HAE-Therapie ist anders
Wichtig zu wissen: Antihistaminika oder Steroide, Standardtherapien für Histamin-vermittelte Angioödeme, blieben bei HAE wirkungslos, so Wedi. Dennoch sind HAE-Attacken gut behandelbar, zum Beispiel mit humanem C1-INH-Konzentrat oder mit einem B2-Rezeptor-Antagonisten. Meist erfolgt eine Akuttherapie. Vor operativen Eingriffen aber, insbesondere in der Mundhöhle, ist auch eine Kurzzeitprophylaxe zu erwägen. Und unter bestimmten Bedingungen kommt für Patienten mit schweren und sehr häufigen Attacken auch eine Routineprophylaxe infrage. Die Substitution von C1-INH kann sowohl vom Arzt als auch vom Patienten selbst nach entsprechender Schulung durchgeführt werden (3).
Falscher Sicherheit vorbeugen
Dass auch die richtige Diagnose HAE zu falschen Schlüssen führen kann, zeigte Martinez Saguer. Treten etwa Nebenerkrankungen auf, können deren Symptome als HAE-Attacken fehlinterpretiert werden. Martinez Saguer stellte 2 Patienten vor, deren Bauchschmerzen zunächst als Symptom ihres HAE gedeutet wurden. Tatsächlich aber waren eine Fruktoseintoleranz bzw. eine erosive Gastritis hinzugekommen. „Bei erhöhten Attackenfrequenzen ohne offensichtlichen Grund sollten Ärzte weitere Untersuchungen durchführen“, riet Martinez Saguer. Gerade Patienten in Selbstbehandlung sollten regelmäßig in einem HAE-Zentrum untersucht werden.
Bedeutung von Prodromi und Triggern
Häufig beschrieben HAE-Patienten physische oder psychische Anzeichen, die einer Attacke vorausgingen, sogenannte Prodromi, sagte Prof. Markus Magerl, Berlin (9): Oft genannt würden beispielsweise Müdigkeit, Unwohlsein und Erythema marginatum. Als Risikofaktoren für Attacken gelten Magerl zufolge unter anderem (auch kleinere) mechanische Traumata, emotionaler Stress, Östrogene und Infektionen. Bei einer Befragung von 350 Patienten hätten 80% angegeben, wenigstens hin und wieder Prodromal-Symptome zu spüren (10). Ein Fünftel meinte, von so gut wie keiner Attacke überrascht zu werden, da die Prodromi nahende Attacken zuverlässig vorhersagen würden. Und die Mehrheit gab an, mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50% Attacken vorhersagen zu können. In einer anderen Untersuchung wurden 67% aller Attacken auf einen Trigger zurückgeführt (11). Allerdings, vermutet Magerl, gäbe es in solchen Befragungen einen Bias. Er selbst schätzt, dass Attacken öfter als genannt spontan vorkommen, also ohne Prodromi und Trigger. Magerl verwies auf eine Arbeit Borks zum „stärksten vorstellbaren Trigger“: Zahnextraktionen. Untersucht wurden rund 500 Extraktionen bei HAE-Patienten, nur in knapp 20% der Fälle kam es anschließend tatsächlich zu einer Schwellung (12).
Quelle: CSL Behring
Literatur:
(1) 22. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Angioödeme e.V., 22. November 2017, Mainz.
(2) Vortrag „Verkennung von HAE-Attacken“, Dr. Inmaculada Martinez Saguer, 22. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Angioödeme e.V., 22. November 2017, Mainz.
(3) Maurer M et al. Allergy 2018; Jan 10, doi: 10.1111/all.13384, Epub ahead of print.
(4) Bork K et al. Allergy 2017; doi: 10.1111/all.13270.
(5) Bafunno V et al. J Allergy Clin Immunol 2017; Jun 8, doi: 10.1016/j.jaci.2017.05.020, Epub ahead of print.
(6) Vortrag „Pathogenetische und klinische Unterschiede zwischen Angioödemen bei Urtikaria und Angioödemen bei HAE“ Prof. Dr. Bettina Wedi, 22. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Angioödeme e.V., 22. November 2017, Mainz.
(7) Agostoni A et al. J Allergy Clin Immunol 2004 Sep; 114(3 Suppl):51-131.
(8) Späth PJ, Wüthrich B. Recenti Progressi in Medicina. 1990; 81:513-531.
(9) Vortrag „Vorhersehbarkeit von HAE-Attacken“, Prof. Dr. Markus Magerl, 22. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Angioödeme e.V., 22. November 2017, Mainz.
(10) Magerl M et al. Clin Exp Dermatol 2014; Apr 39(3):298-303.
(11) Zotter Z et al. Orphanet J Rare Dis 2014; Mar 28;9:44.
(12) Bork K et al. Oral Surgery, Oral Medicine, Oral Pathology, Oral Radiology 2011; 112(1):58-64.
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