Dienstag, 19. März 2024
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Scheidenkrebs (Vaginalkarzinom)

Dr. rer. nat. med. habil. Eva Gottfried

Scheidenkrebs (Vaginalkarzinom)
© SciePro - stock.adobe.com
Bösartige Veränderungen der Scheide (Vagina) werden als Vaginalkarzinom, auch Scheidenkrebs bezeichnet. Die sehr selten auftretende gynäkologische Krebserkrankung betrifft weniger als eine von 100.000 Frauen, d.h. in Deutschland erkranken jährlich etwa 400 Frauen.
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Was ist das Vaginalkarzinom (Scheidenkrebs)?

Die Vagina ist eines der inneren weiblichen Geschlechtsorgane und besteht aus einem etwa 10 cm langen Muskelschlauch, der von einer Schleimhaut bedeckt ist. Scheidenkrebs kann von verschiedenen Geweben ausgehen:
 
  • Plattenepithelkarzinome (95 % der Vaginalkarzinome) entstehen aus Veränderungen der obersten Schleimhautschicht. Sie  breiten sich in der Regel langsam aus.
  • Adenokarzinome (etwa 5%) gehen von  Drüsenzellen aus
  • maligne Melanome (schwarzer Hautkrebs) sind selten
  • Rhabdomysarkome (selten bei Kindern) haben ihren Ursprung in der Muskulatur
     
     

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Was ist die Ursache von Scheidenkrebs?

Bei den meisten Vaginalkarzinomen ist die genaue Ursache unklar. Allerdings sind Risikofaktoren bekannt, die eine Entstehung begünstigen. Die wichtigsten Risikofaktoren sind ähnlich wie die Risikofaktoren für Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) und Vulvakarzinom:
 
  • Infektion mit Humanem Papillomavirus (HPV), insbesondere HPV Typ 16 und 18
  • Lichen sclerosus, eine nicht.ansteckende, chronische Hauterkrankung im Genitalbereich
  • vaginale intraepitheliale Neoplasie (ValN)
  • Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partnern oder Partnerinnen
  • erster Geschlechtsverkehr in jungen Jahren
  • Tabakrauchen
  • höheres Alter

Welche Symptome treten bei Scheidenkrebs auf?

Scheidenkrebs wird häufig erst im fortgeschrittenen Stadium auffällig.

Zu den ersten Symptomen gehören:
 
  • blutiger Ausfluss aus der Scheide, teils übelriechend, besonders bei Frauen nach der letzten Blutung (Menopause)
  • Blutungen nach Sexualverkehr oder Schmerzen beim Sex
  • knotige Veränderungen an der Scheide
Im fortgeschrittenen Stadium können auch auftreten:
 
  • Schmerzen im Unterleib
  • Organstörungen (Harnblase, Darm)
Zu bedenken ist aber, dass Scheidenkrebs bei Frauen unter 40 Jahren sehr selten auftritt, und auch Bakterieninfektionen mit ähnlichen Symptomen einhergehen können. Wenn Sie diese Symptome bemerken, gehen Sie zu einem Arzt oder einer Ärztin.

Welche Untersuchungen werden bei Verdacht auf Scheidenkrebs gemacht?

Die Entdeckung von Scheidenkrebs ist oft ein Zufallsbefund bei der gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung. Dabei wird über die Scheide ein Spekulum in den Scheidenkanal eingeführt, um Scheide und Gebärmutterhals zu untersuchen und einen Zellabstrich zu nehmen. Weil in der Scheide auch Tumore aus anderen Geweben einwachsen können, ist der Ursprung der Erkrankung wichtig. So wird untersucht, ob es sich tatsächlich um ein Vaginalkarzinom handelt, oder doch ein Vulvakrebs oder Gebärmutterhalskrebs in die Scheide einwächst.  Diese Unterscheidung ist für die Wahl der Therapie von Bedeutung.
 
 

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Hauptrisikofaktoren für die Entstehung von Vulvakarzinomen sind Lichen sclerosus und humane Papillomviren (HPV).

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Wenn der entnommene Zellabstrich bei der mikroskopischen Untersuchung auffällig ist, kann eine Lupenvergrößerungsuntersuchung (Kolposkopie) durchgeführt werden und gegebenenfalls eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen werden, die vom Pathologen beurteilt wird. Bildgebende Untersuchungen wie Ultraschall und Spiegelung von Blase, Harnwege (Urethrozystoskopie) und Darm (Rektoskopie) dienen zur Untersuchung, wie weit der Tumor vorangeschritten ist. Im fortgeschrittenen Stadium kommen auch  die kontrastmittelgestützte Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT) oder in Ausnahmefällen Positronen-Emissions-Tomografie (PET) infrage.

Welche Stadien gibt es beim Scheidenkrebs?

Im Rahmen der Diagnostik wird ein sogenanntes Staging durchgeführt, bei dem anhand einer Gewebeprobe bestimmt wird, in welcher Entwicklungsstufe sich die Veränderungen befinden.

