09. April 2020 SARS-CoV-2 kann Hirnhautentzündungen hervorrufen
In der aktuell publizierten Kasuistik (1) wird berichtet, dass der betroffene 24-jährige Mann in den ersten 8 Tagen seiner Erkrankung wegen Müdigkeit, Kopfschmerz, Übelkeit und Fieber zweimal einen Arzt aufgesucht hatte. Dieser hatte eine Grippe vermutet und ihm ein Influenzamedikament (Laninamivir) und fiebersenkende Medikamente verordnet. Eine Lungenröntgenuntersuchung war unauffällig gewesen. Am neunten Tag der Erkrankung wurde der junge Mann von der Familie bewusstlos aufgefunden. Während des Krankentransports kam es zu mehreren epileptischen Anfällen, sodass er intubiert und beatmet werden musste. In der Klinik wurde eine ausgeprägte Nackensteifigkeit diagnostiziert, ein Hauptsymptom der Meningitis. Die bildgebende Untersuchung mit MRT zeigte den Befund einer Meningoenzephalitis mit Hyperintensitäten entlang der rechten lateralen Ventrikelwand sowie rechts mesiotemporal und in der Hippocampusregion. Im Thorax-CT fanden sich zusätzlich Hinweise auf eine virale Pneumonie. Dennoch war der Nasen-Rachen-Abstrich auf SARS-CoV-2-negativ, im Liquor jedoch konnte spezifische SARS-CoV-2-RNA nachgewiesen werden. Die Diagnostik auf andere Meningitis-auslösende Viren war negativ.
„Das Besondere an diesem Fall ist, dass der Virusnachweis im Nervenwasser positiv war, aber nicht im Nasenrachenabstrich. Das weist darauf hin, dass das neuartige Coronavirus sich hier offensichtlich über den neuralen Infektionsweg ausgebreitet hat“, so der Experte. Tierexperimentell konnte der neurale Infektionsweg bei anderen Coronaviren bereits nachgewiesen werden (2). Die Viren werden dabei von Neuron zu Neuron über die Synapsen weitergegeben (über den Transportweg der Endo-/Exozytose). Die Kasuistik liefere nun einen Beweis dafür, dass sich SARS-CoV2 auch bei Menschen über diesen Infektionsweg verbreiten könne.
Auch eine italienische Neurologin aus Mailand (4), quasi dem Epizentrum der Pandemie in Europa, berichtete, dass einige Covid-19-Patienten in erster Linie neurologische Symptome aufwiesen – sie empfiehlt daher, jeden Patienten, der sich mit neurologischer Symptomatik vorstellt, routinemäßig auf SARS-CoV2 zu testen.
„Durch die neue Datenlage verdichten sich die Hinweise, dass COVID-19 kein rein pneumologisches, Krankheitsbild ist“, so Berlit. „Auch bei neurologischen Leitsymptomen muss an den neuartigen Erreger gedacht werden.“
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
Literatur:
(1) Moriguchi T, Harii N, Goto J et al. A first Case of Meningitis/Encephalitis associated with SARS-Coronavirus-2. International Journal of Infectious Diseases. https://doi.org/10.1016/j.ijid.2020.03.062
(2) Li1 YC, Bai WZ, Hashikawa T. The neuroinvasive potential of SARS-CoV2 may play a role in the respiratory failure of COVID-19 patients. J Med Virol 2020 Feb 27. doi: 10.1002/jmv.25728. [Epub ahead of print]
(3) https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-100l_S1_Virale_Meningoenzephali...
(4) Anna Bersano, Leonardo Pantoni. On being a neurologist in Italy at the time of the COVID-19 outbreak. Neurology 2020. First published April 3, 2020, DOI: https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000009508
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