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Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom)

Palma Pelaj

Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom)
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Maligne Tumoren der Schilddrüse repräsentieren mit ca. 5.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland weniger als 2% aller Krebsneuerkrankungen. Ihre Inzidenz ist jedoch weltweit steigend. Bei risikoadaptierter, individueller Therapieplanung und -durchführung ist die Prognose für Patient:innen mit differenzierten Schilddrüsenkarzinomen mit einer 10-Jahres-Überlebensraten von 85-95% sehr günstig.
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Was ist Schilddrüsenkrebs?

Schilddrüsenkrebs geht von unterschiedlichen Zellen der Schilddrüse aus. Die Schilddrüse ist eine schmetterlingsförmigen Drüse, die sich am unteren Ende des Halses, direkt unterhalb des Adamsapfels, befindet. Sie produziert Hormone, die die Herzfrequenz, den Blutdruck, die Körpertemperatur und das Gewicht regulieren.

Die Schilddrüse besteht aus 2 Haupttypen von Zellen:
 
  1. Die Follikelzellen verwenden Jod aus dem Blut, um Schilddrüsenhormone zu bilden, die den Stoffwechsel des Menschen regulieren. Ein Überschuss an Schilddrüsenhormonen (Hyperthyreose) kann zu schnellem oder unregelmäßigem Herzschlag, Schlafstörungen, Nervosität, Hunger, Gewichtsverlust und einem Gefühl der Überwärmung (Hyperthermie) führen. Ein zu geringer Hormonspiegel (Hypothyreose) führt dazu, dass der Mensch langsamer wird, sich müde fühlt und an Gewicht zunimmt. Die Menge der von der Schilddrüse freigesetzten Schilddrüsenhormone wird von der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) an der Basis des Gehirns reguliert, die das schilddrüsenstimulierende Hormon (TSH) herstellt.
  2. C-Zellen (auch parafollikuläre Zellen genannt) stellen Calcitonin her, ein Hormon, das dazu beiträgt, den Kalziumverbrauch des Körpers zu kontrollieren.
Andere, weniger häufige Zellen in der Schilddrüse sind Zellen des Immunsystems (Lymphozyten) und Stützzellen (Stromazellen). Aus jeder Art von Zelle entwickeln sich unterschiedliche Krebsarten. Die Unterschiede sind wichtig, um einen individuellen Therapieplan zu erstellen. Denn je nach Krebsart können sich die Möglichkeiten für eine Behandlung unterscheiden.

In der Schilddrüse können sich viele Arten von Wucherungen und Tumoren entwickeln. Die meisten davon sind gutartig (nicht krebsbildend), aber andere sind bösartig (krebsbildend), d. h. sie können sich auf umliegendes Gewebe und andere Organe ausbreiten.
 
 

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Welche Arten von Schilddrüsenkrebs gibt es?

Schilddrüsenkrebs wird nach der Art der im Tumor gefundenen Zellen in verschiedene Typen eingeteilt. Der Typ wird bestimmt, indem eine Gewebeprobe (Biopsie) des Krebses unter einem Mikroskop untersucht wird. Die Art des Schilddrüsenkarzinoms wird bei der Festlegung der Behandlung und Prognose berücksichtigt.

Zu den Arten von Schilddrüsenkarzinomen gehören:
 
