Dienstag, 19. März 2024
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Selbsthilfe bei Lungenkrebs: Betroffene helfen Betroffenen

Krebspatienten fühlen sich oft überfordert – auch Patienten mit Lungenkrebs. Kaum ist die Diagnose gestellt, beginnen die ersten Therapien: Operationen oder viele Zyklen Chemotherapie fordern und verändern nicht nur den Körper, sondern auch das gesamte Leben mit einem Schlag. Die Psyche kommt so schnell kaum hinterher: Die meisten Betroffenen begreifen erst nach und nach, dass sich das Leben ab jetzt drastisch ändert und nie mehr so sein wird wie zuvor.
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In dieser Situation kann es hilfreich sein, zu erfahren, wie andere Betroffene mit der Erkrankung umgehen. Die Hilfe und Unterstützung durch Familie, Freunde und Ärzte sind selbstverständlich wichtig und durch nichts zu ersetzen. Dennoch: Der Austausch mit anderen Betroffenen ist wertvoll und eröffnet eine zusätzliche Ebene der Kommunikation. Vor ihnen können Patienten „die Maske fallen lassen“. Sie müssen weder erklären wie sie sich fühlen noch – wie häufig ihrer Familie gegenüber – stark sein, obwohl sie oft wenig Mut und Hoffnung haben. An einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen, empfinden deshalb viele Betroffene als Bereicherung. Doch was ist Selbsthilfe eigentlich genau? Zum Thema Selbsthilfe existieren mehrere Vorurteile. So glauben viele, dass bei den Treffen nur gejammert und dadurch eigene Sorgen noch verstärkt werden. Auch ist die Angst weit verbreitet, sich ganz und gar öffnen, also die persönliche Leidensgeschichte immer wieder erzählen zu müssen. Manche Ärzte reagieren ebenfalls zurückhaltend auf das Thema Selbsthilfe. Sie glauben, dass sich Patienten zu einer Art Kaffeekränzchen zusammenfinden, um das ärztliche Unvermögen zu diskutieren. Hier schwingt vielleicht auch die Sorge mit, dass sich Patienten zu sehr in ihre Therapieentscheidungen einmischen könnten. Denn sicher prüfen gut informierte Patienten intensiver die verschiedenen Möglichkeiten der Behandlung und fragen daher gezielter nach. Ein weiteres Vorurteil ist, dass Veranstaltungen, bei denen schwerkranke Menschen zusammentreffen, naturgemäß traurig sind und nicht gelacht wird. Auch das ist falsch. Menschen, die sich einer Selbsthilfegruppe anschließen, fühlen sich dort oft aufgefangen und finden neuen Lebensmut. Hierzu tragen vor allem zwei Aspekte bei: Andere Betroffene zeigen, dass ein Leben mit Lungenkrebs möglich ist – trotz aller Beeinträchtigungen. Ihnen muss man nicht erklären wie es ist, erkrankt zu sein und wie es dazu kam. Durch den Austausch untereinander sind sie außerdem gut über ihre Krankheit informiert. Es gibt Selbsthilfegruppen, die eigene Jahrestagungen oder kleinere Patientenkongresse organisieren, zu denen sie Ärzte einladen, die in Vorträgen über die neuesten Entwicklungen in der Medizin berichten. Auch in kleinerem Rahmen werden hin und wieder Experten zu den Gruppentreffen eingeladen, die zu unterschiedlichen Themen referieren (s. Interview). Mit simplen Kaffeekränzchen hat Selbsthilfe also in der Tat nichts gemein. Einige Gruppen werden von geschulten Betroffenen geleitet. Gruppenleiter können sich zu Themen wie Teamentwicklung, Organisations- und Führungsverständnis oder Konfliktmanagement fortbilden. Ein gewisses Maß an Organisation und Professionalität ist auch in einer Laienorganisation von Vorteil. Selbsthilfegruppen sind heute unverzichtbar; beispielsweise wenn eine Klinik