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JOURNAL ONKOLOGIE 06/2019
Seite 2/6

Hypogammaglobulinämie

Die Störung des humoralen Immunsystems ist durch eine sekundäre Hypogammaglobulinämie nicht involvierter Immunglobuline geprägt, also z.B. durch einen Mangel von IgA oder IgM bei IgG-Myelom (9). Sie ist bei 80-90% der MM-Patienten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose zu sehen und bei Patienten mit SMM bereits in 45-83% der Fälle nachzuweisen (10, 11).
 
In einer retrospektiven Analyse durch Heaney et al. mit 5.826 britischen Studienteilnehmern nach Erstdiagnose waren Gesamtüberleben (OS) und progressionsfreies Überleben (PFS) bei Patienten mit Hypogammaglobulinämie signifikant kürzer (12). Der Überlebensvorteil war jedoch erst jenseits der ersten 6 Monaten zu erkennen, dem Zeitraum mit der höchsten Inzidenz lebensbedrohlicher Infektionen. Dies deutet darauf hin, dass eine Hypogammaglobulinämie nicht nur durch eine erhöhte Infektionsrate die Prognose beeinflusst, sondern mit einer aggressiven Tumorbiologie korreliert.
 
Die Auswirkungen einer sekundären Hypogammaglobulinämie können sehr unterschiedlich ausfallen, von einem klinisch inapparenten Verlauf über eine Häufung oberer Atemwegsinfektionen bis hin zu schweren oder opportunistischen Infektionen (13).

Iatrogene Faktoren

Steroide

Die Immunsuppression durch Kortikosteroide betrifft die zelluläre und die humorale Immunität. Nach Bindung an einen zytosolischen Rezeptor werden durch Glukokortikoide die Expression zahlreicher Gene und die Signaltransduktion modifiziert. Es kommt zu einer reduzierten Synthese von Zytokinen -(IL-1, IL-2, IL-6, TNF-α, Interferon-γ), zur Einschränkung von Chemotaxis und Phagozytose sowie über eine Hemmung IL-2-vermittelter Prozesse auch zur Reduktion von Lymphozytenzahl und -funktion (14).
 
In einer Untersuchung von 36 Patienten mit Riesenzellarteriitis oder Polymyalgia rheumatica unter hochdosierten Glukokortikoiden konnte im Vergleich zu 36 Kontrollen bei der Hälfte der Patienten die Entstehung einer Hypogammaglobulinämie gesehen werden – zumeist isoliert ein Mangel von IgG. Dies persistierte unter Fortführung der Therapie in 50% der Fälle (15).

Therapeutische Antikörper

Gegen CD20 gerichtete Antikörper, die bei anderen B-Zell-Neoplasien wie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) zum Einsatz kommen, können zu einer protrahierten Hypogammaglobulinämie führen (16).
 
Unter dem Anti-CD38-Antikörper Daratumumab, seit 2018 durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) in der Erstlinientherapie des MM zugelassen, kann eine erhöhte Inzidenz von Infektionen gesehen werden, vermutlich in erster Linie durch seine On-target-Toxizität mit Depletion von Plasmazellen und anderen CD38+ Subpopulationen (17).
 
Elotuzumab, ein SLAMF7 (signaling lymphocytic activation molecule F7)-Antikörper, seit 2016 von der EMA in Kombination mit Lenalidomid zur Zweitlinientherapie zugelassen, kann häufig zu einer Lymphozytopenie führen (18).
 
Das gehäufte Auftreten einer Hypogammaglobulinämie nach Anwendung von Daratumumab oder Elotuzumab ist nicht beschrieben.

Proteasom-Inhibitoren

Unter Therapie mit Bortezomib kommt es gehäuft zu Infektionen mit Herpessimplex-Virus (HSV) und Varizella-Zoster-Virus (VZV) (19). Neben einer meist geringgradigen Neutropenie fallen unter Bortezomib eine reduzierte T-Zell-Proliferation, eine Beeinträchtigung von NK-Zellen in Zahl und Funktion sowie eine Veränderung der Zytokin-Sekretion auf (7).
 
In einer Studie bei Patienten mit sys-temischem Lupus erythematodes zeigte sich unter experimenteller Bortezomib-Gabe eine signifikante Reduktion von IgM, IgA und IgG, allerdings unter begleitender Gabe von Dexamethason (20).

 

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