gewebeverdichtung oder kleinste Mikrokalkablagerung, die wieder verschwindet oder gutartig ist.

Vorsicht ist geboten bei

•    tastbaren Knoten in der Brust

•    Veränderungen an den Brustwarzen und Einziehungen der Haut

•    Veränderungen der Brustgröße

•    Schwellung der Lymphknoten in der Achselhöhle.

Im fortgeschrittenen Stadium von Mammakarzinom leiden die Betroffenen auch oft unter

•    Knochenschmerzen

•    Atemproblemen

•    neurologischen Veränderungen

•    Gewichtsverlust.

Was ist bei Verdacht zu tun?

Wenn Sie sich unsicher fühlen, gehen Sie zu einem Arzt oder einer Ärztin, der oder die Sie umfassend untersucht, z.B. durch

•    Abtasten der Brust und der umliegenden Lymphknoten

•    bildgebende Verfahren wie Ultraschall (Sonographie), Röntgenuntersuchung oder Mammographie

•    Gewebeprobe in einer Stanz- oder Vakuumbiopsie.

Auch ohne Verdacht sollten Sie die Möglichkeiten zur Brustkrebs-Früherkennung nutzen. Neben der jährlichen gynäkologischen Kontrolle wird allen Frauen zwischen 50 und 69 Jahren in Deutschland das Mammographie-Screening-Programm zur Vorsorge gegen Krebs angeboten.
 
 

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Welche Risikofaktoren gibt es für Brustkrebs?

Als Risikofaktor gilt

•   eine frühe erste bzw. späte letzte Regelblutung

•   eine späte oder keine Schwangerschaft

•   eine Hormonersatztherapie nach dem Eintreten der Wechseljahre

•   Risikogene wie BRCA1/2

Jede dritte Patientin ist unter 55 Jahre alt und jede zwanzigste hat eine familiäre Veranlagung. Nicht zu vergessen ist, dass auch Männer an Brustkrebs erkranken können. 

Ist DCIS gutartig?

Zu den Vorstufen vom Mammakarzinom zählen insbesondere das Ductale Carcinoma in Situ (DCIS) und die lobuläre intraepitheliale Neoplasie (LIN). Brustkrebs-Vorstufen sind per se nicht bösartig, können aber der Ausgangspunkt für ein Karzinom und einer metastasierten Erkrankung sein. Ob es dazu kommt, ist derzeit noch schwer vorhersagbar.
 
 

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Welche Therapie gibt es für ein DCIS?

Weil das DCIS im Vergleich zu anderen Vorstufen das höchste Risiko für die Entwicklung einer malignen Krebserkrankung hat, wird den Patient:innen häufig eine Therapie empfohlen:

•    eine Operation

•    eine adjuvante Strahlentherapie (Radiotherapie, Bestrahlung) und

•    eine adjuvante Anti-Hormon-Therapie (endokrine Therapie, Hormontherapie)

Zur Operation wird häufig eine brusterhaltende Operation (BET) einer Mastektomie vorgezogen, um möglichst viel gesundes Brustgewebe zu erhalten.

Zusätzlich kann eine adjuvante, d.h. unterstützende Strahlentherapie zur Behandlung empfohlen werden. Durch die Bestrahlung sollen einzelne, nach der Operation noch im Körper verbliebene Zellen des Tumors zerstört werden. Die Strahlentherapie wird nur lokal, d.h. nur an der betroffenen Brust und nicht als systemische Therapie im ganzen Körper angewendet. Eine adjuvante Therapie kann das Risiko für ein erneutes Auftreten vom Tumor in der Brust bis zu 50% senken und die Wahrscheinlichkeit für die Weiterentwicklung zum Karzinom signifikant verringern.

Auch eine adjuvante Anti-Hormon-Therapie soll verbliebene Tumorzellen ausschalten. Sie basiert darauf, dass die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron nicht nur bei gesunden Brustzellen, sondern auch beim Mammakarzinom als Wachstumsfaktor wirken können.

Was ist ein invasives Karzinom?