die Zertifizierung zu einem bestimmten Tumorzentrum anstrebt. Die Sicht von Betroffenen wird aber ebenso vor Beschlüssen in politischen und medizinischen Gremien benötigt. Selbst im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), dem höchsten Gremium unseres Gesundheitssystems, ist ihre Mitarbeit erforderlich. Ohne die beratende Tätigkeit der Patientenvertreter dürfen hier beispielsweise keine Richtlinien für die medizinische Versorgung der jeweiligen Erkrankung verabschiedet werden. Selbsthilfegruppen bieten also nicht nur Betroffenen ein Forum – sie vertreten Patienteninteressen und sind damit ein wichtiger Teil des Gesundheitssystems. Warum engagieren sich bislang nur Wenige in der Selbsthilfe? Hier gibt es mehrere Gründe. Einer ist einfach und naheliegend: Viele wissen gar nicht, dass es Selbsthilfegruppen für Lungenkrebspatienten gibt. Im Gegensatz zur Selbsthilfe bei anderen Krebserkrankungen wie Brustkrebs, existiert die Selbsthilfe bei Lungenkrebs erst seit einigen Jahren. Zwei an Lungenkrebs erkrankte Frauen – eine in Berlin, eine in Hamburg – haben im Jahr 2003 nahezu gleichzeitig beschlossen, aktiv zu werden und jeweils eine Gruppe zu gründen. Auch dank ihres Engagements entstanden weitere in den vergangenen Jahren. Heute sind es deutschlandweit mehr als knapp 40 und neue kommen hinzu. Ein anderer Grund ist, dass Lungenkrebs immer noch eine lebensbedrohende Krankheit ist. Viele Betroffene versterben trotz intensiver Therapie bereits nach einigen Monaten oder wenigen Jahren. So besteht für sie oft gar nicht die Chance, sich außerhalb der eigenen Krankheit aktiv für andere einzusetzen. Dies ist auch für heute bestehende Gruppen ein Problem: Einige von ihnen werden nicht weitergeführt, wenn die jeweilige Gruppenleitung aus gesundheitlichen Gründen die Arbeit beenden muss oder gar verstirbt. Umso willkommener sind daher Angehörige von Betroffenen, die sich zum Thema Lungenkrebs und Selbsthilfe engagieren möchten. Möglicherweise ist die Teilnahme in der Selbsthilfe auch nicht zu jedem Zeitpunkt passend. Direkt nach Diagnosestellung kann es für Manche zu früh sein, mit Menschen zu sprechen, die bereits Höhen und Tiefen der Krankheit durchlebt haben. Für Andere ist gerade in dieser Situation die Unterstützung durch die Gruppe wichtig. Wieder andere Menschen, die sich jahrelang in einer Gruppe engagiert und die Krankheit überstanden haben, entscheiden sich dafür aufzuhören, da es in ihrem Leben neue Perspektiven gibt und sie sich anderen Themen zuwenden möchten. Längst nicht alle Patienten sind an organisierter Selbsthilfe interessiert. Das ist ein weiterer Aspekt. „Für mich war Ablenkung die beste Selbsthilfe“, so eine Patientin, die sich gegen die bewusste Auseinandersetzung mit ihrer Erkrankung entschieden hat. Sie schloss trotz Chemotherapie erfolgreich ihre Ausbildung ab und machte außerdem ihren Führerschein. „Ich wollte mich eher gar nicht mit dem Krebs befassen, sondern – soweit möglich – einfach weitermachen. Mir haben hauptsächlich meine Freunde Kraft und neuen Lebensmut gegeben.“ Es gibt keinen einzig richtigen Weg mit der Erkrankung umzugehen. Jeder Betroffene muss selbst herausfinden was ihm gut tut. Daher lautet der Rat an alle Betroffenen und auch ihre Angehörigen: Hingehen, zuhören, erleben und dann entscheiden, ob man wiederkommen möchte. Denn Selbsthilfe umfasst das Angebot „Betroffene helfen Betroffenen“ – ohne Zwang und dauerhafte Verpflichtung.

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