  • Papilläres Schilddrüsenkarzinom: Die häufigste Form des Schilddrüsenkarzinoms, das papilläre Schilddrüsenkarzinom, geht von den Follikelzellen aus, die Schilddrüsenhormone produzieren und speichern. Papillare Schilddrüsenkarzinome können in jedem Alter auftreten, am häufigsten sind jedoch Menschen zwischen 30 und 50 Jahren betroffen. Ärzt:innen bezeichnen papilläre Schilddrüsenkarzinome und follikuläre Schilddrüsenkarzinome manchmal gemeinsam als differenzierten Schilddrüsenkrebs (differenziertes Schilddrüsenkarzinom).
  • Follikuläres Schilddrüsenkarzinom: Das follikuläre Karzinom entsteht ebenfalls aus den Follikelzellen der Schilddrüse. Es betrifft in der Regel Menschen, die älter als 50 Jahre sind. Eine seltene und potenziell aggressivere Form von follikulärem Schilddrüsenkrebs ist der Hurthle-Zellkrebs.
  • Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom: Das anaplastische Schilddrüsenkarzinom ist eine seltene Form von Schilddrüsenkrebs, die in den Follikelzellen beginnt. Er wächst schnell und ist sehr schwer zu behandeln. Anaplastischer Schilddrüsenkrebs tritt in der Regel bei Erwachsenen ab 60 Jahren auf.
  • Medulläres Schilddrüsenkarzinom: Das medulläre Schilddrüsenkarzinom entsteht in Schilddrüsenzellen, den so genannten C-Zellen, die das Hormon Calcitonin produzieren. Erhöhte Calcitoninwerte im Blut können auf medullären Schilddrüsenkrebs in einem sehr frühen Stadium hinweisen. Bestimmte genetische Syndrome erhöhen das Risiko, an medullärem Schilddrüsenkrebs zu erkranken, obwohl dieser genetische Zusammenhang eher selten ist.
  • Andere seltene Formen: Andere, sehr seltene Krebsarten, die von der Schilddrüse ausgehen, sind das Schilddrüsenlymphom, das in den Zellen des Immunsystems der Schilddrüse entsteht, und das Schilddrüsensarkom, das in den Bindegewebszellen der Schilddrüse entsteht.

Was sind Ursachen und Risikofaktoren für die Entstehung von Schilddrüsenkrebs?

Die Entstehung von Schilddrüsenkrebs wird mit einer Reihe von Erbkrankheiten in Verbindung gebracht. Die genaue Ursache der meisten Schilddrüsenkrebsfälle ist jedoch noch nicht bekannt und wird weiter erforscht. Grundsätzlich entsteht Krebs durch DNA-Veränderungen, die sogenannte Tumorsuppressorgene ausgeschalten oder Onkogene einschalten.

Risikofaktoren für die Entstehung dieser DNA-Veränderungen sind:
 
  • Aufnahme von radioaktivem Jod
  • weibliches Geschlecht (Frauen sind häufiger betroffen als Männer)
  • Jodmangel
  • Struma / Kropf (Vergrößerung der Schilddrüse)
  • Schilddrüsenadenom
  • Bestrahlung des Kopf-Hals-Bereichs (vor allem im Kindesalter)
  • genetische Veranlagung (Prädisposition)
     

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Welche Symptome verursacht Schilddrüsenkrebs?

Ein Karzinom der Schilddrüse entwickelt sich in der Regel langsam und löst zunächst keine Symptome aus. Der Krankheitsverlauf des Schilddrüsenkarzinoms kann jedoch verschiedene Symptome verursachen.

Symptome, die auf ein Schilddrüsenkarzinom hindeuten können, sind:  
 
  • geschwollene Drüsen im Nacken
  • unerklärliche Heiserkeit, die auch nach einigen Wochen nicht besser wird
  • Halsschmerzen, die nicht abklingen
  • Heiserkeit
  • Schluckbeschwerden
  • Atembeschwerden
  • knotige Veränderungen (Halsknoten, Schilddrüsenknoten)
Schilddrüsenknoten sind jedoch häufig gutartig und werden in der Regel durch eine weniger schwerwiegende Erkrankung verursacht, z. B. eine vergrößerte Schilddrüse (Kropf).

Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei einem Schilddrüsenknoten um Krebs handelt, ist größer, wenn er:
 
  • sich fest anfühlt
  • sich nicht leicht unter der Haut bewegen lässt
  • mit der Zeit größer wird
Obgleich es sich bei einem Kropf nur selten und eine Tumorerkrankung handelt, ist eine ärztliche Untersuchung unbedingt notwendig.

