27. Januar 2020 Molekulare Diagnostik: Umfassendes Tumorprofiling schafft die Grundlage für die personalisierte Krebsmedizin
Genetische Alterationen treten häufig gewebeübergreifend in unterschiedlichen Tumoren auf. Die Identifikation von klinisch relevanten Mutationen und Biomarkern kann heute bereits die therapeutischen Optionen entscheidend erweitern.
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Tumorprofiling am Beispiel des Lungenkarzinoms
Ein Paradebeispiel für die Anwendung ist das Lungenkarzinom. Es gehört zu den Tumoren mit der höchsten Anzahl an klinisch adressierbaren Veränderungen (Abb. 2). Genombasierte Klassifikationen führen zunehmend zu einer Aufspaltung der bisher histologisch geprägten Unterteilungen (1). Für einige der zentralen onkogenen Treibermutationen stehen zielgerichtete Arzneimittel zur Verfügung. Bereits für die Erstdiagnose eines nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) im Stadium IV wird deshalb eine breit angelegte molekulare Diagnostik empfohlen (1). Sie soll bei allen Patienten im Stadium IV vor Beginn einer medikamentösen Erstlinientherapie erfolgen (1). Die Mindestanforderungen umfassen aktuell:
• EGFR Exon 18-21-Mutationen,
• ALK-Translokationen,
• ROS1-Translokationen,
• BRAF-V600-Mutationen,
• NTRK-Fusionen sowie
• PD-L1-Expressionsstatus.
Zum Nachweis dieser und weiterer, teils seltener und schwer detektierbarer Genveränderungen ist die Paneltestung mittels Next Generation Sequencing (NGS) besonders geeignet. So wurden in einer Auswertung von 1.070 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC mit NGS-Diagnostik bei 4,4% ALK-Rearrangements gefunden, die einer Behandlung mit ALK-Inhibitoren prinzipiell zugänglich sind. Die Mehrzahl der ALK-positiven Patienten hatte zuvor einen FISH-Test erhalten, der jedoch in 35% der Fälle keine ALK-Alteration angezeigt hatte (5). Auch der Nachweis einer EGFR-Exon 19-Deletion konnte mit einem umfassenden CGP-Profiling zuverlässiger geführt werden als mit klassischer PCR-basierter Hotspot-Sequenzierung, wie eine Analyse an 250 NSCLC-Biopsaten gezeigt hat (6).
Die klinische Relevanz einer NTRK-Genfusion ist erheblich, da entsprechende zielgerichtete Therapien bereits zugelassen bzw. in fortgeschrittener klinischer Entwicklung sind. Deren Anwendung beschränkt sich nicht auf das NSCLC, denn NTRK-Genfusionen kommen in verschiedenen Tumoren mit sehr unterschiedlicher Prävalenz vor. Die European Society for Medical Oncology (ESMO) hat erst kürzlich eine Empfehlung für den Nachweis von NTRK-1-, -2-oder -3-Fusionen ausgesprochen (7).
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Eine personalisierte onkologische Medizin, die sich entitätsübergreifend auf molekulare Tumormerkmale stützt und diese im Gesamtkontext mit weiteren patientenrelevanten Aspekten für Therapieentscheidungen heranzieht, wird nach Einschätzung der Expertenrunde an Bedeutung gewinnen. Dabei kann eine zielgerichtete Behandlung auf Grundlage eines genetischen Tumorprofils die Therapieergebnisse verbessern (Abb. 3).
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Von modernen tumorbasierten Ansätzen profitieren gerade auch Patienten mit seltenen Tumoren, für deren Behandlung bislang kaum evidenzbasierte Therapien zur Verfügung standen und bei denen somit ein besonders hoher medizinischer Bedarf besteht. Denn randomisiert-kontrollierte Studien (RCT) nach herkömmlichem Design erfordern relativ große Kohorten, die für seltene Tumoren nur schwer zu rekrutieren sind (9). Die Möglichkeit, Patienten mit seltenen Tumoren entsprechend ihrem Tumorprofil gezielt zu behandeln, führt verstärkt zu einer Überarbeitung der klassischen Studienkonzepte. So nehmen Basket-Studien Patienten mit einer definierten molekularen Signatur unabhängig von der histologischen Diagnose und der Primärtumorlokalisation auf. Im „Basket“ ist somit auch Platz für Patienten mit seltenen Tumoren. Solche nicht-randomisierten Studien haben bereits zu Zulassungen im Bereich der Onkologie geführt. Dies gilt insbesondere für Targeted-Therapien, die auf niedrig-prävalente Genmutationen abzielen, etwa bestimmte NTRK-Fusionen bei soliden Tumoren.
Mit freundlicher Unterstützung der Roche Pharma AG
Was ist FoundationOne® CDx?
FoundationOne® CDx analysiert mit Hilfe moderner Hybrid-Capture Next-Generation-Sequencing (NGS)-Technologie mit hoher Sensitivität alle 4 Klassen genetischer Veränderungen in ausgewählten, krebsspezifischen Genen (Abb. 1). Grundlage dafür ist das FFPE Material aus einer Routine-Biopsie. Für den Test wird nur eine geringe Menge an Tumorgewebe benötigt. Die Analyseergebnisse werden anschließend in Form eines ausführlichen Ergebnisberichts an den Einsender übermittelt. Dieser Report stellt nicht nur das molekulare Tumorprofil anschaulich dar, sondern listet auch die potenziell in Frage kommenden Therapien und klinischen Studien auf. Der Bericht benennt kranheitsspezifische Gene, bei denen eine Veränderung identifiziert wurde. Dies kann dazu beitragen Therapiealgorithmen zu finden oder unwirksame Behandlungen auszuschließen. Der molekularpathologische Report kann als Diskussionsgrundlage in einem interdisziplinären Tumorboard herangezogen werden, um dort die bestmögliche Therapieoption für den Patienten zu identifizieren.