Dabei wird unterschieden zwischen
 
  • Vorstufen (vaginale Präkanzerosen, wie vaginale intraepitheliale Neoplasien, VaIN)
  • bösartigem (malignem) invasiven Vaginalkarzinom, d.h. ein in andere Gewebe einwachsender Krebs
Die Vaginalkarzinome werden histologisch gemäß der TNM-Klassifikation und häufig mit Angabe des FIGO-Stadiums klassifiziert. Dabei werden auch Tumordicke und Invasionstiefe in das umliegende Bindegewebe betrachtet.

Welche Behandlung gibt es für Scheidenkrebs?

Die Therapie umfasst, je nach Stadium:  
  Bei einem sehr kleinen Vaginalkarzinom (FIGO I) kann ein chirurgischer Eingriff zum Entfernen des Tumors als Behandlung ausreichen. Bei größeren Tumoren wird die Scheide teilweise oder vollständig entfernt (Vaginektomie). Wenn es die Patientin wünscht, kann die Scheide in einer anschießenden plastischen Operation rekonstruiert werden. Je nach Ausbreitung des Krebs, müssen auch angrenzende Organe entfernt werden, wie Harnblase, Gebärmutter (Hysterektomie), Darm (Kolpektomie) oder Lymphknoten. Lymphknoten werden dann auf Absiedelungen (Metastasen) untersucht.

Anstelle dieser sehr umfangreichen Operation weden bei ausgedehntem Tumor (FIGO II – IV) häufig eine Strahlentherapie plus Chemotherapie (Radiochemotherapie) angewendet.
Auch mit Strahlentherapie allein lassen sich manche Vaginalkarzinome kontrollieren, im Stadium FIGO I bei 85-95% der Patientinnen, in höheren Stadien (FIGO II – IVA) bei 50-70% der Betroffenen.
Die Bestrahlung wird in der Regel von innen über die Scheide (vaginale Brachytherapie) oder von außen über die Haut (perkutane Therapie) durchgeführt.

Als chemotherapeutische Komponente der Behandlung werden häufig 5-Fluorouracil (5-FU) plus Cisplatin oder Mitomycin.
Bei der Entscheidung über die Behandlung werden auch Begleiterkrankungen und Kinderwunsch der Patientin von den behandelnden Ärzten berücksichtigt.
 
 

Veranstaltung zu diesem Thema:

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Scheidenkrebs: seltene Erkrankung – wenige Studien

Nachdem das Vaginalkarzinom eine seltene Erkrankung ist, gibt es bisher nur wenige prospektive Studie zur systemischen Therapie, adjuvanten (unterstützenden) Therapie und neoadjuvanten (vor Operation) Chemotherapie. Auch zur Therapie von Rückfällen (Rezidiven) und für das Vorliegen von Metastasen gibt es derzeit nur Einzelfallberichte und Studien mit wenigen Patientinnen. Ebenso gibt es noch keine evidenzbasierten Daten zum Metastasierungsrisiko.

Deshalb wird die  Behandlung häufig in Anlehnung an Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) durchgeführt. Auch eine Prognose ist oft schwierig. Wie bei jedem Tumor gilt aber, je früher er erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen.

Eine sogenannte supportive Therapie kann zur Unterstützung der Patientinnen bei Nebenwirkungen eingesetzt werden, insbesondere zur Verringerung von Übelkeit, Erbrechen und Durchfall aufgrund der Chemotherapie oder Strahlentherapie, sowie zur Besserung von Blutarmut (Anämie) und Vaginaltrockenheit. Auch eine psychoonkologische Unterstützung ist möglich.

Wie kann man Scheidenkrebs vorbeugen?

Derzeit sind mehr als 200 Typen von HP-Viren (Humanes Papillomavirus) bekannt, die vor allem Haut und Schleimhaut besiedeln. Sogenannte Hochrisiko-HPV-Typen führen zu Zellveränderungen, die ohne Behandlung abheilen können, die aber auch das Tumorwachstum mit auslösen können. Somit führt nicht jede Infektion unbedingt zum Krebs, aber andersherum wird bei 80% der Patientinnen eine HPV-Infektion nachgewiesen. Deshalb wird jüngeren Frauen (und Männern!) im Alter von 9 bis 14 Jahren von der Ständigen Impfkommission am RKI eine HPV-Impfung empfohlen. Eine regelmäßige gynäkologische Untersuchung und eine angemessene Sexualhygiene ersetzt diese aber nicht.  

Weitere Informationen finden Sie in den S2k-Leitlinien der Fachgesellschaften.

Redaktion journalonko.de

Literatur:

S2k-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Vaginalkarzinoms und seiner Vorstufen, awmf Registernummer 032/042l, Stand Oktober 2018, Version 1.0
Leitlinienprogramm der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG), Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG). https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/032-042.html.

https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/andere-krebsarten/scheidenkrebs.html.

Humane Papillomviren (HPV) als Krebs-Auslöser https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/hpv2.php.

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