In seltenen Fällen kann ein Schilddrüsenkarzinom außerdem die Produktion von Schilddrüsenhormonen beeinträchtigen und Durchfall und Hautrötungen verursachen.

Wie wird Schilddrüsenkrebs diagnostiziert?

Besteht der Verdacht auf ein Karzinom der Schilddrüse, werden verschiedene Verfahren eingesetzt, um die Diagnose Schilddrüsenkrebs zu stellen.

Zu den Tests und Verfahren zur Diagnose von Schilddrüsenkrebs gehören:
 
  • Anamnese
Allen Untersuchungen geht eine genaue Erhebung der (Familien-)Krankengeschichte voran. Wichtig ist hierbei vor allem Risikofaktoren wie eine vorangegangene Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich oder das Vorkommen von Schilddrüsenkarzinomen in der Familie ausfindig zu machen und zu bewerten.
 
  • Körperliche Untersuchung
Im nächsten Schritt wird eine allgemeine körperliche Untersuchung durchgeführt. Hierbei wird zunächst der Hals untersucht, um nach physischen Veränderungen in der Schilddrüse zu suchen, z. B. nach Schilddrüsenknoten.
 
  • Laboruntersuchungen
Mit Hilfe eines Bluttests wird die Funktionsfähigkeit der Schilddrüse überprüft. Bei Laboruntersuchungen können Tumormarker der Krebserkrankung festgestellt werden. Blutuntersuchung sind außerdem fester Bestandteil der Nachsorge.
  Bei einer Ultraschalluntersuchung werden hochfrequente Schallwellen (Ultraschall) eingesetzt, um Bilder von Körperstrukturen zu erstellen. Mithilfe dieser Untersuchung kann eine erste Einschätzung des Schilddrüsenknotens erfolgen. Anhand der Ultraschallbilder ist oft erkennbar, ob es sich bei dem Knoten um einen bösartigen Tumor handeln könnte.
  Ein Szintigramm macht mithilfe von Radiopharmka (radioaktiv markierte Stoffe) sogenannte „kalte Schilddrüsenknoten“ ausfindig. Bei „kalten Knoten“ handelt es sich um Schilddrüsenknoten, die aus nicht normal funktionierendem Schilddrüsengewebe bestehen. Der Begriff „kalte Knoten“ beschreibt hierbei nicht die Temperatur der Knotens. Gesundes Gewebe ist, im Gegensatz zu „kalten Knoten“, dazu in der Lage, radioaktives („heißes“) Jod aufzunehmen. „Kalte Knoten“ können diese Funktion nicht mehr erfüllen. Bei „kalten Knoten“ besteht ein erhöhtes Risik für die Entstehung von Schilddrüsenkrebs. Werden bei der Szintigraphie kalte Knoten entdeckt, müssen diese genauer untersucht werden.
 
  • Biopsie
Bei einer Feinnadelaspirationsbiopsie wird eine lange, dünne Nadel durch die Haut in den Schilddrüsenknoten eingeführt. In der Regel wird zeitgleich eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, um die Nadel präzise in den Knoten zu führen. Mit der Nadel wird eine Probe des verdächtigen Schilddrüsengewebes entnommen. Die Probe wird im Labor auf Krebszellen untersucht. Mithilfe dieser Untersuchung kann eine eindeutige Diagnose gestellt werden.
  Möglicherweise werden eine oder mehrere bildgebenden Untersuchungen durchgeführt, um festzustellen, ob sich der Krebs über die Schilddrüse hinaus ausgebreitet hat (Metastasen). Zu den bildgebenden Verfahren gehören CT (Computertomographie), MRT (Magnetresonanztomographie) und nuklearmedizinische Tests, bei denen eine radioaktive Form von Jod verwendet wird.
 
 

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Welche Stadien gibt es bei Schilddrüsenkrebs?