Mit FoundationOne® CDx wird im Vergleich zur wiederholten Einzelbiomarkertestung weniger Probenmaterial benötigt und Zeit gespart. Die Multigen-Panel-Diagnostik kann bei einem breiten Spektrum von Tumoren eingesetzt werden, v.a. bei einem Nicht-Ansprechen auf die Standardtherapie, im metastasierten Stadium und im palliativen Setting.
Auch möglich: Tumorprofiling in der Liquid Biopsy
Wenn eine Gewebe-(Re)Biopsie nicht möglich ist, bietet FoundationOne® Liquid die Möglichkeit, minimal-invasiv anhand einer einzelnen Blutprobe ein umfassendes Tumorprofil zu erstellen. Dafür werden die Fragmente zirkulierender Tumor-DNA aus peripherem Vollblut extrahiert und anschließend mittels NGS sequenziert. FoundationOne® Liquid detektiert die 4 häufigsten Alterationen in 70 krebsassoziierten Genen solider Tumoren und bestimmt den MSI-Status.
Genomisches Profiling soll die Therapie beim CUP-Syndrom endlich voranbringen
Das CUP-Syndrom (CUP=Cancer of Unkown Primary) macht etwa 2-5% aller Krebserkrankungen aus, ist aber die vierthäufigste krebsbedingte Todesursache. Platin-basierte Standard (Radio)-Chemotherapien wirken nur sehr begrenzt.
Bei Patienten mit fortgeschrittenen CUP-Adenokarzinomen wurden zahlreiche genetische Veränderungen gefunden (10). So kamen in einer aktuellen Analyse, die beim ESMO 2019 vorgestellt wurde, rund ein Drittel der Patienten für Targeted- oder Immuntherapie in Frage (11). „Unsere Untersuchungen zeigen, dass CUP-Patienten mit Hilfe des genomischen Profilings neue Therapieoptionen aufgezeigt werden können“, sagte Prof. Dr. Alwin Krämer, Heidelberg. Dies sei ein realistisches Szenario, denn es gebe bereits mehr als 80 onkologische Therapien, die auf molekulare Marker abgestimmt seien. „Leider -erhalten immer noch viele Krebspatienten kein Tumorprofiling oder es erfolgt erst so spät im Krankheitsverlauf, das eine weitere Therapie dem Patienten kaum noch zugemutet werden kann“, erläuterte Prof. Krämer. „Das ist bedauerlich, denn für etwa ein Drittel aller Tumoren sind bereits molekulargenetisch-basierte Therapien vorhanden.“
In der von Prof. Krämer geleiteten internationalen CUPISCO-Studie wird geprüft, ob ein molekulargenetisches Tumorprofil mit FoundationOne® CDx zu einer Verbesserung der Prognose von CUP-Patienten beitragen kann. Die 2018 gestartete multizentrische Phase-II-Studie vergleicht die Wirksamkeit und Verträglichkeit einer nach dem individuellen Tumorprofil ausgewählten Therapie mit der einer Platin-basierten Standardchemotherapie. Die Studie soll 790 Patienten einschließen, die molekulargenetische Untersuchung erfolgt zentral im Universitätskrankenhaus Zürich, die auch ein molekulares Tumorboard (MTB) für Therapieempfehlungen eingerichtet hat. Mit ersten Studienergebnissen ist in etwa 2 Jahren zu rechnen.
Dr. Beate Grübler
Quelle: Media Event „The Future of Personalised Healthcare: Advances in precision medicine and genomics”, 4./5.12.2019, Zürich, Schweiz; Veranstalter: F. Hoffmann-La Roche AG, Basel/Schweiz
Literatur:
(1) Onkopedia-Leitlinie Lungenkarzinom, nicht-kleinzellig (NSCLC). Verfügbar unter: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/lungenkarzinom-nicht-kleinzellig-nsclc/@@guideline/html/index.html#ID0ERJAG. (Stand: 10.12.19).
(2) S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom. Langversion 2.1.– Januar 2019. Verfügbar unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-007OLl_S3_Kolorektales-Karzinom-KRK_2019-01.pdf (Stand: 10.12.19).
(3) Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. Langversion 4.2 – August 2019, Verfügbar unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/032-045OLl_S3_Mammakarzinom_2019-08.pdf (Stand: 10.12.19).
(4) AGO: Diagnostik und Therapie früher und fortgeschrittener Mammakarzinome. Guidelines Breast Version 2019.1. Verfügbar unter: https://www.ago-online.de/fileadmin/downloads/leitlinien/mamma/2019-03/DE/Alle_aktuellen_Empfehlungen_2019.pdf (Stand: 10.12.19).
(5) Ali SM et al. Oncologist 2016;21(6):762-770.
(6) Schrock AB et al. Clin Cancer Res 2016; 22(13):3281-85.
(7) Marchiò C et al. Ann Oncol 2019;30(9): 1417-27.
(8) Schwaederle M et al. J Clin Oncol 2015; 33:3817-25.
(9) Booth CM et al. Nat Rev Clin Oncol 2019;-16(5):312-25.
10) Krämer A et al. J Clin Oncol 2018;36:15_suppl.
(11) Ross JS et al. Ann Oncol 2019;30(suppl 5): Abstract 1983PD_PR.
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