Bei jedem Fünften operierten DCIS wird bei der Untersuchung des entfernten Gewebes dann doch ein invasives Karzinom (Mammakarzinom) gefunden, das ungebremst wächst und auch in das umliegende Gewebe eindringt. Bei einer Lymphknotenbiopsie (Sentinel-Node-Biopsie) können die an die Brust angrenzenden Lymphknoten auf Metastasen untersucht werden. Bei etwa 3% der Patient:innen wird die Krebserkrankung bereits bei Diagnose einem metastasierten Mammakarzinom zugeordnet. Metastasen finden sich beim Brustkrebs häufig in Skelett, Leber und Lunge.

Welche Chemotherapie wird beim Mammakarzinom genutzt?

Als klassische Therapie beim fortgeschrittenen Mammakarzinom wird die Chemotherapie genutzt, auch kurz Chemo oder CTx genannt. Die eingesetzten Medikamente (Zytostatika) bremsen das Wachstum des Krebs und werden der Patientin zur Behandlung als Infusion oder in Form von Tabletten gegeben. Eine Chemotherapie erfolgt in der Regel in mindestens 6 bis 8 Zyklen. Je Zyklus wechseln sich Phasen mit medikamentöser Therapie und Pausen ab, individuell abhängig vom Befund, Alter, Allgemeinzustand der Patient:innen und der Verträglichkeit der Medikamente. Weil alle sich schnell teilenden Körperzellen von der Chemotherapie getroffen werden, gibt es mögliche Nebenwirkungen, die bei der Behandlung auftreten können. Dazu gehören insbesondere Störungen im Immunsystem, Haarausfall und Übelkeit oder Durchfall.

Zur Chemotherapie werden verschiedene Wirkstoffe eingesetzt, zu den häufigsten zählen:

•    Anthrazyklin-/Taxan-(AT)-basierte Wirkstoffe (z.B. Docetaxel und Doxorubicin)

•    Docetaxel/Cyclophosphamid (DC)-basierte Kombinationen.

Für die adjuvante Chemotherapie werden neue Substanzen wie Gemcitabin und Capecitabin getestet, deren zusätzlicher Nutzen bei der Erkrankung laufend in klinischen Studien geklärt wird.

Eine Neoadjuvante Therapie wird vor der Operation durchgeführt, um den Tumor schon vorab zu verkleinern.

Wieso wird bei Brustkrebs eine molekulare Diagnostik durchgeführt?

Die meisten Mammakarzinome gehen von den Deckzellen der Drüsenläppchen (lobuläres Karzinom) oder der Milchgänge (ductales Karzinom) aus und sind aus histologischer Sicht Adenokarzinome. Zur Behandlung vom Mammakarzinom wurden in den letzten Jahren eine Reihe neuer Möglichkeiten entwickelt, die mit Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie kombiniert werden können. Die Art der Therapie richtet sich gezielt gegen molekulare Eigenschaften des Krebs und wird folgerichtig als zielgerichtete Therapie (Targeted Therapy) bezeichnet. Neue immunonkologische Ansätze (z.B. CDK4/6-Inhibitoren) dienen darüber hinaus zum Stärken der körpereigenen Immunantwort gegen den Krebs.
 
 

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Frühes Mammakarzinom: Korrelation zwischen FOXP3-Expression und Krebsstammzellen

Erschienen am 20.09.2021Lesen Sie, dass Exosomen aus Krebsstammzellen FOXP3 höher exprimieren und wie dies als Frühdiagnosemarker bei frühem Brustkrebs genutzt werden könnte.

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Um die verschiedenen Formen der Behandlung passgenau anwenden zu können, muss der Krebs gut charakterisiert sein.

Dies erfolgt durch:
  • TNM-Klassifikation (Größe, Ausbreitung und Metastasen des Tumors)
  • Gewebestatus (histologisches Grading)
  • molekulare Marker (Biomarker) der Tumorzellen, wie HER2-Rezeptor, ER-/PR-Hormonrezeptor und Ki-67.

Wieso erhalten nur manche Patient:innen monoklonale Antikörper bei Brustkrebs?