Je nachdem wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist, kann das Schilddrüsenkarzinom in verschiedene Stadien eingeteilt werden. Grundlegend wird in die Stadien I bis IV eingeteilt. Die Stadieneinteilung erfolgt auf Grundlage der TNM-Klassifikation der Schilddrüsenmalignome. Wichtig für die Einteilung der Stadien ist neben dem Fortschreiten der Erkrankung auch die Art des Schilddrüsenkarzinoms. Einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Stadien des Schilddrüsenkarzinoms finden Sie hier.

Wie wird Schilddrüsenkrebs behandelt?

Chirurgische Therapieoptionen beim Schilddrüsenkarzinom
 
  • Lobektomie (Entfernung des Schilddrüsenlappens, in dem sich das Karziom befindet)
  • Fast totale Thyreoidektomie / subtotale Threoidektomie (Entfernung eines Teils der Schilddrüse)
  • Totale Thyreoidektomie (Entfernung der gesamten Schilddrüse)

Strahlentherapie beim Schilddrüsenkarzinom

Im Anschluss an eine operative Entfernung des Karzinoms wird häufig eine Radioiodtherapie (Radiojodtherapie) durchgeführt. Mithilfe dieser Therapie sollen Karzinomreste und Metastasen behandelt werden. Das verabreichte radioaktive Jod (Jod-131) reichtert sich in verbleibenden Schilddrüsenzellen oder Metastasen an und zerstört durch die Freisetzung der Strahlung betroffenes Gewebe. Neben Krebsgewebe wird durch diese Therapie jedoch auch gesundes Gewebe zerstört.

Werden im Anschluss dieser Therapie noch immer Tumorreste oder Metastasen gefunden, kann eine äußere Bestrahlung indiziert werden. Detaillierte Informationen zu den verschiedenen Optionen der Bestrahlungstherapie finden Sie hier. Beim anaplastischen Schilddrüsenkarzinom wird hingegen zunächst eine äußerliche Bestrahlung durchgeführt.

Medikamentöse Behandlung beim Schilddrüsenkarzinom

  • Hormonbehandlung
Wird die gesamte Schilddrüse im Rahmen der Behandlung entfernt, müssen im Anschluss Schilddrüsenhormone substituiert werden.
  Beim Schilddrüsenkarzinom erzielt eine Chemotherapie nicht so gute Ergebnisse wie die Strahlentherapie.

Weitere Informationen über die Behandlung des Schilddrüsenkarzinoms stehen in der ersten S3-Leitlinie „Schilddrüsenkarzinom“ zur Verfügung. Über eine Aktualsierung können Sie sich hier informieren.
 
 

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Wie kann Schildrüsenkrebs vorgebeugt werden?

Es ist nicht möglich, das Risiko für die Entstehung eines Schilddrüsenkarzinoms vollständig zu mindern. Die Vermeidung der oben geführten Risikofaktoren führen jedoch zumindest zu einer Reduktion des Risiko für die Entstehung von Schilddrüsenkrebs.  

Insbesondere sollte darauf geachtet werden,
 
  • einen Jodmangel durch eine ausgewogene Ernährung zu vermeiden.
  • ein moderates Körpergewicht zu halten.

Prävention für Menschen mit hohem Risiko

Erwachsene und Kinder mit einer vererbten Genmutation, die das Risiko für die Entstehung eines medullären Schilddrüsenkarzinoms erhöht, können eine Schilddrüsenoperation zur Krebsvorbeugung in Betracht ziehen (prophylaktische Thyreoidektomie). Genaueres muss individuell im Arzt-Patienten-Gespräch besprochen werden.

Prävention für Menschen in der Nähe von Kernkraftwerken

Menschen, die in der Nähe von Kernkraftwerken leben, wird manchmal ein Medikament verabreicht, das die Auswirkungen der Strahlung auf die Schilddrüse blockiert. Das Medikament (Kaliumjodid) könnte im unwahrscheinlichen Fall eines Reaktorunfalls eingesetzt werden.
 
 

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Redaktion Journal Onkologie

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