Bundestag stimmt bald über umstrittene Demenzforschung ab
Die Forschung an Demenzkranken für neue, wirksame Medikamente steckt noch in den Anfängen. Die Koalition will nun eine Ausweitung möglich machen. Ein ethisch sehr sensibles Thema. Für eine Neuregelung der Demenzforschung zeichnet sich in den Koalitionsfraktionen von Union und SPD eine von einer Mehrheit getragene gemeinsame Position ab. Das war am Mittwoch aus beiden Fraktionen zu erfahren. Der Bundestag soll nun in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause (4.-8. Juli) darüber abstimmen. Da es sich um eine ethisch schwierige Frage handele, wollen Unions- und SPD-Fraktion die Abstimmung als Gewissensentscheidung freigeben. In beiden Fraktionen ist damit zu rechnen, dass es abweichende Voten gibt.
Die Unionsfraktion hatte sich nach internem Ringen am Dienstag auf einen Vorschlag geeinigt, wie künftig eine sogenannte gemein- oder gruppennützige Forschung an demenzkranken Menschen aussehen könnte. Ähnliche Voraussetzungen dafür hatte zuvor schon der für Gesundheitspolitik zuständige SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach genannt.
Nach dem Willen der Unionsfraktion soll gemeinnützige Forschung an Patienten erlaubt sein, wenn diese vorher im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte und nach ärztlicher Aufklärung zugestimmt und dies in einer von der Patientenverfügung unabhängigen Probandenverfügung dokumentiert haben. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte eine Einverständniserklärung als Teil der Patientenverfügung angestrebt.
Lauterbach hatte argumentiert, der Betroffene müsse sich bei klarem Verstand mit einer gemeinnützigen Forschung an seiner Person einverstanden erklären und von einem Arzt über Risiken und Vorteile aufgeklärt werden. Das Dokument solle mit einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung aufbewahrt werden. Ohne ein solches Schriftstück über eine gemeinnützige Demenzforschung, sei nur eine Forschung möglich, die individuellen Nutzen bringe.
In Deutschland ist bisher Demenzforschung dann verboten, wenn nur andere Patienten einen Nutzen davon haben, nicht aber der betreffende Patient selbst. Mit der Neuregelung, die Teil einer Neufassung des Arzneimittelgesetzes ist, setzt die Koalition eine EU-Vorgabe um.
Nach den Willen des Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, soll es zu diesem Punkt im Bundestag eine ausführliche Debatte geben. "Die Abgeordneten sollen die Möglichkeit erhalten, ausführlich zu dem Für und Wider zu sprechen."
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, mahnte: "Willenserklärungen zur Teilnahme an gruppennütziger Forschung bei nichteinwilligungsfähigen Patienten sind umstritten." Wer einwilligen wolle, brauche eine qualifizierte Beratung. Aus Gründen eines Interessenskonfliktes "sind Ärzte grundsätzlich auszuschließen, die sich an solcher Forschung beteiligen." Für Brysch kommen für die Beratung "auch Ethiker, Theologen und Juristen in Betracht".
Quelle: dpa
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