Etwa 20% der Mammakarzinome sind HER2-positiv, d.h. sie tragen einen Marker, der mit einem verstärkten Zellwachstum im Zusammenhang steht. Als adjuvante zielgerichtete Therapie stehen für einen HER2-positiven Tumor monoklonale Antikörper wie Trastuzumab/ Pertuzumab zur Verfügung, die gegen den Marker gerichtet sind. Sie können das Wachstum des Krebs hemmen, das Risiko für ein Wiederauftreten vom Tumor verringern und die Überlebenszeit der Betroffenen verbessern. Trastuzumab/ Pertuzumab können aber nur bei einem HER2-positiven Tumor wirken.

Was ist ein TNBC?

Schwierig ist die Therapie bei dreifach negativem Brustkrebs (TNBC), sog. triple-negativem Mammakarzinom. Dies ist eine Gruppe von aggressiv und schnell wachsenden Karzinomen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit metastasieren. Ein TNBC tritt häufiger bei jüngeren Patientinnen auf.

In sehr seltenen Fällen tritt Brustkrebs schon früh gepaart mit weiterem Krebs, wie Weichteil- und Knochensarkomen, Hirntumoren, Nebennierenrindenkarzinom, Leukämien auf. Hier spricht man vom Li-Fraumeni-Syndrom (LFS).

Wie lange überlebt man mit Brustkrebs?

Brustkrebs ist je nach Form unterschiedlich gut therapierbar. Unabhängig vom Tumor-Subtyp wird ein Wiederauftreten an derselben Brust oder in den axillären Lymphknoten nach Operation als Rezidiv oder Rückfall bezeichnet. Hierzu kommt es bei 5 bis 10% der betroffenen Frauen innerhalb von etwa 10 Jahren nach erster Therapie. Dank umfassender Möglichkeiten zur Behandlung liegt die 10-Jahres-Überlebensrate bei Brustkrebs – über alle Formen hinweg gerechnet – bei etwa 80%, d.h. statistisch gesehen leben damit 8 von 10 Patient:innen noch 10 Jahre nach ihrer Behandlung.
 
 

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Was sind Hochrisikofamilien? 

Bei etwa 5% der Patient:innen finden sich Genveränderungen, sog. Mutationen, nicht nur in den Krebszellen selbst, sondern auch in den Keimzellen. Diese werden als Keimbahnmutationen bezeichnet. Eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Brustkrebs spielen die Brustkrebsgene BRCA1 und BRCA2 sowie die Gene CHEK2, PALB2 und RAD51. Keimbahnmutationen in den Genen gelten als Riskofaktor für das Mammakarzinom und können vererbt werden. Bei Patient:innen mit diesen Mutationen sind deshalb oft auch andere Famililenmitglieder vom Krebs betroffen. Mitglieder dieser Hochrisikofamilien haben ein erhöhtes Risiko für Mammakarzinom und Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom). Sie erkranken häufig schon vor dem 50. Lebensjahr oder haben häufig den aggressiven Brustkrebs Subtyp TNBC. Mitgliedern von Hochrisikofamilien steht eine genetische Beratung zum Thema Brustkrebs und ein spezielles Programm zur Früherkennung zur Verfügung.

Red. journalonko.de

Literatur:

(1) Wörmann, B., et al. Mammakarzinom der Frau, Onkopedia Leitlinien, 2018, DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V.) https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/mammakarzinom-der-frau/@@guideline/html/index.html.
(2) Brustkrebs/Mammakarzinom, Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), Onko Internetportal, https://www.krebsgesellschaft.de/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs.html.
(3) Interdisziplinäre S3-Leitliniefür die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Langversion 4.4–Juni2021AWMF-Registernummer: 032-045OL; Leitlinienprogramm Onkologie, https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/032-045OLl_S3_Mammakarzinom_2021-07.pdf.
(4) Brustkrebs, Der blaue Ratgeber, 02, Deutsche Krebshilfe, 2019, https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Brustkrebs_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf.
(5) Brustkrebs erkennen, Deutsche Krebshilfe, online, https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/krebsfrueherkennung/.
(6) Familiärer Brust- und Eierstockkrebs, Der blaue Ratgeber, 24, Deutsche Krebshilfe, 2018, https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Familiaerer-Brust-und-Eierstockkrebs_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf.

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